Kunstnägel - die heimliche Gefahr
Wenn es unter dem Lack keimt

Herzchen, Blümchen, Glitter, Glimmer: Die Fingernägel sind dank Shellac und Acryl längst zu Wechselkunstwerken mutiert. Doch ist der Lack ab, gibt es mitunter ein böses Erwachen.
Publiziert: 17.10.2016 um 13:44 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:38 Uhr
Birgitta Willmann

Gabriela M. war begeistert von ihren gepflegten Füssen. «Drei Jahre lang liess ich sie im Nagelstudio alle paar Wochen neu mit Gel überziehen», sagt die Angestellte. Doch irgendwann – sie war gerade von der Fusspflege gekommen – sah sie im Lack eine weisse Blase. Die neue Fusspflegerin, bei der sie sich schliesslich meldete, nahm den Kunststoff ab und sagte nur: «Oje! Sie haben einen Pilz.»

Unter dem Lack lauert die Gefahr

Die 33-Jährige fiel aus allen Wolken. Nie hatte sie sich Gedanken darüber gemacht, wie es um die Nägel unter dem Lack bestellt sein könnte. «Sie sahen ja immer wunderbar schön und gepflegt aus.» Genau das aber, so Alexander Just, Dermatologe bei den Pallas Kliniken in Olten, ist das Problem: «Die Frauen haben die rosarote Brille auf und glauben, weil es alle machen, seien diese Nägel ungefährlich.» Doch der Mediziner sieht in der Praxis auch die Schattenseiten der Kunstgebilde – wie zum Beispiel mechanische Beschädigungen der Naturnägel, Infektionen und Allergien.

Bei Gabriela M. kamen gleich zwei unangenehme Symptome zusammen: «Durch einen kleinen Spalt im Lack waren Keime eingedrungen, ein Pilz konnte sich ausbreiten.» Die hässlichen Symptome waren Farbveränderungen und später «weisse Wolken auf dem Nagel». Zum anderen waren die Kunstnägel so hart, dass sie vom Schuh immer wieder aufs natürliche Nagelbett gedrückt wurden, was dort zu Wachstumsschädigungen führte.

Foto: Thinkstock

Die Nägel zwischendurch atmen lassen!

Dermatologen kennen die Probleme und warnen vor den Komplikationen. «Ein Nagel ist lebendig und nicht tote Materie, wie manche denken», sagt Just. Kunstnägel aber bestehen aus einem acrylhaltigen Gel, das unter UV-Licht gehärtet wird. Oft erneuern die Frauen das Gel alle paar Wochen, ohne den Naturnagel dazwischen atmen zu lassen und ihn zu pflegen. Mit der Zeit wird er deswegen weich und sensibel.

Können dann noch durch entstandene Ritzen im Lack Keime eindringen, kommt es möglicherweise zu Pilzinfektionen, wie es Gabriela M. erlebt hat. «Und was auch immer mehr beobachtet wird», so Just, «sind Allergien auf Acrylate.» Die Folge: Kontaktekzeme an den Händen, die unschön aussehen, jucken und nässend sind.

Manchmal wird der Nagel nie mehr so, wie er vorher einmal war

Der Dermatologe rät daher, die Kunstnägel kürzer zu halten, um ein Abbrechen oder Einreissen zu verhindern. Und er empfiehlt, den Naturnagel alle paar Monate wieder an die Luft zu holen und dann gut zu pflegen. «Das lohnt sich», sagt er, «denn ein kaputter Nagel braucht Monate, um sich zu regenerieren – manchmal wird er aber nie wieder so, wie er vorher einmal war.»

Das weiss auch Gabriela M. «Meine Odyssee dauerte ganze zwei Jahre», sagt sie heute. Erst in diesem Sommer hat sie sich die Nägel zum ersten Mal wieder «konventionell» lackieren können. «Ich bin von Kunstnägeln geheilt.»

Kunstnägel unter der Lupe

Shellac

  • Haltbarer, kratzfester Nagellack aus einer harzartigen Substanz, der sich ohne mechanische Einwirkung auch wieder abnehmen lässt.
  • Hält bis zu vier Wochen.
  • Wird unter UV-Licht gehärtet.
  • Kann zu Hause aufgetragen werden. Wird er professionell aufgetragen, bestehen keine Gefahren.
  • Schützt den Nagel und fördert sogar sein Wachstum.


Gelnägel

  • Der Naturnagel wird aufgeraut und -anschliessend luftdicht mit einer Acrylmasse verklebt und geformt.
  • Der Naturnagel dient lediglich als Fundament, auf den ein Gel aufgetragen wird. Dieses wird unter UV-Licht gehärtet und dann lackiert.
  • Extrem robust. Muss jedoch alle paar Wochen aufgefüllt werden.
  • Gefahr: Bei unsachgemässem Auftragen können Ritzen entstehen. Durch diese können  Bakterien und Pilze den geschwächten Nagel befallen und Schädigungen auftreten.

Shellac

  • Haltbarer, kratzfester Nagellack aus einer harzartigen Substanz, der sich ohne mechanische Einwirkung auch wieder abnehmen lässt.
  • Hält bis zu vier Wochen.
  • Wird unter UV-Licht gehärtet.
  • Kann zu Hause aufgetragen werden. Wird er professionell aufgetragen, bestehen keine Gefahren.
  • Schützt den Nagel und fördert sogar sein Wachstum.


Gelnägel

  • Der Naturnagel wird aufgeraut und -anschliessend luftdicht mit einer Acrylmasse verklebt und geformt.
  • Der Naturnagel dient lediglich als Fundament, auf den ein Gel aufgetragen wird. Dieses wird unter UV-Licht gehärtet und dann lackiert.
  • Extrem robust. Muss jedoch alle paar Wochen aufgefüllt werden.
  • Gefahr: Bei unsachgemässem Auftragen können Ritzen entstehen. Durch diese können  Bakterien und Pilze den geschwächten Nagel befallen und Schädigungen auftreten.
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