Dieser «Schweizer» rettet die USA vor Trump
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Corona-Experte Anthony Fauci:Dieser «Schweizer» rettet die USA vor Trump

BLICK auf die USA: US-Korrespondent Nicola Imfeld über Virologe und Präsidenten-Berater Anthony Fauci
Dieser «Schweizer» rettet die USA vor Trump

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um Corona-Experte und Trump-Berater Anthony Fauci.
Publiziert: 03.04.2020 um 07:24 Uhr
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Aktualisiert: 22.05.2020 um 07:59 Uhr
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Er ist Donald Trumps (73) wichtigster Corona-Berater: Anthony Fauci (79). In den USA nennen ihn alle ehrfürchtig beim Doktor-Titel: Dr. Anthony Fauci. Um den kleinen Mann mit Brille ist in den vergangenen Tagen und Wochen ein Hype entstanden. Die Medien loben ihn als die «Stimme der Vernunft». Im Internet wurde derweil eine Petition lanciert, damit Fauci zum «Sexiest Man Alive» gekürt wird.

Der Top-Virologe weiss den Wirbel um seine Person für den guten Zweck zu nutzen. Fauci eilt von Interview zu Interview, leiert pflichtbewusst stets dieselben Anweisungen runter und erklärt so den Amerikanern, wie sie sich gegen das Coronavirus schützen können. An genügend Schlaf ist dabei nicht zu denken. Fünf Stunden sei der absolute Luxus, hat er Mitte März noch gesagt. Nun dürften es weniger geworden sein – die Corona-Krise in den USA ist seither eskaliert.

Kein anderes Land hat so viele Infizierte zu beklagen. Am Donnerstagabend waren es bereits über 245'000 Menschen. Rund 6100 Personen sind in den Vereinigten Staaten an Covid-19 gestorben. Der Hotspot ist der Bundesstaat New York, unter anderem auch die Metropole New York City. Für Fauci eine persönliche Angelegenheit. Er ist an Heiligabend 1940 in Manhattan zur Welt gekommen.

Nicola Imfeld, USA-Korrespondent der Blick-Gruppe.
Foto: Zvg
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Übrigens: Der Mann der Stunde hat auch Schweizer Wurzeln. Ein Vorfahre mütterlicherseits wurde 1829 in Chur geboren, wie die «CH Media»-Zeitungen diese Woche berichteten. Fauci spricht in diesem Zusammenhang von einem Grossvater; auf einer genealogischen Internetseite wird der entsprechende Verwandte allerdings als Urgrossvater bezeichnet.

HIV, Schweinegrippe, Corona

Anthony Fauci ist heute Direktor des nationalen Forschungszentrums für Infektionen. Er hat in seiner Karriere sechs verschiedene US-Präsidenten miterlebt, angefangen von Ronald Reagan (1911-2004) über Bill Clinton (73) bis jetzt zu Trump. Fauci war dabei für viele amerikanische Kämpfe verantwortlich, beispielsweise für den gegen die HIV-Epidemie in den Achtzigerjahren. Oder 2009 gegen die Schweinegrippe, als er die Regierung von Barack Obama (58) unterstützte.

Auch jetzt während der Covid-19-Pandemie kämpft Anthony Fauci an vorderster Front. Nur ist der Präsident an seiner Seite diesmal ein höchst impulsiver Mann, dem es vorwiegend um sein persönliches Wohl geht. Wie Donald Trump in der Corona-Krise versagt und weshalb er die Gefahren über Wochen hinweg bewusst heruntergespielt hat, zeigte BLICK bereits auf.

Fauci tritt zusammen mit Trump jeweils um 17 Uhr Ortszeit in Washington vor die Medien und liefert das tägliche «Corona-Update». Auffällig dabei: Während der US-Präsident fast immer positive Prognosen abgibt, hält sich Fauci knallhart an die Fakten. Bedeutet: Wenn Trump wieder mal davon schwafelt, dass das Schlimmste vorüber sei und die Corona-Fallzahlen bald sinken würden, steht Fauci mit gesenktem Kopf daneben. Sobald der US-Präsident fertig ist, tritt er ans Mikrofon und sagt den Amerikanern, was wirklich Sache ist. Das klingt dann so: «Es wird zuerst sehr viel schlimmer werden, bevor es besser wird.»

Trump kann Fauci nicht loswerden

Dass ein Beamter dem US-Präsidenten öffentlich widerspricht, ist ungewöhnlich. Trumps Minister oder sein Vize Mike Pence (60) würden es niemals wagen, ihrem Boss öffentlich kontra zu geben: Nach drei Jahren im Amt hat der Präsident ein Kabinett von Ja-Sagern um sich geschart.

Trump dürfte an Fauci also keine Freude haben. Etwas gegen den allseits beliebten Doktor unternehmen kann er aber kaum. Denn: Als Trump Fauci vor gut einer Woche nicht zum täglichen «Corona-Update» mitnahm, drehten die Amerikaner beinahe durch. Auf Twitter entstand der Hashtag #WhereIsFauci (übersetzt: Wo ist Fauci). Und die US-Medien bombardierten den Präsidenten mit Fragen über den Verbleib des Virologen. Schon am nächsten Tag stand er wieder an der Seite Trumps.

Wie Fauci mit Trump umgeht

Wenn Fauci seinem Boss nicht widersprechen muss, tut er es auch nicht. Seine Taktik erklärte er der «New York Times» so: «Ich will nur die Fakten herausfinden. Und statt zu sagen: ‹Sie irren sich›, ist es besser, immer wieder über Daten und Belege zu sprechen.» Und das nützt offenbar: Fauci konnte Trump von der verheerenden Idee abbringen, die Ausgangssperren an Ostern aufzuheben und das Land wieder zu öffnen. Stattdessen verlängerte der Präsident die Vorschriften bis Ende April.

Dr. Anthony Fauci hat also geschafft, was kaum einem Experten oder Wissenschaftler zuvor gelungen ist: Trump von Fakten zu überzeugen.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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