Das ist der Startschuss zum Amtsenthebungsverfahren
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Bundesanwalt muss antraben:Das ist der Startschuss zum Amtsenthebungsverfahren

Fifa-Prozess
BLICK klärt die wichtigsten Fragen zur Causa Lauber

Bundesanwalt Michael Lauber muss sich wohl einem Amtsenthebungsprozess stellen. BLICK klärt die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 13.05.2020 um 20:18 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2021 um 16:13 Uhr
Tobias Bruggmann

Heute beginnt der Showdown um Bundesanwalt Michael Lauber (54). Seit 2011 ist er im Amt. BLICK klärt die wichtigsten Fragen zur möglichen Amtsenthebung.

Was wird Lauber vorgeworfen?

Die Liste der Vorwürfe ist lang. Hauptsächlich hängen sie mit dem Prestige-Verfahren des Bundesanwalts zusammen. Lauber trat an, um die Korruption im Spitzensport – konkret innerhalb des Weltfussballverbands Fifa – zu bekämpfen. Dabei ging es unter anderem um die Vergabe von Weltmeisterschaften und Deals um die Fernsehrechte. Und es ging um womöglich unsaubere Geldflüsse im Vorfeld der WM 2006, die als Sommermärchen bekannt wurde. Der Sommermärchen-Prozess ist verjährt, andere Fifa-Prozesse sind gefährdet, da Lauber sich zu Geheimtreffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino (50) hinreissen liess, die unprotokolliert abliefen. Es ist unklar, welche Deals dabei eingefädelt wurden. Zudem steht Lauber wegen seiner unzimperlichen Personalpolitik in der Kritik.

Was ist an den Treffen so schlimm?

Lauber hat sich mindestens dreimal mit Gianni Infantino getroffen, ohne diese Gespräche zu protokollieren. Pikant dabei: Während dieser Zeit führte Laubers Bundesanwaltschaft mehrere Verfahren gegen die Fifa. Lauber wird deshalb Amtsmissbrauch, Amtsgeheimnisverletzungen und Begünstigungen vorgeworfen. Dazu kommt: Noch immer ist unbekannt, wer neben Lauber, Infantino, dem Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold und dem Kommunikationschef der Bundesanwaltschaft beim dritten Treffen noch mit am Tisch im Hotel Schweizerhof sass. Kassenbelege deuten darauf hin, dass noch eine fünfte Person dabei war – alle Beteiligten wollen sich aber nicht mehr daran erinnern können. Koordinationstreffen sind an sich nicht unüblich, aber sie müssen protokolliert werden, damit sie transparent sind.

Die Fifa-Prozesse könnten ein Stolperstein für Bundesanwalt Michael Lauber werden.
Foto: AFP
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Wurde Lauber bereits einmal bestraft?

Die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) stellte Lauber im März ein vernichtendes Urteil aus. Er habe mehrfach die Unwahrheit gesagt, falle durch Uneinsichtigkeit auf und zeige im Kern ein falsches Berufsverständnis. Deshalb wurde ihm der Lohn um rund 25'000 Franken gekürzt. Lauber habe zudem die Untersuchungen der Aufsichtsbehörde behindert. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Der Bundesanwalt hat beim Bundesverwaltungsgericht Rekurs gegen den Entscheid der AB-BA eingelegt.

Wie kann Lauber entlassen werden?

Das passiert mit einem Amtsenthebungsverfahren. Damit formal alles korrekt abläuft, muss ihn die Gerichtskommission (GK) zuerst anzuhören. Ob es zu dieser Anhörung kommt, entscheidet die GK am heutigen Mittwoch. Falls ja, ist die Anhörung für kommenden Mittwoch, 20. Mai, geplant. Nach der Anhörung entscheidet die Gerichtskommission endgültig, ob sie das Amtsenthebungsverfahren einleitet. Ständerat und GK-Chef Andrea Caroni (40) will die Untersuchung weitgehend dem Bundesverwaltungsgericht überlassen, das sich aufgrund der Beschwerde des Bundesanwalts mit dem Fall Lauber befasst. So könnten Doppelspurigkeiten vermieden werden. Kommen genügend Beweise für eine Amtsenthebung zusammen, beantragt die Gerichtskommission der Bundesversammlung die Amtsenthebung. Das Parlament könnte frühestens in der Herbstsession oder allenfalls in der Wintersession über Laubers berufliche Zukunft entscheiden. Die Bundesversammlung wird offen über Laubers Ende als Bundesanwalt befinden. Es ist davon auszugehen, dass sie ihn des Amtes entheben würde, wenn die GK das beantragt. Michael Lauber kann den Entscheid des Parlaments dann wiederum noch anfechten.

Warum hat das Parlament Lauber nicht schon lange abgewählt?

Um Lauber abzuwählen, braucht es das aufwendige Amtsenthebungsverfahren. Jedoch hätten die Parlamentarier 2015 und 2019 die Möglichkeit gehabt, ihn abzuwählen. 2015 wurde er locker wiedergewählt und war auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Dann folgten die Fifa-Ermittlungen und die nicht protokollierten Treffen. Bereits 2019 empfahl die Gerichtskommission deshalb die Abwahl von Lauber. Doch im Parlament fand er eine knappe Mehrheit. Er soll sich in Treffen mit den Parteien erstmals etwas einsichtig und selbstkritisch gezeigt haben, weshalb man ihm noch eine zweite Chance gab. Mittlerweile sagen viele Parlamentarier, die ihn Ende 2019 noch unterstützten, sie hätten mit seiner Wiederwahl einen Fehler begangen.

Was macht eigentlich ein Bundesanwalt?

Der Bundesanwalt ist der Staatsanwalt des Bundes. Er leitet die Ermittlung gegen Straftaten, die gegen den Staat oder die nationalen Interessen gerichtet sind. Darunter fallen neben den Korruptionsermittlung zum Beispiel auch Ermittlungen gegen Jihadreisende, wo Lauber auch einige Erfolge verzeichnen konnten. Aber auch gegen das organisierte Verbrechen und bei grossen Wirtschaftsdelikten ermittelt die Bundesanwaltschaft. Lauber ist quasi der oberste Ermittler der Schweiz.

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