Die wichtigsten Fragen zur 99-Prozent-Initiative
Juso wollen die Reichen schröpfen

Am 26. September stimmt die Schweiz über die 99-Prozent-Initiative ab. Die Jungsozialisten wollen das Vermögen in der Schweiz gerechter verteilen. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 10.08.2021 um 10:52 Uhr
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Aktualisiert: 10.08.2021 um 16:56 Uhr

Die Schere zwischen Arm und Reich wird in der Schweiz immer grösser. Bisher aber scheiterten alle Anläufe, um die Vermögensverteilung zu ändern. Sowohl die 1:12-Initiative als auch die Initiative «Für eine Kapitalgewinnsteuer» wurden abgelehnt. Nun starten die Jungsozialisten (Juso) mit der 99-Prozent-Initiative einen neuen Anlauf. Am 26. September stimmt die Schweiz über das Volksbegehren ab.

Was will die Initiative?
Die Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» der Juso will die Einnahmen auf Kapital ab einer nicht genau definierten Schwelle stärker besteuern. Im Auge haben die Juso etwa Zinsen oder Dividenden. Für Grossaktionäre werden diese im Vergleich zu herkömmlichen Löhnen derzeit nur zu 70 Prozent versteuert. Die Initiative schlägt nun einen neuen Steuersatz von 150 Prozent vor, also anderthalbmal so viel wie die Löhne.

Die Initiative lässt allerdings entscheidende Punkte offen. Nicht nur die stärker zu besteuernden Kapitaleinkommen sind nicht konkret definiert. Genauso unklar ist, ab welcher Höhe der Einnahmen die neue Besteuerung einsetzen soll. Das wäre durch den Gesetzgeber festzulegen. Den Initianten schwebt eine Grenze von 100'000 Schweizer Franken vor.

Mit ihrer 99-Prozent-Initiative wollen die Juso über eine Vermögensumverteilung mehr soziale Gerechtigkeit erreichen.
Foto: Keystone
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Welches Ziel verfolgen die Initianten?
Mit ihrer Initiative wollen die Juso letztlich über eine Vermögensumverteilung mehr soziale Gerechtigkeit erreichen. Die zusätzlichen Steuererträge sollen der sozialen Wohlfahrt und den Wenigverdienenden zugutekommen. Dies zum Beispiel über höhere Kita-Finanzierungen oder höhere Prämienverbilligungen. Oder wie es der inzwischen besser bekannte Name «99-Prozent-Initiative» schon andeutet: Geld soll vom einen reichen Prozent zu den anderen 99 Prozent umverteilt werden.

Wie viel Geld soll umverteilt werden?
Die Juso rechnen mit zusätzlichen Steuereinnahmen von rund zehn Milliarden Franken im Jahr. Für den Bundesrat dagegen ist nicht vorhersehbar, wie viel Geld tatsächlich mehr in die Staatskassen fliesst. Denn noch ist beispielsweise unklar, ab welchen Einkommen die höhere Besteuerung gelten würde.

Wie stellt sich der Bundesrat zu dem Anliegen?
Bundesrat und Parlament empfehlen beide eine Ablehnung der Initiative – ohne Gegenvorschlag. Begründet wird dies unter anderem mit der vagen Gestaltung der Gesetzgebung sowie unabsehbaren Folgen. Gleichzeitig würden bestehende Instrumente bereits den bisherigen Bedarf zur Vermögensumverteilung erfüllen.

Wie argumentieren die Befürworter?
Unterstützt wird die Initiative neben den Juso auch von der SP, den Grünen, der EVP und den Gewerkschaften. Für sie ist das Vermögen in der Schweiz derzeit ungerecht verteilt. Eine stärkere Besteuerung «des reichsten Prozents» soll die übrigen 99 Prozent der Bevölkerung entlasten. Profitieren würden gerade auch Frauen, betonen die Juso. Denn Armut sei vor allem weiblich.

Wie argumentieren die Gegner?
Bekämpft wird die Initiative von SVP, FDP, GLP, der Mitte, von den jeweiligen Jungparteien sowie von den grossen Wirtschaftsverbänden. Sie kritisieren, dass das Volksbegehren ein Problem lösen wolle, wo gar keines bestehe. Immerhin sei die Vermögensungleichheit in der Schweiz geringer als im Ausland. Gleichzeitig sorgen sich die Gegner um die Standortattraktivität des Landes für Investoren. Auch gebe es mit der neuen Steuer keine Anreize mehr, in Start-ups zu investieren. Und wenn die Investitionen fehlten, werde die Innovation ausgebremst, und Arbeitsplätze würden vernichtet. So seien bei weitem nicht nur die Reichsten betroffen, sondern auch die KMU. So würde wegen der erhöhten Besteuerung etwa die Übergabe einer Familienfirma an die nächste Generation teurer, was das KMU schwäche. (dba)

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