«Corona hat uns ein unglaubliches Wachstum beschert»
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Chef von Just Eat:«Corona hat uns ein unglaubliches Wachstum beschert»

So will Just-Eat-Chef Lukas Streich wachsen
«Die Leute sollen auch Kaffee und Gipfeli bestellen»

Essenslieferdienste haben in der Pandemie einen Boom erlebt. Folgt nun der tiefe Fall? Der Marktführer in der Schweiz, Just Eat, vollzieht in der heiklen Konsolidierungsphase einen Chefwechsel. Blick hat den neuen Mann an der Spitze zum Exklusiv-Interview getroffen.
Publiziert: 01.09.2021 um 06:44 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2021 um 09:57 Uhr
Interview: Sarah Frattaroli, Philippe Rossier (Fotos)

Lukas Streich (39) trägt weisses Hemd, Bluejeans und Sneakers. Der neue Schweiz-Chef von Just Eat trifft Blick mitten in Zürich, hin und wieder winkt er seinen Velokurieren zu, die während des Gesprächs vorbeibrausen. Streich passt gut ins Bild eines Start-up-Chefs: Er bietet gleich zu Beginn das Du an und strotzt vor Anglizismen. Nur: Ein Start-up ist Streichs Unternehmen längst nicht mehr. Just Eat (früher Eat.ch) ist Branchenprimus unter den Essenslieferanten in der Schweiz. Allein in Zürich liefern 500 Restaurants ihre Speisen via Just Eat aus. In der Schweiz hat sich der Markt der Essensbestellungen innert drei Jahren von 1,3 auf 2,1 Milliarden Franken gesteigert. Aber selbst damit sei noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, sagt Streich.

Blick: Herr Streich, Sie haben heute Ihren ersten Tag – und nicht einmal mehr der Firmenname ist gleich. Aus Eat.ch wurde Just Eat. Krempeln Sie alles um?
Lukas Streich: (Lacht) Der neue Name ist nicht auf meinem Mist gewachsen, da war ich noch nicht am Ruder! Aber mal im Ernst: Das hat mit unserem niederländischen Mutterkonzern Just Eat Takeaway.com zu tun. Es war eine strategische Entscheidung. Mit der Annäherung im Namen können wir Synergien in der Werbung und im Marketing schaffen, zum Beispiel bei der Fussball-Europameisterschaft diesen Sommer.

Karriere dank HSG-Connection

Lukas Streich (39) ist seit 1. September Chef von Just Eat (vorher Eat.ch) in der Schweiz. Den Food-Delivery-Marktführer kennt er seit dessen Geburtsstunde: Die beiden Firmengründer haben gemeinsam mit Lukas Streich an der Hochschule St. Gallen studiert. Er selber ist seit 2017 im Unternehmen: zuerst als Leiter der Verkaufsabteilung in der Schweiz, zuletzt in einer internationalen Position beim Mutterkonzern Just Eat Takeaway.com mit Sitz in den Niederlanden. Streich lebt mit seiner Frau und seinen vier Kindern in Steinhausen ZG.

Lukas Streich (39) ist seit 1. September Chef von Just Eat (vorher Eat.ch) in der Schweiz. Den Food-Delivery-Marktführer kennt er seit dessen Geburtsstunde: Die beiden Firmengründer haben gemeinsam mit Lukas Streich an der Hochschule St. Gallen studiert. Er selber ist seit 2017 im Unternehmen: zuerst als Leiter der Verkaufsabteilung in der Schweiz, zuletzt in einer internationalen Position beim Mutterkonzern Just Eat Takeaway.com mit Sitz in den Niederlanden. Streich lebt mit seiner Frau und seinen vier Kindern in Steinhausen ZG.

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Das heisst, Sie leiten gar keine Schweizer Firma, sondern sind nur eine Marionette des niederländischen Mutterhauses?
Auf keinen Fall! Sehen Sie, wir haben in der Schweiz über 150 Angestellte, die mehr als 1000 Fahrerinnen und Fahrer noch gar nicht mit eingerechnet. Die Schweiz hat innerhalb des Konzerns eine gewichtige Stimme.

Neuer Name, neuer Chef.
Foto: Philippe Rossier
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Das dürfte auch daran liegen, dass in der Schweiz das Portemonnaie bei Essensbestellungen ziemlich locker sitzt, oder?
Wenn man sich die Anzahl Bestellungen pro Einwohner anschaut, liegt die Schweiz im internationalen Vergleich tatsächlich weit vorne. Das liegt aber auch daran, dass es in der Schweiz kaum noch weisse Flecken auf unserer Landkarte gibt, die Abdeckung ist hoch. In anderen Ländern liegt der Fokus viel stärker auf einzelnen Städten. Aber bei der Häufigkeit der Bestellungen liegt die Schweiz zurück. Die Engländer, Dänen oder Iren zum Beispiel bestellen viel häufiger als wir.

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Sie haben die Decke trotz Mega-Wachstum noch nicht erreicht?
Es gibt keine Grenze für unser Wachstum. Oder wir sehen sie noch nicht. Wir wachsen Monat für Monat im doppelstelligen Prozentbereich. Als ich vor vier Jahren bei Just Eat angefangen habe, hatten wir 1500 Restaurants auf der Plattform. Wir gingen von einem Potenzial von 1900 aus. Mittlerweile sind es 4000. Das Wachstum geschieht nicht nur in den Zentren: An meinem Wohnort Steinhausen zum Beispiel gab es vor zwei, drei Jahren gerade einmal Pizza und Kebab zur Auswahl. Heute kann ich auch Sushi und Burger bestellen. Das entspricht einer Verdoppelung des Angebots. Und genau das wird auch an anderen Orten passieren.

