Frank A. Meyer – die Kolumne
Das Beispiel

Publiziert: 05.03.2023 um 08:26 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2023 um 11:45 Uhr

In Windisch sollen Mieter ihre Wohnung für Migranten räumen. So die Kurzfassung des ausufernden Geschehens im Kanton Aargau. Mieter weinen, Behörden bereuen – die Schweiz nimmt Anteil. Woran?

An einem Akt politischer Borniertheit? Schlimmer noch: an den Folgen verheerender Gedankenlosigkeit. Wobei Gedankenlosigkeit die gnädige Umschreibung von Dummheit ist – und Dummheit die Folge jahrelanger Ignoranz.

Denn wer will als Politiker schon wirklich wissen, welche Probleme sich hinter Begriffen wie Flüchtling, Schutzsuchender, Asylant oder Migrant verbergen? Wie viel gesellschaftlicher Explosivstoff sich da über die Jahre zusammengebraut hat?

Blick schloss diese Woche seine Kommentarspalten für Leser. Denn: «Bei gewissen Themen wie Asylwesen, Migration etc. ist die grosse Mehrheit der Kommentare jeweils nicht publizierbar, weil hetzend, rassistisch oder justiziabel.»

Das böse Volk!

Und das gute Volk? Wo ist es? Was tut es?

Es zelebriert die Willkommenskultur für Migranten von Asien bis Afrika, stets die sozialen Probleme der Entwicklungsländer im Auge, heute unter dem Stichwort «globaler Süden» subsumiert. Selbstverständlich auch mit obligat skeptischem Blick auf die sozial erfolgreiche westliche, also die eigene Welt, nicht zuletzt auf den «alten weissen Mann», den Urheber aller Ungleichheit.

So ist denn der Globus fein säuberlich aufgeteilt in Gut und Böse, wie auch die Schweiz fein säuberlich aufgeteilt ist in Gute und Böse, abzulesen am Fall Windisch und der Reaktion darauf in den sozialen Medien.

Es ist die Schlachtordnung, auf die sich auch die Politik eingelassen hat: links der Mitte, in den Farben Rot und Grün leuchtend, die Moral. Rechts der Mitte, vor allem rechts aussen, die zappendustere Unmoral, das Aufeinandertreffen der Menschen, die auf der Suche nach einer besseren sozialen Zukunft ins Land strömen, und der ansässigen Bürger, die diese besseren sozialen Verhältnisse fleissig erarbeitet haben, macht den Kulturkonflikt dieser Welt und dieser Zeit sichtbar, sogar den der Schweiz.

In Windisch führte er zum Eklat.

Was ist Wohnen? Intimste Kultur, persönlichstes Recht, Geborgenheit, Heimat, Zugehörigkeit. Was ist der autoritär verfügte Verlust dieser wohlgeordneten Bürgerlichkeit? Ein schreiendes Unrecht.

Nicht hinzunehmen!

Doch genau so spielt sich Einwanderung seit Jahren ab: als Eindringen fremder Menschen und Kulturen in den gewohnten Alltag im Quartier, im Wohnblock, in der Schule – überall dort, wo Menschen bei der hoffnungsvollen Suche nach einer besseren Welt auf Menschen stossen, die diese ihre bessere Welt bereits geniessen.

Den alteingesessenen Bürgerinnen und Bürgern wird zugemutet, die Neuen, die Migranten zu integrieren, durch Zusammenleben im öffentlichen Raum, von Tür zu Tür, von Pult zu Pult, denn auch Schweizer Schülerinnen und Schüler sind in die Pflicht genommen, die neuen Mitschüler fremder Sprache und befremdender Erziehung mit ihrer hiesigen Kinder- und Jugendkultur vertraut zu machen – statt Messer auf dem Schulhof Spiel und Gespräch, statt Diskriminierung alles Weiblichen Gleichheit der Geschlechter, statt Unterdrückung des Schwächeren Fairness und Freiheit.

Ja, die junge Generation trägt eine grosse Last, eine grosse Verantwortung – wurde aber von dieser Anforderung nie in Kenntnis gesetzt.

Aber die Migranten sind doch eine Bereicherung! So schallt es aus der linksgrünen Echokammer in die engen Kammern einfacher Mieter und Schüler – in die Welt der bescheidenen Fleissigen und schlecht Bezahlten.

Die Bläser der Willkommensfanfaren blasen laut genug, damit es alle hören. Nur fehlt dem dauerbeschallten Volk der Glaube an die Idylle der Einwanderungsgesellschaft. Es erfährt die Wirklichkeit – seine Wirklichkeit! – ganz und gar anders. Es erlebt die Schwierigkeiten und Unvereinbarkeiten, die Reibereien und Kämpfe, seine eigenen Vorurteile und die Vorurteile der Ankömmlinge.

Es ist das Leben selbst, das mit den Migranten gemeinsam bewältigt werden muss. Die linksgrünen Lehrmeister schauen derweil von oben und von fern, mit pädagogisch gerunzelter Stirn und erhobenen Augenbrauen bei dieser schwierigen Übung zu. Was heisst schauen? Den moralischen Warnfinger allzeit erhoben, überwachen sie das Geschehen in den Vierteln der Proletenklasse.

Denn dort, weitab ihrer eigenen urbanen Wohngegend, sollen die Fremden aufgenommen werden. Das bedeutet: nicht in ihren noblen Quartieren, auch nicht in ihren Schulen mit geringem Ausländeranteil.

Das wäre ja noch schöner – Migranten in den exklusiven Wohnreservaten der Genossen und Grünen! Die Rolle der Einladenden spielen sie gern. Aber – Gott bewahre! – nicht die der Gastgeber.

Abgeladen wird anderswo.

Zum Beispiel in Windisch.

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