Dinos Check zu den Lions
Morant und Andrighetto: Viel Kritik für zwei Transfers

Am 1. Oktober startet die Eishockey-Saison. Dino Kessler nimmt in seiner Kolumne täglich einen Klub unter die Lupe. Heute: Die ZSC Lions.
Publiziert: 27.09.2020 um 11:34 Uhr
Dino Kessler

Es ist wohl nur ein Gerücht, dass sich Sportchef Sven Leuenberger gerade den Eishockey-Klassiker «Slapshot» angesehen hat, als er von einer Epiphanie heimgesucht wurde und dann Johann Morant verpflichtete. Die erratische Annahme, Morant jage den Gegnern allein durch seine Präsenz etwas Angst ein, steht wohl am Ursprung dieser bizarren Akquise.

Das Schweizer Eishockey hat sich noch nie an diesem Prinzip orientiert, das inzwischen selbst in der NHL nur noch von mit romantischen Übertreibungen überfrachteten Erinnerungen zehrt. Das Prinzip der Leibwächter brachte übrigens auch einen in Stein gemeisselten Ehrenkodex mit sich, und daran scheitert Morant bereits im Ansatz. Leibwächter vergreifen sich nicht an Linienrichtern oder Mathias Seger, sie werden auch nicht für Schwalben gebüsst. Und würde die Morant-Theorie tatsächlich greifen, müsste sein Palmarès mit unzähligen Meistertiteln geschmückt sein und im EV Zug hätte sich heftiger Widerstand gegen seine Ausmusterung geregt.

Weil Morant im Affekt nach persönlicher Rache strebt und keinen Ehrenkodex verfolgt, bleibt sein Wert für eine Mannschaft überschaubar. Einen Verteidiger, der sich nach Trainer Grönborgs Philosophie am Spiel beteiligt, hätte man bestimmt auch irgendwo in der eigenen Pipeline gefunden.

Neu bei den Lions: Johann Morant (rechts).
Foto: keystone-sda.ch
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Übertrieben und teilweise heuchlerisch ist die Kritik, die an der Verpflichtung Sven Andrighettos lautbar wurde. Natürlich hätte man inmitten einer Pandemie und ihren Auswirkungen aus Gründen einer überzogenen Moralapostelei darauf verzichten können, aber die ZSC Lions sind nicht die SCL Tigers. Das ist auch gut so, weil die Liga neben einer gewissen Ausgeglichenheit auch von Feindbildern, Rivalitäten, romantisch angehauchten Klassenkampf-Theorien und allerhand anderem Krimskrams lebt, den man sich nur ausdenken kann. In dieser Krise steht das vielleicht nicht ganz zuoberst, als Prinzip bleibt es aber trotzdem wahr.

Die Gretchenfrage? Wird die die fünfte Ausländerposition tatsächlich beansprucht (die sinnloseste Regel, die jemals von Sportfunktionären eingeführt wurde)? Zürich erhält durch den (vorerst virtuellen) Wechsel von Pius Suter nach Übersee das Recht auf einen zusätzlichen Ausländer pro Spiel, was den Tatbestand der Wettbewerbsverzerrung erfüllt.

Transfers sind für die Klubs ein Teil des unternehmerischen Risikos, das zum Sport gehört wie Resultate, Verletzungen und Statistiken. Diese Regel ist aber wohl nur der Vorbote einer noch dramatischeren Änderung: Der Sturz des Ausländerkontingents. Aktuell ist das Gentlemens Agreement aber noch intakt, und das besagt: vier Ausländer pro Team und Spiel. Und weil dieses Agreement zuerst da war, geniesst es wohl prioritäres Recht. Eine knifflige Angelegenheit.

Spätestens wenn die ZSC Lions mit fünf Ausländern gegen Ambri, die Lakers oder die SCL Tigers antreten, kann man aber auch zuhause bleiben. Oder in der Krise wahrscheinlicher: Den roten Knopf auf der Fernbedienung drücken.

ZSC hat noch den Ausländer-Joker

Trainer – Rikard Grönborg (52) hat das Team in seiner ersten Saison nach dem Verpassen im Vorjahr wieder an die (Quali-)Spitze geführt. Und im Sommer verlängerte der bärtige Trainer, der Schweden zu zwei WM-Titeln führte, seinen Vertrag vorzeitig bis 2023. Eine NHL-Ausstiegsklausel hat er erst für 2022.

TransfersZuzüge: Ludovic Waeber (G, Fribourg), Luca Capaul (V, EVZ Academy), Johann Morant (V, Zug), Sven Andrighetto (S, Omsk). Abgänge: Daniel Guntern (G, ?), Joni Ortio (G, Barys Nur-Sultan), Dave Sutter (V, Fribourg), Pius Suter (S, Chicago/GCK Lions).

Ausländer – Wenn man vom Abgang von Goalie-Versicherung Ortio absieht, haben die Lions die gleichen Ausländer wie in der letzten Saison: Noreau, Roe, Pettersson und Krüger. Wegen der neuen unsinnigen NHL-Kompensations-Regel dürfen ausgerechnet die Zürcher, die den Abgang von NL-Topskorer Pius Suter durch Nati-Stürmer Andrighetto abfedern konnten, diese Saison einen zusätzlichen Ausländer einsetzen. Diese Option lässt sich Sportchef Sven Leuenberger noch offen. Es würde aber überraschen, wenn er sich diese Chance entgehen lassen würde, wenn es um die Wurst geht. Kurioserweise wird sich Suter nun mit Spielen bei den GCK Lions auf das Camp bei den Chicago Blackhawks vorbereiten.

ZSC-Sportchef Sven Leuenberger (links) und Trainer Rikard Grönborg dürfen diese Saison einen fünften Ausländer einsetzen.
Andy Mueller/freshfocus

Trainer – Rikard Grönborg (52) hat das Team in seiner ersten Saison nach dem Verpassen im Vorjahr wieder an die (Quali-)Spitze geführt. Und im Sommer verlängerte der bärtige Trainer, der Schweden zu zwei WM-Titeln führte, seinen Vertrag vorzeitig bis 2023. Eine NHL-Ausstiegsklausel hat er erst für 2022.

TransfersZuzüge: Ludovic Waeber (G, Fribourg), Luca Capaul (V, EVZ Academy), Johann Morant (V, Zug), Sven Andrighetto (S, Omsk). Abgänge: Daniel Guntern (G, ?), Joni Ortio (G, Barys Nur-Sultan), Dave Sutter (V, Fribourg), Pius Suter (S, Chicago/GCK Lions).

Ausländer – Wenn man vom Abgang von Goalie-Versicherung Ortio absieht, haben die Lions die gleichen Ausländer wie in der letzten Saison: Noreau, Roe, Pettersson und Krüger. Wegen der neuen unsinnigen NHL-Kompensations-Regel dürfen ausgerechnet die Zürcher, die den Abgang von NL-Topskorer Pius Suter durch Nati-Stürmer Andrighetto abfedern konnten, diese Saison einen zusätzlichen Ausländer einsetzen. Diese Option lässt sich Sportchef Sven Leuenberger noch offen. Es würde aber überraschen, wenn er sich diese Chance entgehen lassen würde, wenn es um die Wurst geht. Kurioserweise wird sich Suter nun mit Spielen bei den GCK Lions auf das Camp bei den Chicago Blackhawks vorbereiten.

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