«Wir haben eine unglaubliche Saison gespielt»
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FCSG-Görtler nach YB-Titel:«Da bleibt einem nur zu gratulieren»

FCSG-Görtler kickte schon für Bayern
Was macht Coach Zeidler besser als Guardiola?

Ein 6:0 gegen Xamax reicht dem FCSG nicht, um YB am Montag noch den Titel streitig zu machen. Ex-Bayern-Profi Lukas Görtler (26), Vaterfigur und Aggressiv-Leader der St. Galler Rasselbande, im BLICK-Interview.
Publiziert: 02.08.2020 um 12:12 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2020 um 08:57 Uhr
Interview: Max Kern und Eynat Bollag

Lukas Görtler, was überwiegt nach dem 6:0, Freude oder Frust?
Lukas Görtler: Es ist schon enttäuschend, denn über die ganze Saison fehlt ein Spiel, das wir hätten gewinnen müssen, um jetzt ein Finale zu haben. Das ist natürlich ganz bitter. Aber mit ein paar Tagen wird dann doch der Stolz überwiegen. Was wir für eine unglaubliche Saison gespielt haben, was wir für unglaubliche Jungs haben. Die ganze Region hat eine Euphorie aufgebaut. Das war einfach mein bestes Jahr im Fussball.

Was waren Ihre Highlights?
In Basel gewinnen wir kurz vor Schluss 2:1, gegen YB mache ich das 3:2 kurz vor Schluss. Aber ich habe auch einen Moment, der bleibt mir in Erinnerung, im letzten Spiel der Hinrunde gegen Zürich. Wir waren 1:3 hinten, und das ganze Stadion, 19'000, stehen auf und singen: «Steht auf, wenn Ihr St. Galler seid!» Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern auf dem Platz, ich hatte Gänsehaut. Das war auch eines meiner Highlights dieser Saison. Aber, Gratulation an YB, die Berner haben den Titel verdient.

Auf Ihrem Balkon steht ein Teleskop, um die Sterne zu beobachten. Was haben Sie im letzten Sommer gedacht, was mit dem Stern des FC St. Gallen passieren wird?
Dass wir uns selbst entwickeln. Dass wir als Mannschaft zusammenwachsen. Dass wir begeisternden Fussball spielen. Das Wichtigste ist, dass du aus den Spielen rausgehst und zufrieden bist. Dass du den Leuten was bieten kannst. Es kommen hier in St. Gallen 12'000 bis 19'000 Zuschauer. Da muss das Ziel sein, dass jeder Einzelne nach Hause geht und sagt: «Die Jungs haben alles gegeben. Es war es wert, dass wir gekommen sind.»

Lukas Görtler: Ein Typ mit Ecken und Kanten.
Foto: Sven Thomann
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Aber Rang 1 oder 2 …
… hätte ich nicht vorausgesagt, nein. Auch nicht erhofft in dem Sinn. Natürlich willst du immer das Maximum holen. Klar, dass es so läuft wie diese Saison, dafür muss auch eine gewisse Dynamik entstehen, die bei uns dann auch entstanden ist. Da muss schon vieles zusammenpassen. Das war für mich als Neuzugang in den ersten Wochen nicht abzusehen. Aber es war schon zu sehen, dass wir Qualität haben. Dass wir es, wenn wir es gut machen, weit bringen können. Es war nicht das Ziel, nicht abzusteigen. Das Ziel war, vielleicht nächstes Jahr europäisch zu spielen.

Das 3:2 gegen YB Ende Februar …
… es war 3:3 …

… nein, wir meinten Ihr Tor zum vermeintlichen 3:2-Siegtreffer in der 91. Minute gegen YB im letzten Spiel vor der Corona-Pause, wie oft haben Sie danach noch davon geträumt?
Ich habs mir danach noch ein paar Mal angeschaut, aber nach dem 3:2 habe ich immer ausgeschaltet.

Weil Sie sonst Hoaraus Penalty im zweiten Anlauf zum 3:3 in der 99. Minute hätten ansehen müssen.
Die Zuschauer von damals, das fehlt jetzt natürlich. Die Zuschauer, die das Ganze besonders machen.

Persönlich: Lukas Görtler

Lukas Görtler (26) spielte bis 2014 bei Bamberg in der Regionalliga Bayern, ehe er dem Lockruf des FC Bayern folgte und für dessen 2. Mannschaft spielte. Einmal, 2015, wechselte ihn Pep Guardiola in einem Bundesliga-Spiel in Leverkusen ein. Danach kickte er zwei Jahre beim 1. FC Kaiserslautern in der 2. Liga, bevor er zu Utrecht in die Eredivisie wechselte, wo sein Förderer aus Bayern-II-Zeiten arbeitete: Erik ten Hag (heute Ajax).

Lukas Görtler (26) spielte bis 2014 bei Bamberg in der Regionalliga Bayern, ehe er dem Lockruf des FC Bayern folgte und für dessen 2. Mannschaft spielte. Einmal, 2015, wechselte ihn Pep Guardiola in einem Bundesliga-Spiel in Leverkusen ein. Danach kickte er zwei Jahre beim 1. FC Kaiserslautern in der 2. Liga, bevor er zu Utrecht in die Eredivisie wechselte, wo sein Förderer aus Bayern-II-Zeiten arbeitete: Erik ten Hag (heute Ajax).

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Wir fanden ein Foto, das Sie als 19-jährigen CSU-Kandidaten vor der Gemeinderats-Wahl im bayerischen Kemmern zeigt. Wie kams dazu?
Mein Onkel war jahrelang Zweiter Bürgermeister. Er hat mich gefragt, ob ich nicht mal antreten wolle, mehr um die junge Wählerschaft zu mobilisieren. Dazumal gabs Streitigkeiten mit anderen Parteien, da habe ich gesagt, das mache ich gerne.

