Kristina Kunze (39) fordert nach Tod ihres Vaters einen Schweizer Gedenktag
«Die Corona-Toten gingen einfach vergessen»

Kristina Kunze kann sich nicht darüber freuen, dass die Massnahmen aufgehoben wurden. Sie verlor ihren Vater an das Virus und sagt, der Bundesrat habe die Toten vergessen. Darum will sie einen Gedenktag ins Leben rufen.
Publiziert: 21.02.2022 um 10:50 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2022 um 13:38 Uhr
Fabian Vogt

12'538 Menschen starben in der Schweiz bisher an Corona. Einer davon ist der Vater von Kristina Kunze (39). Um seiner und aller anderen Toten zu gedenken, gründet die Aargauerin den Verein Langiziit. Ihr Ziel: Am 21. März soll die Schweiz Andacht halten – und so ein kollektives Erinnern an die Opfer der Pandemie geschaffen werden. Sie wünscht sich, dass die Menschen eine Kerze anzünden und zu Hause ans Fenster stellen. «Damit die Schweiz wie ein Sternenhimmel leuchtet.»

Seit Januar arbeitet Kunze für ihre Idee. Sie baut eine Website, erstellt Flyer in allen Landessprachen, kreiert ein Logo ihres Vereins – ein schwarzer Ballon mit einem Herzen in der Mitte. Daneben plant sie gemeinsame Spaziergänge und Kleber, mit denen Autofahrer ihre Solidarität zeigen können.

«Eine Schweigeminute ist viel zu wenig»

Warum ausgerechnet der 21. März? «Weil es da sonst keine grossen Events oder religiösen Feiertage gibt», sagt die 39-Jährige. Sie nimmt also Rücksicht. Rücksicht, die sie auch vom Staat in Bezug auf die Corona-Toten erwartet hätte.

Kristina Kunze hat ihren Vater an das Virus verloren. Sie findet, der Staat habe zu wenig gemacht, um der Toten zu gedenken.
Foto: Zvg
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Doch von dieser Seite sei überhaupt nichts gekommen, klagt die trauernde Tochter. Sie fühlt sich vom Staat im Stich gelassen. «Die Toten wurden einfach vergessen. Sie sind lediglich eine Statistik!» Der Bundesrat und die Behörden hätten zwar viel über Probleme in der Corona-Epidemie geredet, dabei sei es aber fast nur um Geld gegangen. «Jedes Mal habe ich gewartet, dass man sich auch an uns Hinterbliebene richtet. Doch das ist nie passiert!» Eine Schweigeminute im März 2021 sei der einsame Höhepunkt gewesen. Viel zu wenig, findet Kunze.

Um für ihre Forderung nach einem Gedenktag Werbung zu machen, schrieb sie Briefe. Nach Bundesbern und an die Landeskirchen. Bislang ohne Rückmeldung. Als darum am Mittwoch die Massnahmen gelockert werden, fällt es ihr schwer, in Euphorie zu verfallen. «So viele Menschen haben sich über das Ende der Massnahmen gefreut. Aber mir schnürte es fast die Kehle zu. Wir Hinterbliebenen haben jemanden verloren. Für uns wird es auch nach der Pandemie nie wieder so sein wie zuvor.»

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