Professor Hengartner erklärt
Weltspitze dank Philanthropie

Michael Hengartner ist Präsident des ETH-Rats – und damit so etwas wie der Chef-Forscher der Schweiz. In seiner Kolumne erklärt er Wissenswertes aus der Wissenschaft. Diese Woche: Wie Philanthropen unsere Hochschulen besser machen.
Publiziert: 12.09.2020 um 11:16 Uhr
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Aktualisiert: 29.01.2021 um 17:32 Uhr

Am Mittwoch fand zum zehnten Mal der Top 100 Swiss Startup Award statt. An dieser jährlichen Veranstaltung werden die 100 spannendsten und erfolgversprechendsten Schweizer Jungunternehmen gekürt.

Der Spitzenplatz ging dieses Jahr an Cutiss. Das Start-up entwickelt aus wenigen entnommenen Hautzellen künstliche Haut, die dem Patienten dann transplantiert wird. Besonders bei schweren Verbrennungen verspricht diese Methode massive Vorteile gegenüber herkömmlichen Behandlungen.

Platz zwei belegte Wingtra. Es produziert neuartige Drohnen, die grosse Distanzen fliegen und dabei das Land unter sich mit Kameras und Sensoren vermessen und analysieren. Grossanlagen und Landwirtschaftsflächen können damit optimal betrieben werden.

Michael Hengartner (53) ist Präsident des ETH-Rats und Kolumnist im SonntagsBlick Magazin. Zuvor war der Biochemiker Rektor der Universität Zürich.
Foto: Nathalie Taiana

Obwohl diese zwei noch jungen KMU in ganz unterschiedlichen Bereichen tätig sind, haben sie drei wichtige Gemeinsamkeiten. Erstens basiert ihre Technologie auf Spitzenforschung aus einer Schweizer Hochschule. Cutiss ist ein Spin-off der Universität Zürich (UZH) und des Zürcher Kinderspitals, Wingtra entstand aus der ETH Zürich. Zwei schöne Beispiele, wie starke Grundlagenforschung zu Innovation und neuen Geschäftsideen führt.

Zweitens sind die CEOs und Mitgründer der zwei Firmen beide Ausländer, die für ihre Aus- und Weiterbildung in die Schweiz kamen und nun hier spannende Firmen mitaufbauen. Cutiss-CEO Daniela Marino ist Italienerin, Wingtra-CEO Maximilian Boosfeld kommt aus Deutschland. Diese Offenheit der Schweiz für die klügsten Köpfe ist Teil des Erfolgsrezepts unseres Landes.

Drittens wurden beide Start-ups in der kritischen Phase ihrer Gründung finanziell und ideell durch das Wyss Zurich unterstützt, ein gemeinsames Center der ETH Zürich und der UZH. Ziel dieses Centers ist, junge Teams mit cleveren Geschäftsideen in den Bereichen Medizin und Robotik zu helfen, schneller zum Erfolg zu kommen.

Möglich wurde es aber nur dank einer höchst grosszügigen Spende des Unternehmers und Philanthropen Hansjörg Wyss, der 2014 den beiden Hochschulen 120 Millionen US-Dollar für diese Initiative schenkte.

Wyss ist ein besonders grosszügiger und breit engagierter Mäzen. Dank ähnlich grossen Spenden gibt es heute ein Wyss Center in Genf, welches die Hirnforschung unterstützt, sowie die Berner Wyss Academy, die sich für die Natur und den Umweltschutz engagiert.

Solche grosse Spenden haben das Potenzial, die Wissenschaftslandschaft nachhaltig zu prägen. Sie ermöglichen Forschung und Innovationen, die es sonst nicht gäbe – und davon profitieren im Fall der Wyss-Institute beispielsweise die Patienten oder die Umwelt.

Die Bedeutung privater Mäzene hat in den letzten Jahren zugenommen. Gemessen am Gesamtbudget der Hochschulen bleibt der Anteil privater Spenden, anders als in den USA, relativ klein. Das Gros der Finanzierung von Schweizer Hochschulen kommt von der öffentlichen Hand. Dies erlaubt tiefe Studiengebühren und sichert die Freiheit in Forschung und Lehre. Neben Offenheit ist dies, aus meiner Sicht, ein zweiter wichtiger Pfeiler des Erfolgs des Bildungs- und Forschungsstandorts Schweiz.

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