CSU, die Christlich-Soziale Partei Deutschland, das heisst, sie stehen eher auf der rechten Seite, oder?
Nein, jetzt bin ich eher grün.

Das heisst, nur als Fussballer sind Sie Rechtsaussen?
Genau. Auf jeden Fall, politisch bin ich jetzt eher grün-links.

Ein richtiger Wandel …
… CSU ist ja nicht rechts, sondern eher konservativ. Mitte, würde ich sagen.

Seit wann sind Sie Vegetarier?
Dreieinhalb Jahre.

Da fehlt Ihnen als Spitzensportler nichts?
Nein. Manchmal, wenn Freunde grillen, dann hätte ich auch gerne so was Saftiges. Aber sonst komme ich richtig gut damit zurecht.

Auf dem Platz sind Sie der Marathon-Mann, Sie laufen in jedem Spiel unglaublich viel …
Obwohl ich Vegetarier bin?

Haben wir nicht gesagt … In ­jedem Spiel laufen Sie mindestens 11 Kilometer.
Jetzt, in den letzten sechs Wochen, hat man gemerkt, dass die Strapazen auch in den Statistiken zu sehen waren. Doch in einer normalen Woche sollten 11 Kilometer schon normal sein.

Und wenns weniger sind?
Dann schaue ich es mir an. Wenn wir gewinnen, ists mir egal. Wenn wir verlieren, denke ich, ich hätte doch noch mehr machen können.

In Sachen Laufleistung sind Sie immer die Nummer 1 im Team, oder?
Ja, mit Silvan Hefti und Jordi Quintilla.

Sind Sie nie müde?
Doch, doch. Eigentlich immer.

Und trotzdem setzen Sie sich in der Freizeit aufs Fahrrad und radeln auf die Schwägalp?
Ja, das macht mir auch Spass.

Sie sassen fünf Stunden im Sattel?
Ja, fünf Stunden und vier Minuten. Hin und zurück. Ich bin einmal ums Alpsteingebirge gefahren. 107 Kilometer.

Bike oder Rennrad?
Mit einem Rennrad, aber einem von 1987. Es könnte bessere geben.

Sie haben mit Bayern II im Jahr 2014 gegen den FC Liefering, den damaligen Klub von Peter Zeidler, gespielt. Sie müssen so aufgefallen sein, dass er Sie fünf Jahre später nach St. Gallen holte.
Das ist lustig, der Trainer hat mir meine Statistik von damals jetzt in der Corona-Pause gegeben, die hatte er noch zu Hause. Damals war ich einer der Laufschwächsten. Deshalb hat er wohl noch ein paar Jahre gewartet, bis er mich geholt hat.

Unglaublich, dass Zeidler dieses Papier noch hatte …
… der Trainer ist besessen. Das ist sein Job, und den führt er zu 100 Prozent aus.

Gibts etwas, das Zeidler besser macht als Pep Guardiola, Ihr ehemaliger Trainer bei Bayern?
Er spricht besser Deutsch. Und besser Französisch.

Und von den Motivations- Künsten her?
Ja, er hat das einfach drauf, mit jungen Spielern zu arbeiten. Man merkt richtig, wie es ihm wichtig ist, dass die, die nicht spielen, zufrieden sind. Im Fussball ist es immer wichtig, alle zusammenzuhalten. Bei ihm wirkts wirklich glaubhaft, es kommt auch glaubhaft rüber, dass es ihm nahe geht, dass er jede Woche irgendwelche Spieler enttäuschen muss. Er ist nicht nur gut für jene, die jetzt weniger gespielt haben, sondern auch für uns. Mich inspiriert er mit der Art und Weise, mit dem Gedanken, Fussball zu spielen. Ich wusste, wie St. Gallen Fussball spielt, ich wusste, wie er spielen will. Aber ich habe noch nie in einer Mannschaft gespielt, die den Stil so verkörpern will. Dann haben wir die ersten Spiele verloren, dann machst du dir natürlich auch Gedanken, ja okay …

… dann kam am 13. September das frühe Cup- Out gegen den FC Winterthur …
… genau. Du fragst dich dann: Funktioniert das? Aber da muss ich sagen: Dann hat er mich inspiriert, weil er nicht nach fünf Spieltagen gesagt hat, jetzt machen wir was anderes. Sondern er war so überzeugt von dem Stil. Ja, und jetzt bin ich genau so überzeugt davon.

Was lief Samstag vor einer Woche im Spiel gegen den FC Zürich an der Seitenlinie mit FCZ-Trainer Ludovic Magnin ab?
Ich kannte ihn schon als Kind, als er in der Bundesliga gespielt hat.

Beim VfB Stuttgart …
… genau. Ich glaube, er war auch so ein Typ wie ich. Mir ist es auch wichtig, wenns mal nicht so läuft.

Was hat er gesagt?
Mich hats einfach aufgeregt, dass er nach einem Foul von mir aus seinem Stuhl rausgesprungen ist und gemeckert hat.

Auf Französisch?
Nee, auf Deutsch. Ich habe gesagt: Beruhig dich mal! Das gehört zum Fussball dazu. Ich mag das im Spiel, wenn Feuer drin ist. Ich mags aber auch genauso nach dem Spiel, und das habe ich auch gemacht, bin zu ihm hingegangen, habe ihm die Hand gegeben und alles Gute für die nächsten Spiele gewünscht.

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