Bundesrat lehnt Pflege-Initiative ab
Berset wirbt für Ausbildungsoffensive

Wie lässt sich der Mangel an Pflegekräften am besten beheben? Im November stimmt die Bevölkerung über die Pflege-Initiative ab. Bundesrat und Parlament bevorzugen aber den Gegenvorschlag, wie Bundesrat Alain Berset vor den Medien erklärte.
Publiziert: 12.10.2021 um 09:58 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2021 um 12:21 Uhr

Die Schweiz hat zu wenig Pflegende – darüber ist man sich einig. Die Meinungen gehen aber bei der Frage auseinander, wie der Mangel am besten zu beheben ist: Mittels Pflege-Initiative oder dem indirekten Gegenvorschlag. Die Initiative verlangt, dass Bund und Kantone die Pflege fördern und der Bund die Arbeitsbedingungen regelt.

Auch Regierung und Parlament wollen den Pflegeberuf weiter stärken. Sie "lehnen die Initiative jedoch ab, weil sie in einem Punkt zu weit geht", sagte Bundesrat Alain Berset (49) am Dienstag von der Medien. Es sei nicht am Bund, Arbeitsbedingungen zu regeln.

Gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne sind zwar wichtig, damit der Pflegeberuf attraktiv ist und die in der Pflege tätigen Personen möglichst lange im Beruf verbleiben, so die Haltung des Bundes. Dafür sollten aber weiterhin Spitäler, Heime und Spitexorganisationen sowie die Kantone und die Sozialpartner gemeinsam sorgen.

Die Pflegenden sind am Limit.
Foto: Keystone
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Milliardenschwerer Gegenvorschlag

Das Parlament hat einen indirekten Gegenvorschlag verabschiedet, der die wichtigsten Forderungen der Initiative aufnimmt und eine raschere Umsetzung ermöglicht. Um die Ausbildung zu fördern, stellen Bund und Kantone für die nächsten acht Jahre rund eine Milliarde Franken zur Verfügung.

"Diese Ausbildungsoffensive ist ein geeignetes Mittel, um dem Mangel an Personal zu begegnen", sagte Martin Pfister, Vorstandmitglied der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK).

Mehr Kompetenzen für Pflegepersonal


Gesundheitsminister Berset wies darauf hin, dass der Gegenvorschlag auch die Forderung der Initiative aufgenommen hat, dass Pflegefachpersonen gewisse Leistungen direkt zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abrechnen können. "Das ist eine bedeutende Änderung", sagte Berset. Sie trage auch zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei.

Ein Kontrollmechanismus soll gemäss Berset verhindern, dass es zu einer Zunahme an Leistungen und damit zu höheren Gesundheitskosten kommt, die zu einem Anstieg der Krankenkassenprämien zulasten der Bevölkerung führen würden. Heute können Pflegefachpersonen grundsätzlich nur jene Leistungen abrechnen, die von einer Ärztin oder einem Arzt angeordnet worden sind.

Über die Volksinitiative "Für eine starke Pflege" wird am 28. November abgestimmt. Der indirekte Gegenvorschlag tritt in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt wird.

Keine Massnahmen für Verweildauer


Die Kantone empfehlen ebenfalls, die Initiative abzulehnen und den indirekten Gegenvorschlag zu unterstützen. Der Handlungsbedarf zur Stärkung des Pflegeberufs ist aus ihrer Sicht unbestritten. Es sei jedoch der falsche Weg, die Stärkung einer einzelnen Berufsgruppe auf Verfassungsebene zu verankern. Mit dem Gegenvorschlag liege eine verbindliche und rasch umsetzbare Vorlage zur Entschärfung des Fachkräftemangels auf dem Tisch.

Dem Initiativkomitee geht der Gegenvorschlag hingegen zu wenig weit. Die Investitionen des Parlaments in die Ausbildung würden verpuffen, weil über 40 Prozent der Pflegenden nach wenigen Jahren wieder aus dem Beruf aussteigen würden, argumentiert das Komitee. Es fehlten Massnahmen, die die Pflegequalität sichern und die Arbeitsbedingungen verbessern würden. (SDA/gbl)

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