BLICK auf die USA: US-Korrespondent Nicola Imfeld über die Schutzmaske als Symbol von Trumps Corona-Desaster
Dreckiges Spiel mit der Maske

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um die Schutzmaske als Symbol der amerikanischen Corona-Politik.
Publiziert: 15.05.2020 um 08:17 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2020 um 02:06 Uhr
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Das Tragen einer Schutzmaske ist in Amerika zum politischen Statement geworden. Während die Demokraten geschlossen ihr Gesicht verdecken, sind die Republikaner gespalten. Ihr Chef, Präsident Donald Trump (73), weigerte sich von Anfang an, der Empfehlung seiner eigenen Regierung Folge zu leisten.

Die US-Gesundheitsbehörde CDC hatte Anfang April allen Amerikanern offiziell empfohlen, beim Verlassen des Hauses eine Gesichtsbedeckung zu tragen. Einige Städte gehen mittlerweile gar so weit, dass das Tragen einer Maske, ob selbstgebastelt oder eingekauft, Pflicht ist. Wer dagegen verstösst, droht eine Busse.

Der aktuelle Stand der Forschung unterstützt die Empfehlung: Die Weltgesundheitsbehörde WHO und die breite Wissenschaft sind überzeugt, dass das Tragen einer Maske die Chancen verringert, das neuartige Coronavirus weiterzugeben. Bedeutet: Wenn die Bevölkerung eine Art von Gesichtsbedeckung trägt, verlangsamt sich die Ausbreitung von Sars-CoV-2. Primär geht es also nicht um den eigenen Schutz, sondern um die Sicherheit der Mitmenschen.

Nicola Imfeld, USA-Korrespondent der Blick-Gruppe.
Foto: Zvg
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Warum Trump keine Maske trägt

Gerade der US-Präsident müsste in seiner Vorbildrolle pingelig auf das Tragen einer Schutzmaske achten. So wie der Fussballer des Dorfvereins nicht vor den Junioren eine Zigarette rauchen sollte. Doch Trump pfeift darauf. Seine Ausrede: Er würde eine falsche Botschaft an das Volk aussenden, trüge er eine Maske. Doch was soll falsch daran sein, sich um das Wohl seiner Mitmenschen zu kümmern?

Trumps Begründung ist scheinheilig. Es geht ihm, wie so oft, einzig und allein um politische Überlegungen. Eine Umfrage zeigt, dass nur die Hälfte der republikanischen Wählerschaft das Tragen einer Gesichtsbedeckung unterstützt. Bei den Demokraten sind es knapp 70 Prozent. Die Masken-Verweigerer sind auch diejenigen, die derzeit zu Tausenden auf den Strassen gegen den Lockdown protestieren.

Besonders bei ihnen ist der Individualismus, der zum amerikanischen Selbstverständnis gehört, tief verankert. Der Staat soll sich möglich raushalten. Dass man auf Empfehlung, oder mancherorts gar Anweisung, nun eine Maske tragen soll, ist ihnen zuwider. Trump weiss ganz genau, dass es dabei um seine Wählerschaft geht. Er will sie nicht vergraulen.

Eine Schutzmaske zu tragen würde nicht nur gegen ihre Werte verstossen, es könnte ihm auch als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden. Trump kann sich aber keine Blösse geben. Er ist in den Augen seiner Wähler der Starke – da passt die Maske einfach nicht ins Bild.

Trump will eine zweite Amtszeit um jeden Preis

Trumps Masken-Ignoranz steht symbolisch für seine verkorkste Corona-Politik. Er hatte die Gefahren wochenlang kleingeredet. Trump nannte das Virus einen «Scherz», kritisierte die Medien für deren Berichterstattung, behauptete, dass Corona im April «wie ein Wunder» verschwinden würde, und verglich es mit der saisonalen Grippe.

Der Grund für Trumps anfängliche Corona-Politik war der gleiche wie jetzt in der Masken-Debatte: seine politische Zukunft. Im November will er sich bei den Präsidentschaftswahlen eine zweite Amtszeit sichern. Ein hochansteckendes und gefährliches Coronavirus kam da natürlich zum dümmsten Augenblick.

Dass Trump auf die Maske verzichtet und so Unsicherheit streut, nimmt er dabei in Kauf. Wie er auch die Tausenden von Toten indirekt hingenommen hat, die aufgrund seiner anfänglich verkorksten Corona-Politik dem Virus ausgesetzt waren. Hauptsache, er bewahrt sich die besten Chancen auf eine Wiederwahl im Herbst. Koste es, was es wolle.

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