Dinos Check zum SCB
Die wissen nicht, was sie tun sollen

Am 1. Oktober startet die Eishockey-Saison. Dino Kessler nimmt in seiner Kolumne täglich einen Klub unter die Lupe. Heute: Der SC Bern.
Publiziert: 20.09.2020 um 14:29 Uhr
|
Aktualisiert: 20.09.2020 um 15:05 Uhr
Dino Kessler

Der SCB. Ehemals Branchen­krösus, Zuschauergigant, innovativ im Geschäftsmodell, hart auf Gegenkurs zu den Bezahlonkel-Modellen der direkten sportlichen Konkurrenz. Allerdings war man sich beim SC Bern schon vor der Pandemie bewusst, wie stark man die Ressourcen des Gastro-Geschäftsmodells bereits ausgereizt hatte: sehr stark.

Vor diesem Hintergrund erscheint beispielsweise die Vertragsverlängerung mit Calle Andersson noch sinnloser. Ein politischer Entscheid inmitten einer Talfahrt, um die Fanbasis in Schach zu halten. Den Andersson (ein Verteidiger, auf den man sich nicht verlassen kann) hat man jetzt an der Backe, und das ver­ursacht Kosten von ungefähr 800'000 Franken pro Saison. Mahlzeit.

Dass die Geschäftsleitung dann auch noch den integren, kompetenten und erfolgreichen Sportchef Alex Chatelain unter dem Druck der Zuschauer abserviert hat, passt in dieses Bild. Nach mehrheitsfähigem Sportverständnis bildet sich dabei folgendes Urteil: Die wissen selbst nicht, was sie tun sollen. Wenn die Fanbasis die Klubpolitik mitbestimmt, wedelt der Schwanz mit dem Hund.

Teurer Spass: Der SCB verlängerte den Vertrag mit Calle Andersson.
Foto: keystone-sda.ch
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Und Chatelains Nachfolgerin Florence Schelling? Ein Entscheid im Trend der Gleichstellungs­bestrebungen und gewiss ein medialer Volltreffer. Aber ohne sachdienliche Erfahrung wird man normalerweise nicht Sportchef beim SC Bern.

Zudem verstrickte sich die Geschäfts­leitung bei der Kommunikation des Auswahl­verfahrens in Widersprüchen. Schelling sei die beste Wahl für den Posten (klingt enorm unglaubwürdig), aber man habe auch eine Frau gewollt. Ja was nun? Gleichberechtigung herrscht erst dann, wenn das Geschlecht eines Kandidaten keine Rolle mehr spielt, weil allein die Qualifikation zählt. Wird dieses Prinzip nicht hochgehalten, dient man weder der einen noch der anderen Seite.

Wie hart wird man Schelling an den Karren fahren, wenn der Erfolg wie zuletzt ausbleibt? Wird man sich zurückhalten, weil sie eine Frau ist? Dann verstösst man gegen das Gleichstellungsprinzip. Wird man sich nicht zurückhalten, weil es egal ist, dass sie eine Frau ist? Dann verstösst man gegen den um sich greifenden politischen Korrektheitswahn. Lose-Lose. Oder Win-Win.

Mindestens etwas hätte man von Schelling aber erwartet: Im derzeitigen Krisenmodus wäre ein Schweizer Coach sehr leicht zu verkaufen gewesen, selbst für den SC Bern. Stattdessen kommt Don Nachbaur zum Handkuss, ein 61-jähriger Austro-Kanadier ohne Leistungsausweis (ein Spätzünder vielleicht?). Das ist so was von Retro, da fühlt man sich gleich in die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts zurückversetzt, als die Eishockeynation Schweiz auf jeder Stufe Entwicklungshilfe nötig hatte (und die Nati in der C-Gruppe gegen China und Australien spielte).

Immerhin ein Lichtblick: Simon Moser ist noch da. Ein Captain wie mit der Axt gehauen.

Trainer, Transfers, Tickets

Sportchefin – Nach der missglückten letzten Saison, in welcher der SCB als Meister einen Playoff-Platz verpasste, wurde Sportchef Alex Chatelain trotz drei Titeln in fünf Saisons abgesetzt. Er firmiert nun als «Strategic Sport Developer». Neue Sportchefin ist Florence Schelling (31). Ihre Nomination sorgte weltweit für Aufsehen. Die ehemalige Nati-Torhüterin ist die erste Frau, welche die sportliche Verantwortung bei einem Profiklub trägt. Das nordamerikanische Portal «The Athletic» setzte sie in einem Ranking der wichtigsten Hockey-Leute unter 40 Jahren auf den 18. Platz.

Trainer Don Nachbaur (61) folgt auf Hans Kossmann, der letzte Saison Meistercoach Kari Jalonen ersetzt hatte. Zuletzt war er bei Zvolen (Slk) tätig. Davor hatte der Austro-Kanadier, der es als Spieler auf 234 NHL-Einsätze (489 Strafminuten) brachte, seit 1994 Erfahrungen als Headcoach im kanadischen Junioren-Hockey und in der AHL sowie als NHL-Assistent bei den Los Angeles Kings gesammelt.

