Mitte-links-Allianz macht Berset Beine
Bund muss Corona-Immunität besser überwachen

Eine Mehrheit im Parlament fordert von BAG und Gesundheitsdepartement, die Zügel nicht weiter schleifen zu lassen. Der Bund habe die Entwicklung der Corona-Immunität in der Bevölkerung genau zu verfolgen.
Publiziert: 21.02.2022 um 17:33 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2022 um 19:26 Uhr

Ob durch Impfung oder Genesung: Wenn der Winter vorbei ist, wird fast jede und jeder im Land eine gewisse Immunität gegen das Coronavirus aufgebaut haben. Das steht aus Sicht der wissenschaftlichen Taskforce fest. Die Frage ist nur, wie lange dieser Schutz anhält. Gut möglich, dass die Immunität mit der Zeit sinkt. Oder eine neue, gefährliche Variante des Virus auftaucht, gegen das die vorhandenen Antikörper wenig ausrichten können.

Bund wollte kein Corona-Monitoring

Um gewappnet zu sein, empfiehlt die Corona-Taskforce ein Überwachungsprogramm. In repräsentativen Stichproben verschiedener Bevölkerungsgruppen soll mit Antikörpertests regelmässig gemessen werden, wie hoch der Schutz vor einer Ansteckung und vor allem vor einer schweren Erkrankung mit Covid noch ist. Damit könne ein Abfallen «des immunologischen Schutzes in der Bevölkerung frühzeitig erkannt werden», so die Wissenschaft.

Doch der Bund möchte davon nichts wissen. Man plane momentan «kein Überwachungsprogramm des Immunstatus der ganzen Bevölkerung», teilte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mit.

Die eigene Partei sitzt Gesundheitsminister Alain Berset mit SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer im Nacken:
Foto: Keystone
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Diese Welle kommt aus dem Bundeshaus

Dagegen läuft die Politik nun Sturm. «Die Immunität der Bevölkerung ist für die weitere Entwicklung der Pandemie der zentrale Punkt. Dieser wird entscheidend sein, ob künftig neue Massnahmen ergriffen werden müssen», ging Mitte-Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel (64) in der «SonntagsZeitung» voran. Ihr zur Seite steht Lukas Engelberger (46), Basler Mitte-Regierungsrat und Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren. Auch für ihn ist das Corona-Monitoring wichtig.

Doch damit nicht genug: Jetzt erhebt sich die eigene Partei gegen Gesundheitsminister Alain Berset (49) und sein BAG. SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (34) verspricht, die Genossen würden das Monitoring in die Gesundheitskommission einbringen, denn: «Ein Monitoring erlaubt es, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und zu reagieren, wenn sich die Covid-Situation wieder verschlechtern würde.»

Rytz wirft Bund Fahrlässigkeit vor

Gar als «völlig fahrlässig» bezeichnet es Grünen-Nationalrätin Regula Rytz (59), würde die Schweiz auf das Erfassen von Immunitäts-Daten künftig verzichten. «Wir mussten zu Anfang der Pandemie im Blindflug agieren», sagt sie. Das soll kein zweites Mal geschehen, so die frühere Parteipräsidentin.

Und auch für den vormaligen GLP-Chef Martin Bäumle (57) bleibt ein Daten-Monitoring «absolut zwingend». Für ihn braucht es regelmässige PCR-, aber auch Antikörper-Reihentests sowie das Sequenzieren nach Virenvarianten und ein Monitoren von Abwasserdaten im Sinn eines Frühwarnsystems – auch für neue Mutationen.

«Völlige Sorglosigkeit»

Zudem müssen Test- und Impfkapazitäten aus seiner Sicht so organisiert bleiben, dass diese bei Bedarf schnell hochgefahren werden können. Und es brauche endlich ein flächendeckendes Konzept für Innenräume: «Dazu sind CO2-Messungen wichtig.» Lüften und die Luft filtern blieben zentral und dass die Innenräume auch mit baulichen Massnahmen sicherer gemacht werden.

Der Grünliberale macht klar: «Ich freue mich auch über die Öffnungen. Die völlige Sorglosigkeit im Generalsekretariat des Innendepartements und im BAG ist jedoch unverständlich. Man scheint aus den Fehlern in den Sommern 2020 und 2021 immer noch kaum gelernt zu haben.»

Mehrheit gegen EDI und BAG

Der Nationalrat hält es für falsch, «alles den Kantonen zuzuschieben». Das Monitoring sei Aufgabe des Bundes. Aber: «Natürlich könnte es Sinn machen, das Monitoring an zwei, drei urbane Kantone wie Zürich, Basel und Genf zu übertragen.» Schliesslich sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass womöglich neue Varianten über die internationalen Flughäfen in unser Land kämen. «Aber man muss bereit sein und nicht wieder warten, bis es zu spät ist», so der Nationalrat.

Damit dürfte der Bund kaum umhinkommen, beim Monitoring nachzubessern. Ungemütlich genug für SP-Bundesrat Berset, dass seine Partei Druck macht. Zusammen mit den Grünen, der Mitte-Partei und der GLP verfügt die Allianz aber auch über die Mehrheit im Parlament sowie in den zuständigen Gesundheitskommissionen der beiden Räte. (pt/lha)

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