Showdown in der Finalissima
Was für Zug und was für Zürich spricht

Krimi-Serie im Playoff-Final. Alle Partien wurden bisher in der Endphase entschieden. Auf welche Seite schlägt das Pendel heute in Zug in der Finalissima aus?
Publiziert: 01.05.2022 um 14:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.05.2022 um 22:55 Uhr
Nicole Vandenbrouck und Stephan Roth

Das spricht für Zug

Der Trainer. Man kann es nicht genug hervorheben: Dan Tangnes verankert in seinem Team die guten Gewohnheiten dermassen, dass sie in jeder Situation aus dem Effeff abrufbar sind. So haben die Spieler eine äusserst stabile Basis, auf die sie sich immer verlassen können. Und der Norweger muss in den Playoffs nicht mehr über Grundlegendem brüten – selbst wenn ein 0:3-Rückstand im Final zu Buche steht.

Tangnes gibt der Mannschaft das taktische Rüstzeug mit, die klaren Vorgaben werden konsequent von ihr verfolgt. Jeder Zuger weiss, was der Trainer will. Und spürt vor allem, dass das Coaching auch auf bedingungslosem Vertrauen basiert. Denn ein weiteres Anliegen des 43-Jährigen ist: Eine möglichst starke Beziehung zu jedem Spieler aufzubauen. «Ich glaube daran: Kannst du nicht den Menschen dahinter erreichen, verstehst du auch nicht den ganzen Spieler», betont Tangnes. Das ist für ihn die Magie des Coachings. Für ihn spielt jeder Akteur eine wichtige Rolle.

Die Balance. Das Vertrauen untereinander sowie das gegenseitige zwischen Spielern und Trainer verleiht dieser Mannschaft eine beständige Kraft. Es gibt jungen oder weniger talentierten Spielern die gleiche Möglichkeit, Einfluss aufs Geschehen zu nehmen. Keiner ist grösser als das Team. Oftmals als Floskel abgetan, wird es beim EVZ genau so vorgelebt.

Umkämpfte Finalserie: ZSC-Toskorer Denis Malgin (v.l.n.r.) , Zugs Sven Senteler, ZSC-Star Sven Andrighetto und EVZ-Flügel Yannick Zehnder.
Foto: PIUS KOLLER
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So haben bei Zug in dieser Final-Serie sieben verschiedene Spieler die Tore geschossen, beim ZSC sind es fünf. Diese Unabhängigkeit von nur einer Linie macht den EVZ unberechenbarer.

Die Winner. Man wird Jan Kovar nicht gerecht, wenn man die Leistung des Captains nur anhand seiner Tore misst. Der Tscheche ist und tut so viel mehr. Er steckt ein, er teilt aus, er hat eine physische Präsenz und gleichzeitig hat er den nächsten Pass im Sinn, weil er seine Mitstreiter in Szene setzen und besser machen will (sechs Assists). Unabhängig vom Namen. So wie der 32-Jährige vorangeht, färbt auf die ganze Mannschaft ab.

Und wenn einer Meister kann, dann Leonardo Genoni. Schon sechs Mal stemmte er in seiner Karriere den Pokal. Der 34-Jährige hat im Final-Duell Nummer 6 seine Betriebstemperatur definitiv erreicht. Oder anders gesagt: Je höher der Druck, desto besser Genoni.

Das Momentum. Es wird nur von jenen thematisiert, die es haben. Fakt ist, dass der Titelverteidiger die letzten drei Partien in Folge gewonnen hat. Die Definition dessen: Als Momentum wird der Zeitraum bezeichnet, in dem Entwicklungen in eine bestimmte Richtung laufen. Ja, die Dinge sind für die Zuger gelaufen. Doch viel aussagekräftiger ist, dass der EVZ die Mehrheit der bisher gespielten 18 Drittel dominiert hat. Und sich dessen bewusst ist.