Transfers Zuzüge: Wüthrich (G, Langenthal), Thiry , Zryd (beide V, Zug), Bader (S, Davos), Brithén (S, Rögle), Jeffrey (S, Lausanne), Haas (S, Edmonton, leihweise bis NHL-Camps be­ginnen), Neuenschwander (S, Biel), Sopa (S, Erie), Sterchi (S, Langenthal). Abgänge: Caminada (G, Langenthal), Krueger (V, Lausanne), Arcobello (S, Lugano), Bieber (S, ?), Ebbett (S, ?), Grassi (S, Ambri), Kämpf (S, Langenthal), Mursak (S, Frölunda).

Ausländer – Erst drei Ausländer hat der SCB unter Vertrag. Zu Goalie Karhunen kamen Jeffrey und Brithén. Nachdem die Verpflichtung von Nati-Stürmer Joël Vermin nicht geglückt ist, sucht man nun noch einen vierten Ausländer. Er muss günstig sein. Denn trotz Sparmassnahmen und Lohnverzichten rechnet der SCB wegen Corona mit einem Verlust von 4,5 Millionen Franken.

Zuschauer – Die PostFinance-Arena, die normalerweise über 9892 Stehplätze verfügt, musste umgerüstet werden. Wegen Corona dürfen nur Sitzplätze (zu maximal zwei Dritteln) genutzt werden. So schrumpft das Fassungsvermögen von 17 031 auf 6750 Plätze. Da bereits 10'500 Saisonkarten abgesetzt wurden, werden die Abonnenten in zwei Gruppen aufgeteilt und haben nur zu 50 Prozent der Spiele Zutritt.

Florence Schelling ist die neue Sportchefin beim SCB.
BENJAMIN SOLAND

Sportchefin – Nach der missglückten letzten Saison, in welcher der SCB als Meister einen Playoff-Platz verpasste, wurde Sportchef Alex Chatelain trotz drei Titeln in fünf Saisons abgesetzt. Er firmiert nun als «Strategic Sport Developer». Neue Sportchefin ist Florence Schelling (31). Ihre Nomination sorgte weltweit für Aufsehen. Die ehemalige Nati-Torhüterin ist die erste Frau, welche die sportliche Verantwortung bei einem Profiklub trägt. Das nordamerikanische Portal «The Athletic» setzte sie in einem Ranking der wichtigsten Hockey-Leute unter 40 Jahren auf den 18. Platz.

Trainer Don Nachbaur (61) folgt auf Hans Kossmann, der letzte Saison Meistercoach Kari Jalonen ersetzt hatte. Zuletzt war er bei Zvolen (Slk) tätig. Davor hatte der Austro-Kanadier, der es als Spieler auf 234 NHL-Einsätze (489 Strafminuten) brachte, seit 1994 Erfahrungen als Headcoach im kanadischen Junioren-Hockey und in der AHL sowie als NHL-Assistent bei den Los Angeles Kings gesammelt.

Transfers Zuzüge: Wüthrich (G, Langenthal), Thiry , Zryd (beide V, Zug), Bader (S, Davos), Brithén (S, Rögle), Jeffrey (S, Lausanne), Haas (S, Edmonton, leihweise bis NHL-Camps be­ginnen), Neuenschwander (S, Biel), Sopa (S, Erie), Sterchi (S, Langenthal). Abgänge: Caminada (G, Langenthal), Krueger (V, Lausanne), Arcobello (S, Lugano), Bieber (S, ?), Ebbett (S, ?), Grassi (S, Ambri), Kämpf (S, Langenthal), Mursak (S, Frölunda).

Ausländer – Erst drei Ausländer hat der SCB unter Vertrag. Zu Goalie Karhunen kamen Jeffrey und Brithén. Nachdem die Verpflichtung von Nati-Stürmer Joël Vermin nicht geglückt ist, sucht man nun noch einen vierten Ausländer. Er muss günstig sein. Denn trotz Sparmassnahmen und Lohnverzichten rechnet der SCB wegen Corona mit einem Verlust von 4,5 Millionen Franken.

Zuschauer – Die PostFinance-Arena, die normalerweise über 9892 Stehplätze verfügt, musste umgerüstet werden. Wegen Corona dürfen nur Sitzplätze (zu maximal zwei Dritteln) genutzt werden. So schrumpft das Fassungsvermögen von 17 031 auf 6750 Plätze. Da bereits 10'500 Saisonkarten abgesetzt wurden, werden die Abonnenten in zwei Gruppen aufgeteilt und haben nur zu 50 Prozent der Spiele Zutritt.

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Mannschaft
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TD
PT
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1
1
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1
10
HC Davos
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12
EHC Biel
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-2
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SCL Tigers
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1
-2
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HC Ajoie
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