Für Sie degustiert: Tenuta di Trinoro
Wein zwischen Tibet und Harry Potter

Andrea Franchetti macht in der Toskana an einem Ort Wein, wo sonst niemand Wein macht. Und nennt diesen Flecken Erde «mein Tibet». Ein Mythos!
Publiziert: 15.03.2016 um 17:33 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2018 um 13:45 Uhr
Andrea Franchetti, fast schon meditierend und anmutig seine wertvollen Magnums (rund 500 Franken pro Flasche) betrachtend.
Foto: Alain Kunz
1/7
Alain Kunz

«Wir sind hier an einem Ort, da sind nur wenige Lagen geeignet für Wein», beginnt Franchetti die Vorstellung seines Gutes, der Tenuta di Trinoro. Wenn ein Winzer speziell darauf hinweist, dann wird es ganz gewiss eine spezielle Bewandtnis haben mit diesem Fleckchen Erde.

Wir befinden uns in der Nähe von Sarteano im Südosten der Toskana. Ein 4800-Seelen-Dörfchen 60 Kilometer entfernt von Siena, das wegen des Weinbaus nie Schlagzeilen produziert hatte. Letztes Jahr war es unter Harry-Potter-Fans indes in aller Munde, wurde doch dort die erste Muggel-Quidditsch-Europameisterschaft durchgeführt.

Die Tenuta di Trinoro im Val d'Orcia. «Mein Tibet» nennt Andrea Franchetti diesen Flecken Erde.
Foto: ZVG

Hier also hat Franchetti entschieden, Wein zu machen, fast wie ein Eremit. Auf einer Anhöhe von 400 bis 500 Metern zwischen zwei Bergen, die wie eine grosse Schale aus blauem Ton wirkt. «Durch das Gebirge ist diese Lage im Val d’Orcia geschützt», präzisiert der Winzer.

Gefunden habe er diesen Flecken Erde nicht, weil er um jeden Preis neue Lagen suchte. «Ich habe den Ort für mich entdeckt, als ich mich in ein Bauernhaus hier verliebte. Mein erster Gedanke: ‹Verglichen mit dem hässlichen Bolgheri ist das eine so schöne Region.› Erst dann kam die Überlegung: ‹Hey, hier kann man auch Wein machen!›» Und so wurde aus dem Freigeist Franchetti, der in Künstlerkreisen aufwuchs, eine Veloreise nach Afghanistan unternahm, auch in New York lebte und Restaurants führte, der Bergwinzer Franchetti..

Bergbauer, okay. Aber Wein im Bordeaux-Stil sollten es schon sein. Eine Pilgerfahrt nach Bordeaux lässt ihn die Philosophie der dortigen Wein verstehen. Cabernet Sauvignon und Franc, Merlot und Petit Verdot. «Das ist meine Welt. Und diese wollte ich hierher transportieren, an diesen bizarren Ort, in dieses bizarre Klima. Hier zeigen die Rebstöcke ein verdrehtes Verhalten, die Weine sind überraschend und haben einen einzigartigen Stil. Ich nenne das Plateau auch Tibet…»

Was für eine Vertikale in Caduff's Wineloft in Zürich! Trinoros ausschliesslich in Magnums.
Foto: Alain Kunz

Französische Fachleute helfen beim Anbau. Ebenso wie ein Spezialtraktor für den Einsatz am Hang und in engen Rebzeilen. 1997 kommt der erste Jahrgang auf den Markt. Kein schlechtes Timing, gleich einen Jahrhundert-Jahrgang zum Start ins Rennen zu schicken! «Mittlerweile haben die Rebstöcke also das perfekte Alter», so Franchetti während eines Besuchs in Zürich, bei dem er zwölf Jahrgänge in Magnum-Flaschen ausschenkt.

