GDK-Präsident Lukas Engelberger im Interview
«Maskentragen im ÖV funktioniert ungenügend»

Der oberste Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger betont: Die Kantone müssen punktuell und schnell reagieren können, wenn die Fallzahlen wieder steigen. Und im Notfall müsse der Bund wieder eingreifen.
Publiziert: 28.06.2020 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 30.06.2020 um 07:33 Uhr
Der Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren-Konferenz, Lukas Engelberger, sieht noch viel Handlungsbedarf
Foto: Keystone
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Interview: Valentin Rubin

Das normale Leben kehrt ­zurück, das Virus ist aber noch da. Macht Sie das nervös?
Lukas Engelberger: Ich beobachte es mit einer gewissen Anspannung. Das Bewusstsein ist zwar da, was mir aber Sorgen macht, sind Tourismus und Ferien. Die Leute brauchen Erholung, es war eine harte Zeit. Aber wir wissen nicht, wie sich die Lage entwickelt, deshalb ist weiter Vorsicht geboten.

Was muss die Politik tun, um die Menschen wachsam zu halten?
Die Hygienemassnahmen immer wieder in Erinnerung rufen. Ich bin gerne der unangenehme, vielleicht nervige Warner, der daran erinnert. Wenn die Fallzahlen dafür tief bleiben.

Diese steigen wieder. Im Ausland sieht man, wie schnell die Lage kippen kann.
Das Risiko lauert überall. Die ­Ausbreitung ist nirgends gleich, das macht die Einschätzung schwierig. Hierzulande müssen die Kantone punktuell agieren: Brandherde schnell löschen, Infizierte und Kontakte aufspüren. Wenn der Pegel aber im ganzen Land wieder steigt, rückt die Bundesebene wieder in den Vordergrund.

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Sind die Kantone ausreichend für eine zweite Welle gerüstet?
Die Kontakte zwischen Gesundheitsdirektoren und Kantonsärzten sind gut, alle sind sehr wachsam. Auch was Konzepte und Contact Tracing betrifft.

In einigen Kantonen müssen Pläne für eine zweite Welle erst bis im Spätsommer erarbeitet sein. Das ist doch zu spät!
Ich kann nicht für alle Kantone sprechen. Aber Betroffenheit und Befindlichkeit sind regional unterschiedlich. Fest steht: Ob und wie es zu einer zweiten Welle kommt, liegt in unseren Händen. Wir müssen uns so verhalten, dass sie möglichst nicht kommt.

Rechnen Sie mit regionalen Lockdowns?
Kantone können Schliessungen von Bereichen des öffentlichen ­Lebens bewältigen. Eine ganze Stadt abzuriegeln, scheint mir aber unrealistisch. Bei einem grossen Ausbruch müsste der Bundesrat nachschärfen. Das kann er in der besonderen Lage. Auch der Bund bleibt im Krisenmanagement gefordert, die Situation ist noch alles andere als harmlos.

Trotzdem trägt kaum jemand eine Maske.
Das Maskentragen im ÖV funktioniert noch ungenügend, einverstanden. Doch das Bewusstsein wächst. Auch seitens der Bahn­betriebe wird nun offensiver kommuniziert. Wir sind aber noch nicht am Ziel. Die Kantone könnten eine Maskenpflicht anordnen, das muss aber mit dem Bundesamt für Gesundheit abgesprochen sein und wäre an eine Verschärfung der Lage gebunden.

Unsere Recherchen zeigen: Jeder Kanton kocht sein eigenes Süppchen. Es droht ein Flickenteppich, was das Maskentragen anbelangt.
Verschiedene Landesteile waren unterschiedlich betroffen. Es gibt unterschiedliche politische Kulturen, eine all­fällige Maskenpflicht hängt sehr stark davon ab. Zudem haben wir in der Schweiz keine Masken­tra­dition. Im Gegenteil: Es gibt kantonale Vermummungsverbote. Masken sind teilweise verpönt. Genauso wie behördliche Anordnungen. Unterschiedliche Positionen sind da wenig überraschend.

Eine Maskenpflicht bleibt bis auf weiteres aus?
Wir unterstützen die Masken­empfehlung vollumfänglich. Aber wenn nötig, behalten wir uns eine Pflicht vor. Die Pandemie kann schnell wieder ein dramatisches Ausmass annehmen.

Persönlich

Lukas Engelberger (45) ist seit 2014 Regierungsrat von Basel-Stadt und Vorsteher des Gesundheitsdepartements. Der CVP-Politiker arbeitete früher als Rechtskonsulent bei Hoffmann-La Roche. Der Vater dreier Kinder ist seit 1. Juni Präsident der Konferenz der Schweizer Gesundheitsdirektoren (GDK).

Lukas Engelberger (45) ist seit 2014 Regierungsrat von Basel-Stadt und Vorsteher des Gesundheitsdepartements. Der CVP-Politiker arbeitete früher als Rechtskonsulent bei Hoffmann-La Roche. Der Vater dreier Kinder ist seit 1. Juni Präsident der Konferenz der Schweizer Gesundheitsdirektoren (GDK).

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