Besteht denn jetzt, wo die Restaurants seit mehreren Monaten wieder offen sind, nicht die Gefahr, dass das Wachstum der letzten zwei Jahre wieder wegbricht?
Nein, das glaube ich nicht. Es ist ja nicht so, dass wir die Restaurants konkurrenzieren wollen. Wir sehen uns als Ergänzung. Und der Fokus bei den Bestellungen liegt noch stark auf dem Abendessen. Wir wollen aber auch beim Frühstück, Mittagessen oder gar in der Kaffeepause wachsen. Dieses Jahr haben wir hierzulande zum Beispiel «Takeaway Pay» lanciert. Damit können Firmen ihren Angestellten ein Essensbudget zur Verfügung stellen. Mit diesem Budget können die Angestellten dann bei uns bestellen. Und dann sehen wir vor allem im Tessin und in der Westschweiz noch viel Wachstumspotenzial.

Wenn die Leute mehr bestellen, wächst auch der Abfallberg. Juckt Sie das nicht?
Doch, das juckt uns schon. Wir bieten unseren Partnerrestaurants in unserem Webshop zum Beispiel Verpackungen an, die aus Recyclingmaterial produziert werden. So sparen wir Plastik ein.

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Weniger Plastik vielleicht, aber trotzdem Wegwerfmaterial, oder?
Ja, das stimmt. Wiederverwendbare Behälter sind nämlich gar nicht so einfach. Für Pizza zum Beispiel: Es gibt auf dem Markt schlicht keine guten Lösungen, um die Pizzaschachtel zu ersetzen. Man muss aber auch sehen, dass Verpackungen einen kleinen Anteil am ökologischen Fussabdruck unserer Bestellungen ausmachen. Eine viel grössere Rolle spielt, was die Leute bei uns bestellen. Also ob es CO2-intensive Nahrungsmittel wie zum Beispiel Rindfleisch sind. Hier arbeiten wir mit den Restaurants gemeinsam darauf hin, dass sie mehr Fleischersatzprodukte anbieten.

Apropos Rindfleisch: Ein vom Velokurier ausgelieferter Burger kann doch geschmacklich niemals an den im Restaurant rankommen?
Burger sind tatsächlich eine grosse Herausforderung, das muss ich eingestehen. Wir haben den Lieferradius massiv eingeschränkt, auf 2,5 Kilometer. Wenn der Burger weiter transportiert wird, nimmt die Qualität dramatisch ab.

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Ein Burger wird es wohl nicht sein: Was bestellen Sie selber am liebsten?
Ich habe vier Kinder, deswegen entscheide meistens nicht ich. Wir bestellen als Familie ungefähr zweimal im Monat. Und dann ist es ehrlich gesagt oft Pizza. Typisch schweizerisch halt.

So wurde Just Eat zum Schweizer Branchenprimus

2007 gründen die beiden damaligen HSG-Studenten Reto Graf und Lukas Weder Eat.ch. 2012 bildet die Firma ein Joint Venture mit Just Eat, damals noch britisch. 2015 dann wird Eat.ch zur Tochtergesellschaft von Just Eat. 2020 fusioniert die britische Just Eat mit der niederländischen Takeaway.com.

Im Frühling 2021 vollzieht der Schweizer Ableger den Namenswechsel von Eat.ch zu Just Eat. Die Firma mit Hauptsitz in Amsterdam (Niederlande) ist heute in zwei Dutzend Ländern tätig. Neben Europa etwa auch in den USA, Australien und Neuseeland.

Die HSG-Wurzeln sind beim Schweizer Ableger aber weiterhin erkennbar: In St. Gallen liefern im Verhältnis zur Bevölkerungsgrösse so viele Restaurants ihre Speisen über Just Eat aus wie in keiner anderen Schweizer Stadt.

Schweizweit bieten 4000 Restaurants ihr Essen über Just Eat an. 1000 Velokuriere liefern die Mahlzeiten aus. Daneben arbeiten 150 Leute im Marketing, Backoffice und anderen administrativen Bereichen. Just Eat ist damit deutlich grösser als seine Mitbewerber, darunter Mosis, Smood und Uber Eats. Der US-Gigant ist seit weniger als drei Jahren in der Schweiz aktiv.

2007 gründen die beiden damaligen HSG-Studenten Reto Graf und Lukas Weder Eat.ch. 2012 bildet die Firma ein Joint Venture mit Just Eat, damals noch britisch. 2015 dann wird Eat.ch zur Tochtergesellschaft von Just Eat. 2020 fusioniert die britische Just Eat mit der niederländischen Takeaway.com.

Im Frühling 2021 vollzieht der Schweizer Ableger den Namenswechsel von Eat.ch zu Just Eat. Die Firma mit Hauptsitz in Amsterdam (Niederlande) ist heute in zwei Dutzend Ländern tätig. Neben Europa etwa auch in den USA, Australien und Neuseeland.

Die HSG-Wurzeln sind beim Schweizer Ableger aber weiterhin erkennbar: In St. Gallen liefern im Verhältnis zur Bevölkerungsgrösse so viele Restaurants ihre Speisen über Just Eat aus wie in keiner anderen Schweizer Stadt.

Schweizweit bieten 4000 Restaurants ihr Essen über Just Eat an. 1000 Velokuriere liefern die Mahlzeiten aus. Daneben arbeiten 150 Leute im Marketing, Backoffice und anderen administrativen Bereichen. Just Eat ist damit deutlich grösser als seine Mitbewerber, darunter Mosis, Smood und Uber Eats. Der US-Gigant ist seit weniger als drei Jahren in der Schweiz aktiv.

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