Impfstoff-Knatsch geht in die nächste Runde
Lonza-Chef würde sich über Berset-Anruf freuen

Hätte sich der Bund früher und mehr Moderna-Impfstoff sichern können? Diese Frage will das Parlament nun klären. Lonza-Präsident Albert Baehny zeigt sich für eine Zusammenarbeit mit dem Bund weiterhin offen.
Publiziert: 31.03.2021 um 09:29 Uhr
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Aktualisiert: 02.04.2021 um 19:36 Uhr
Hätte Bundesrat Alain Berset der Schweiz schneller einen Impfstoff beschaffen können?
Foto: keystone-sda.ch
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Hätte der Bund früher Impfungen für die Schweiz beschaffen können? Da gehen die Meinungen zwischen der Firma Lonza und Bundesrat Alain Berset (48) auseinander. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Parlaments nimmt nun die Kontakte zwischen Bund und Lonza aus dem Frühjahr 2020 unter die Lupe.

Gegenüber der Sendung «Rundschau» von SRF nimmt auch Lonza-Verwaltungsratspräsident Albert Baehny (68) Stellung. Er hatte sich am 1. Mai 2020 mit Bundesvertretern getroffen.

Hätte sich die Schweiz damals eine Produktionsstrasse für den Moderna-Impfstoff sichern können? «Ich habe gefragt: Ist der Bund allenfalls interessiert, in Kapazitäten zu investieren?», erklärt Baehny. «Jetzt kann man streiten: Sind das Kapazitäten, ist es eine Produktionsstrasse?» Das sei ein Wortspiel und spiele keine Rolle. «Wichtig war mir, die Möglichkeit anzubieten, früh zu investieren und Kapazitäten zu reservieren.»

Baehny vermutet, dass es ein Missverständnis um die Begriffe Kapazität und Produktionsstrasse gegeben habe. «Aber das ist unter dem Strich egal», findet er. «Die Frage war: Ist die Schweiz bereit zu investieren in Kapazitäten? Ob das eine Strasse oder eine Teilstrasse ist, ist sekundär.»

Bund suchte Kontakt mit Moderna

Allerdings bleibt unklar, ob die Schweiz bei den entsprechenden Investitionen auch den Impfstoff für sich hätte beanspruchen können. «Man hätte mit Moderna weiter verhandeln müssen, denn wir besitzen den Impfstoff ja nicht, der gehört Moderna», räumt Baehny ein.

Er habe aber das Gespräch mit Moderna initiiert. Und etwas kryptisch schiebt er hinterher: «Ich hatte die Gewissheit, dass Moderna an einer solchen Möglichkeit interessiert wäre.»

Mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) habe danach keine Kommunikation mehr stattgefunden, bedauert Baehny. Dass kein Dialog mehr stattgefunden habe, dafür übernimmt der Lonza-Mann die Mitverantwortung. «Ich habe den ersten Schritt gemacht, ich hätte einen zweiten und sogar dritten machen können – und ich hätte insistieren können.»

13,5 Millionen Moderna-Dosen bestellt

Allerdings: Der Bund blieb nach der Mai-Sitzung nicht untätig, sondern nahm – wie von Lonza geraten – direkt mit dem Impfstoffhersteller Moderna Kontakt auf. Wenige Tage später stand ein erster Entwurf für ein verbindliches Memorandum of Understanding – eine Absichtserklärung – mit Moderna, um sich deren Impfstoff zu sichern.

Im Juni wurde das Memorandum fix unterzeichnet und vereinbart, dass die Schweiz von Moderna eine namhafte Menge von Impfstoff kauft und dass Moderna in Visp VS mit Lonza produziert und dort investiert. Schon im August erfolgte ein Vertragsabschluss über 4,5 Millionen Dosen – mittlerweile sind 13,5 Millionen Moderna-Dosen bestellt. Insgesamt hat sich der Bund 36 Millionen von verschiedenen Herstellern gesichert.

Baehny will nochmals mit Berset sprechen

Trotzdem bleibt die Impfstoff-Frage im Raum – auch mit Blick auf die kommenden Jahre. Baehny sieht jedenfalls weiterhin die Chance, «gemeinsam offen über Möglichkeiten, Alternativen zu diskutieren – und dann, gegebenenfalls, gemeinsam die beste Alternative auszuwählen».

Sogar eine weitere Produktionsstrasse aufzubauen, sei theoretisch möglich. Er schränkt aber ein: «Es dauert! Es wäre unmöglich, eine neue Produktionslinie in unter zehn Monaten aufzubauen.» Denn schon jetzt ist die Lonza mit der Produktion am Anschlag. Insgesamt sind drei Produktionslinien genehmigt.

Man solle mit dem Bund Arbeitshypothesen für die nächste drei Jahre entwickeln, so Baehnys Vorschlag. Denn die Pandemie sei nicht vorbei, das Problem nicht gelöst und man müsse sich intensiv Gedanken machen über die Zukunft. Auch Moderna sei an Gesprächen interessiert.

Baehny betont, er würde sich über einen Anruf von Bundesrat Berset freuen. Oder er werde ihn anrufen. «Wir werden sehen, wer schneller ist.» (rus)

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