Das spricht für die ZSC Lions

Die Moral. Das Momentum ist im vierten Spiel auf die Seite der Zuger gesprungen. Doch die Lions sind deswegen noch nicht geknickt. Der Glaube ist immer noch da, sich den zehnten Titel doch noch krallen zu können. Die Leistung vom Freitag hat die Zürcher darin bestärkt, dass man mindestens auf Augenhöhe mit dem Meister ist, die Zuger auch unter Druck setzen kann. «Normalerweise gewinnt man ein solches Spiel», sagt Sportchef Sven Leuenberger.

Keiner jammert über fehlendes Glück. «Der Puck ist nicht für uns gerollt, obwohl wir sehr viel investiert haben. Jetzt müssen wir einfach dranbleiben und überall noch ein Prozentchen oder zwei drauflegen. Wir müssen es erzwingen», sagt Captain Patrick Geering. «Zug ist nun in der Situation, in der wir zuletzt waren. Und wir möchten natürlich auch Spielverderber sein.»

Wenn die Lions heute in Zug den Pott holen, können sie sich bei der Rückkehr nach Zürich noch gebührend vom Hallenstadion, wo ein Public Viewing stattfindet, verabschieden. Und dann ist da ja auch noch die Möglichkeit, dass der FCZ gleichentags Meister wird. «Ist das so?», fragt Reto Schäppi. «Das wäre ganz geil.»

Die Erfahrung. «Wir haben bereits ein Game 7 gewonnen», betont Trainer Rikard Grönborg. Die Lions zogen schon im Viertelfinal gegen Biel den Kopf aus der Schlinge. Und mit Reto Schäppi und Chris Baltisberger, die schon sieben Mal in einer «Belle» dabei waren und stets gewannen, sowie Geering stehen drei Spieler im Line-up, die zweimal in einer Finalissima Meister (2012 in Bern und 2018 in Lugano) wurden. Vom Team, das vor vier Jahren den Titel holte, sind zudem noch Christian Marti und Phil Baltisberger noch dabei. Bei Zug waren nur Genoni (2009 mit Davos) und Fabrice Herzog (2018 mit dem ZSC) schon in einer Finalissima erfolgreich.

2018: Lugano – ZSC Lions 0:2. In Lugano ist alles zur grossen Feier angerichtet. Doch die Zürcher holen sich nach zwei verpassten Meister-Pucks dank Treffern von Captain Patrick Geering und Ronalds Kenins (Bild, Nummer 81) sowie einem Shutout von Lukas Flüeler der 4 Minuten vor Schluss den Ausgleich mit einer Parade gegen Maxim Lapointe verhindert, den Pott doch noch.
Foto: Keystone
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Die Stars. Denis Malgin ist mit neun Toren der überragende Einzelspieler dieser Playoffs. Er ist nicht nur im Abschluss abgebrüht und glänzt mit Solos, sondern hat auch ein gutes Auge für seine Teamkollegen. So legte er zuletzt perfekt für Marco Pedretti auf, der aber die Top-Chance vergab. Neben Malgin überzeugen auch Sven Andrighetto und Denis Hollenstein im Paradesturm der Zürcher.

Der Joker. Von Spielern aus den Sturmreihen 2 bis 4 warten die Zürcher nun seit fünf Spielen auf ein Tor. In der letzten Partie wurde Grönborg nach dem verletzungsbedingten Out von Marcus Krüger zu einem Wechsel gezwungen. Garrett Roe brachte Schwung ins Spiel. Doch einen Joker haben die Lions noch: den 20-fachen Saisontorschützen John Quenneville. Der wuchtige Kanadier könnte eine völlig neue Komponente, so wie Carl Klingberg bei Zug, ins Spiel bringen. Wenn sich Grönborg jetzt nicht durchringen kann, «Q» zu bringen, muss er sich Fragen gefallen lassen, wenn es wieder schief geht, zumal Justin Azevedo am Freitag nicht nur unglücklich den Puck zum 0:1 ins eigene Tor lenkte, sondern auch offensiv nichts zustande brachte.

So irre dreht Zug gegen den ZSC die Final-Serie
2:17
Highlights von Spiel 6:So irre dreht Zug gegen den ZSC die Final-Serie
«Manchmal ergibt Eishockey keinen Sinn»
1:56
ZSC-Coach Grönborg nach Pleite:«Manchmal ergibt Eishockey keinen Sinn»
National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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