Weil immer mehr Fachkräfte fehlen
Teurer Kampf um rares Pflegepersonal

Spitäler suchen hängeringend Pflegepersonal – mittlerweile müssen oft Temporärbüros eingesetzt werden. Das kostet viel Geld. Zudem verärgern höhere Löhne für temporär Angestellte das Stammpersonal.
Publiziert: 03.10.2021 um 21:15 Uhr
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Aktualisiert: 03.10.2021 um 21:16 Uhr

Schweizer Spitälern geht das Pflegepersonal aus. Über 2000 Pflegefachpersonen geben ihren Beruf auf – jedes Jahr! Und mit der Corona-Pandemie sind es sogar noch mehr geworden. Gleichzeitig fehlt es an Nachwuchs. Nicht einmal halb so viele angehende Fachkräfte befinden sich in Ausbildung, wie die Spitäler, Heime und Spitex-Organisationen brauchen würden.

Die Folge: Auf dem ausgetrockneten Markt wird immer heftiger um das knappe Personal gerungen. Notfallmässige Temporär-Einsätze gehören zum Alltag. Spezialisierte Vermittlungsfirmen suchen für Spitäler qualifizierte Fachleute. «Je spezialisiertere Ausbildungen gefragt sind, desto schwieriger ist es, die Fachkräfte zu finden», wird die Sprecherin einer Personalvermittlungsfirma in der «NZZ am Sonntag» zitiert. «Mit einem Corona-Bonus oder anderen Anreizen versuchen Büros, die Fachleute anzulocken und für sich zu gewinnen.»

Missstimmung bei Festangestellten

Manche Temporärfirmen würden mit höheren Lohnangeboten anderen Vermittlern medizinisches Personal abspenstig machen. Für erfolgreiche Vermittlungen erhalten sie Provisionen, was die Anstellungen für die Auftraggeber aber wieder teurer macht. Dennoch sind Spitäler und Heime auf die externen Personalbüros angewiesen. Mit eigenen Ressourcen könnten sie das benötigte Personal oft nicht finden.

Schweizer Spitälern geht das Pflegepersonal aus.
Foto: Keystone
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Für die temporär eingesetzten Fachkräfte bedeutet dies, dass flexible Einsätze ungewöhnlich gut abgegolten werden. Spezialisierte und im Stundenlohn verpflichtete Aushilfen könnten 30 bis 50 Prozent mehr verdienen als Festangestellte. Wenig überraschend macht das wiederum die Spitalangestellten sauer.

«Nur Symptombekämpfung»

«Ich begreife den Unmut des Stammpersonals über eine Ungleichbehandlung», wird Yvonne Ribi zitiert. Die Geschäftsführerin des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) betont, dass «für alle bessere Bedingungen geschaffen werden müssen». Ein Lösung könne hier die Pflege-Initiative sein, die im November an die Urne kommt.

Mit kurzfristigen Lösungen wie temporären Anstellungen würden nur die Symptome bekämpft, kritisiert Ribi. Die eigentlichen Probleme blieben ungelöst: «Unser Gesundheitswesen ist auf den Normalzustand ausgerichtet, und schon da herrschte ein Fachkräftemangel.» Mit der Corona-Krise sei der Zustand noch schlimmer geworden. Die Gesundheitsinstitutionen müssten im Kampf um Personal bessere Anstellungsbedingungen bieten – sei es mehr Lohn oder mehr Freizeit, findet Ribi.

Tatsächlich betonen die Spitäler, sie würden sich bemühen, attraktive Arbeitsbedingungen anzubieten. Man investiere in die Aus- und Weiterbildung. Dazu gehörten auch höhere Löhne während der Ausbildungszeiten. Und teilweise wird den Angestellten angeboten, die Dienstzeiten mitzubestimmen.

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