«Krisengewinner endlich zur Kasse bitten»
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Juso-Chefin Ronja Jansen:«Krisengewinner endlich zur Kasse bitten»

Juso-Chefin Ronja Jansen zur 99-Prozent-Initiative
«Krisengewinner endlich zur Kasse bitten»

Der Ständerat entscheidet am Dienstag über 99-Prozent-Initiative der Juso. Nach der Corona-Pandemie sieht Juso-Chefin Ronja Jansen die Chancen für das Anliegen steigen. Zumindest im Volk.
Publiziert: 02.03.2021 um 08:59 Uhr
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Aktualisiert: 02.03.2021 um 12:44 Uhr
Ruedi Studer

Die Corona-Krise schlägt voll auf den Bundeshaushalt durch. Der Bund schliesst das Rechnungsjahr 2020 mit einem Rekorddefizit von 15,8 Milliarden Franken ab. Geschuldet ist das Minus natürlich der Corona-Pandemie – wegen Mehrausgaben zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen und wegen Mindereinnahmen.

Das 16-Milliarden-Loch in der Bundeskasse von SVP-Finanzminister Ueli Maurer (70) ist Wasser auf die Mühlen der 99-Prozent-Initiative der Juso. Diese will mit ihrer Initiative nämlich «Kapital gerecht besteuern». Sprich: Kapitaleinkommen wie etwa Dividenden oder Zinsen sollen ab einer gewissen Grenze – beispielsweise 100'000 Franken – 1,5-mal höher besteuert werden als Arbeitseinkommen.

Der Mehrertrag zur Normalsteuer soll für Steuererleichterungen für tiefe und mittlere Einkommen verwendet werden oder die soziale Wohlfahrt wie Prämienverbilligungen, Kinderkrippen oder Pflegeeinrichtungen fliessen. Auf 5 bis 10 Milliarden Franken jährlich beziffern die Juso den Umverteilungseffekt.

2019 haben die Juso – damals noch unter ihrer Präsidentin Tamara Funiciello – ihre 99-Prozent-Initiative eingereicht.
Foto: Keystone
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Vermögende legen trotz Krise zu

Eine Summe, die sich die Vermögenden aus Sicht der Juso locker leisten können. Denn während in der Corona-Krise Angestellte in Kurzarbeit auf bis zu 20 Prozent ihres Einkommens verzichten mussten, darbten viele Vermögende kaum. Die Börse hat sich im Krisenjahr 2020 nämlich rasch erholt.

«Seit einem Jahr wütet die Corona-Pandemie in der Schweiz, doch während das Ersparte von unzähligen Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen wegen Lohneinbussen dahingeschmolzen ist, konnten die Reichsten in der Schweiz ihre Vermögen weiter erhöhen», sagt Juso-Chefin Ronja Jansen (25) zu BLICK.

Sechs Reichste mit 15,5 Milliarden im Plus

Sie hat den Taschenrechner hervorgeholt – das Ergebnis: «Seit Beginn des ersten Shutdowns am 16. März 2020 sind alleine die Vermögen der reichsten sechs Menschen in der Schweiz um 15,5 Milliarden Franken gewachsen.» Also praktisch gleich viel wie das Corona-Loch in der Bundeskasse.

Jansen verweist dabei auf Milliardärsliste des Finanzdienstleisters Bloomberg: Mit Stichdatum vom 18. März 2020 weist dieser für SVP-Nationalrätin und Unternehmerin Magdalena Martullo Blocher (51) ein Vermögen von 5,4 Milliarden Dollar aus, führ ihre Schwester Rahel Blocher (44) 5,3 Milliarden Dollar. Per Ende Februar 2021 hingegen sind die Vermögen auf 8,1 bzw. 7,9 Milliarden Dollar gestiegen. Ein anderes Beispiel: Ernesto Bertarelli (55) hat im gleichen Zeitraum von 15,8 auf 19,6 Milliarden Dollar zugelegt.

Allerdings waren Mitte März die Börsen weltweit bereits abgestürzt, so dass die darauf folgende Erholung übermässig hoch ausfällt. Doch auch im Vergleich mit den Vor-Shutdown-Zeitraum bleibt insgesamt ein sattes Plus – von Ende Februar 2020 bis jetzt gerechnet sind es für die sechs Vermögendsten immer noch gut 12 Milliarden Franken.

«Haupttreiber des Vermögenswachstums der reichsten Schweizerinnen und Schweizer sind Unternehmensanteile, welche in exorbitanten Kapitaleinkommen resultieren», sagt Jansen. «Und genau hier setzt unsere Initiative an.»

Ständerat entscheidet am Dienstag

Am Dienstag nimmt sich der die kleine Kammer des Volksbegehrens an. «Mit unserer Initiative können die Ständeräte der steigenden sozialen Ungleichheit, welche sich durch die Krise verschärft hat, ein Ende setzen und die Krisengewinner endlich zur Kasse bitten», redet die Juso-Chefin den Parlamentariern ins Gewissen.

Die Chance auf eine Mehrheit in der kleinen Kammer ist aber gleich null. Der Nationalrat hat das Begehren mit 123 zu 62 Stimmen bereits deutlich versenkt. Und auch im Ständerat sind keine Ja-Stimmen über das links-grüne Lager hinaus zu erwarten.

Jansen hofft deshalb auf das Volk, denn: «Es wird zum ersten Mal die Frage gestellt: Wer soll für diese Krise und den offensichtlich nötigen Umbau unseres Systems zahlen?»

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