Ergebnis? Die Weine sind Monumente! Ausser vielleicht der neueste Jahrgang, der 2013er. «Mein erster kühler Jahrgang überhaupt», sagt Franchetti. Die Kühle ist dem «Tibet-Wein» gar nicht bekommen. Er wirkt recht grün und dünn. Hier die zwei besten Jahrgänge und die Punktzahlen der übrigen:

DIE ZWEI BESTEN TRINOROS

Tenuta di Trinoro 1997: Welch ausladende Nase! Fantastische Würze, Kraft, Tertiäraromen der frischen Sorte, etwas Nagellack-Entferner, im Gaumen wohl leicht spitz mit rechter Säure und lebhaften Tanninen, aber wunderbare Frische und ein tolles Finale. Score: 18,5/20

Tenuta di Trinoro 2011: Mächtige Nase, Frucht-Potpourri, Zwetschgen, Chriesi, etwas Alkohol, im Gaumen geschmeidig-seidig, sehr reife Tannine, Wucht und Druck, Fülle, wunderbare Frische, Wahnsinns-Länge. Wow! Da erübrigen sich weitere Worte. Score: 18,5/20

DIE ÜBRIGEN JAHRGÄNGE

  • 1998: 18/20
  • 2000: 18/20
  • 2001: 17,5/20
  • 2003: 18/20
  • 2006: 18/20
  • 2007: 17,5/20
  • 2008: 17,5/20
  • 2009: 17,5/20
  • 2012: 17/20
  • 2013: 16,5/20

(Der Trinoro kostet bei Importeur www.zanini.ch 230 Franken. Aktuell erhältlich ist der Jahrgang 2009.)

 

DER «KLEINE» TRINORO

Le Cupole Trinoro 2013, Rosso Toscano IGT: Massive würzig-rustikale Nase, erdig, etwas Alkohol, im Gaumen Schmelz, samten, präsente Säure, rechte Tannine, elegant, mineralisch, etwas spitzes, aber frisches und recht langes Finish. Score: 17/20 (CHF 37.--. www.zanini.ch)

 

DIESE WINZER HABEN EIN GANZ GROSSES HERZ

Das sind die Winzer mit Herz (v.l.): Master of Wine Markus Del Monego, Moderator Kurt Aeschbacher, Sandrine Logette-Jardin von Duval-Leroy, Schloss Vollrads, Château Lafaurie-Peyraguey-Besitzer Silvio Denz, Patrick Bayer, Cantine-Bertani-Direktor Andrea Lonardi und Gerhard Kracher.
Foto: Alain Kunz

Kracher - ein Name, Synonym für Weltklasse-Süssweine. Und Gerhard Kracher beweist Humor.
Foto: Alain Kunz

Im altehrwürdigen Zürcher Kongresshaus findet alle drei Jahre eine ganz spezielle Gala statt: das Diner de Charité des Lions Clubs Zürich-Airport. Schweizer Spitzenköche sind fürs Menü besorgt, Topwinzer aus aller Welt (aber kein Schweizer, leider…) für die eher feuchten Träume. Der Erlös kommt vollumfänglich dem Universitäts-Kinderspital Zürich zugute. Genauer Kindern mit schweren Zerstörungen von Haut und Gliedmassen nach einer fulminanter Sepsis, einer unheimlich schnell verlaufenden Blutvergiftung, oder nach schweren Verbrennungen.

Jeder der Winzer spendete 120 Flaschen von einem seiner Topweine. Da kann man nur den Hut ziehen, zum Beispiel vor Süsswein-Kultproduzent Gerhard Kracher (Foto). Aber auch vor allen anderen. Zum Weintechnischen: Wir ziehen den Hut auch vor dem In Signo Leonis 2011 von Heribert Bayer aus dem Burgenland. Eine fantastische Cuvée! Der beste Wein des Abends.

