Russischer Angriffskrieg sorgt für Krach in der Aargauer SVP
Gallati attackiert Glarner als «Putin-Verehrer»

In der SVP kann der russische Präsident Wladimir Putin auf einige Freunde zählen. Auch der Aargauer Nationalrat Andreas Glarner gehört dazu. Dass dieser die russische Sichtweise unterstützt, sorgte an einer SVP-Fraktionssitzung für einen Eklat.
Publiziert: 29.03.2022 um 09:06 Uhr

Sie sind in der gleichen Partei, beide aus dem gleichen Kanton – doch das Heu haben sie nicht auf der gleichen Bühne: Der Aargauer SVP-Regierungsrat Jean-Pierre Gallati (55) und SVP-Nationalrat Andreas Glarner (59). In der Corona-Krise gerieten sie arg aneinander. Und nun kam es an der Fraktionssitzung der SVP Aargau zum Eklat – wegen unterschiedlicher Ansichten zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.

Wie die «Aargauer Zeitung» berichtet, sagte Glarner an der Sitzung, der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) verlängere mit seinem Verhalten den Krieg und der Westen sei mitschuldig am Konflikt mit Russland.

Eine Ansicht, die nicht gut ankam. Ein Sitzungsteilnehmer bezeichnete die Aussagen von Glarner als «russische Propaganda und Verschwörungstheorien, die an die Position von Nationalrat Roger Köppel und dessen Weltwoche erinnern». Während eines Sitzungsunterbruchs nahm sich Gallati zusammen mit SVP-Landammann Alex Hürzeler (56) den Kantonalpräsidenten Glarner zur Brust. Gallati soll Glarner gesagt haben, er sei nicht nur ein «Putin-Versteher, sondern ein Putin-Verehrer».

SVP-Regierungsrat Jean-Pierre Gallati fährt SVP-Nationalrat Andreas Glarner an den Karren. Dieser sei nicht nur ein Putin-Versteher, sondern ein Putin-Verehrer.
Foto: Alex Spichale
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Glarner rechtfertigt Putin-Position

Wenige Tage nach der Sitzung goss Glarner noch mehr Öl ins Feuer. In einem Beitrag in der rechtskonservativen «Schweizerzeit» verteidigt er Putins Position. Er wolle den von Putin angezettelten Krieg nicht rechtfertigen, schreibt Glarner zwar. Doch dann unterstützt er die russischen Forderungen für einen Waffenstillstand: Neutralität und Entmilitarisierung der Ukraine, Anerkennung von Donezk und Lugansk als Volksrepubliken und der Krim als russisches Hoheitsgebiet. «Wenn dieses Angebot nicht angenommen wird, sind die EU und die USA ganz klar schuld an jedem weiteren Opfer dieses Krieges», so Glarner.

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Er verteidigt auch die Annexion der Krim durch Russland sowie die militärische Unterstützung von Separatisten in den Gebieten Donezk und Lugansk. «2014 putschten die USA die russlandfreundliche Regierung der Ukraine aus dem Amt und installierten eine US-freundliche Regierung. Durch den Putsch der US-Amerikaner genötigt, besetzte Russland die Krim», argumentierte Glarner in seinem Beitrag.

Fraktionschefin distanziert sich

Damit verärgert er weitere SVPler. «Ich verstehe nicht, wie unser Präsident den Angriff Russlands auf einen souveränen Staat wie die Ukraine rechtfertigen kann, ihm fehlt ganz offenbar das nötige geschichtliche Wissen», zitiert die «AZ» einen weiteren Sitzungsteilnehmer.

SVP-Fraktionschefin Désirée Stutz (40) will sich zur fraglichen Fraktionssitzung zwar nicht äussern, distanziert sich aber ausdrücklich von Glarners Aussagen in der «Schweizerzeit». Sie will die Thematik zudem in der nächsten Geschäftsleitungssitzung der SVP Aargau ansprechen.

Auch Gallati will sich nicht zur Fraktionssitzung äussern. An der Delegiertenversammlung des Aargauer Schiesssportverbandes sagte er letzte Woche aber: «Im Ukraine-Krieg werden Freundschaft und Freiheit von der russischen Armee nicht nur mit Füssen getreten, sondern mit Waffen zerstört und vernichtet.»

Glarner bleibt bei seinem Standpunkt

Glarner wiederum verteidigt in der «AZ» seine Position: Nur der Westen und der ukrainische Präsident könnten den Krieg beenden, sagt er. Selenski, Nato und EU könnten nicht einfach warten, bis die ganze Ukraine in Schutt und Asche liege, jetzt helfe nur ein rascher Waffenstillstand zu den Bedingungen von Putin.

Dass es an der Fraktionssitzung zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen sei, bestreitet er. Es habe aber einen Disput gegeben und er habe sich mit Gallati und Hürzeler ausgetauscht.(rus)

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