In Signo Leonis 2011, Heribert Bayer, Neckenmarkt, Österreich: Enorm kräftige, recht rauchige Nase, Würze, eingekochte Pflaumen , schwarze Chriesi, im Gaumen leichtes Parfüm, viel Druck, schöne Säure, präsente, feine Tannine, bleibt schlank und frisch, kräuterige Noten gegen Ende, die Länge ist toll! Score: 18/20 (kostet in Österreich ab Hof € 71.90. In der Schweiz gibts Bayer-Weine bei www.selection-schwander.ch, nicht aber das im Zeichen des Löwen stehende Flaggschiff.)

WAADTLÄNDER VERDIENSTORDEN FÜR CHANDRA KURT

Chandra Kurt stolz mit dem ersten Verdienstorden des Waadtländer Weins.
Foto: ZVG

Neues aus dem Waadtland: Das Office des Vins Vaudois hat einen neuen Titel geschaffen, jenen eines Commandeurs de l’Ordre des Vins Vaudois. Unlängst wurde der erste dieser Orden verliehen, der an Persönlichkeiten geht, die das Ansehen der Waadtländer Weine stärken. Erste Preisträgerin ist die Autorin Chandra Kurt. Die in Indien aufgewachsene Kurt hat sich den Orden verdient mit ihrem Buch «Chasselas – von Féchy bis Dézaley», mit ihrer eigenen Chasselas-Reihe, die es seit 2011 gibt und weil sie den Dialog zwischen West- und Deutschschweiz fördert. So fand die Zeremonie denn auch im Zürcher Clouds statt und nicht auf irgendeinem Gut am Lac Léman.

Wir haben die Gelegenheit genutzt und drei von sechs Weinen aus Kurts Waadtländer Kollektion degustiert. Hier der beste:

Dézaley Grand Cru 2014, Collection Chandra Kurt No 06, Lavaux, Mise d’origine par Bolle & Cie. SA, Morges: Ausladende Nase zwischen vegetalen Noten und Mineralität, im Gaumen Lindenblüten, Pfirsich, leichter Honig, schöner Schmelz, Kalkstein, Power im zweiten Gaumen, Bittermandeln im recht langen Finish. Score: 16,5/20 (CHF 24.--. www.bolle.ch)

 

WEIN DER WOCHE: MATHIERS AMBASSADEUR WEISS

Da waren wir ja gespannt wie ein Hunnen-Pfeilbogen auf die zweite Ausgabe des weissen Flaggschiffs von Diego Mathier. Der Erfolg des Domaine des Ambassadeur Diego Mathier weiss, einer Assemblage aus Heida, Ermitage und Petite Arvine, war ja gewaltig! An den Decanter World Wine Awards erhielt er die Regional Trophy für den besten Weisswein der Region und wurde mit mindestens 95 Punkten benotet. Da stellt sich jedem Winzer die bange Frage: Kann ich das wiederholen?

Cédric Leyat, der Önologe, sowie Nadia und Diego Mathier, die Masterminds dahinter, konnten! Weshalb wir den weissen Botschafter zu unserem Wein der Woche machen.

Ambassadeur des Domaines Diego Mathier weiss 2014: Wunderschöne expressive Nase mit leichten Honig- und Melonennoten, wuchtig, schöne Mineralität, Rauch, im Gaumen Schmelz, Eleganz, Power, etwas Vanille und Butter, mundfüllend, kräuteriges, sehr langes Finish. Score: 18/20 (CHF 38.--. www.mathier.com)

 

 

WO GIBTS WAS ZU DEGUSTIEREN?
  • 14. bis 16. März. 14-20 Uhr. Giro d'Italia. 50 Meisterwerke mit über 90 Punkten. Am Montag im Hotel Les Trois Rois in Basel, am Dienstag im Hotel Schweizerhof in Bern, am Mittwoch im Hotel Schweizerhof in Luzern. Eintritt: CHF 20.-- inkl. Warengutschein in dieser Höhe. www.caratello.ch.
  • 17. März. 17 bis 21 Uhr. Österreichische und deutsche Weine. Einige Winzer sind persönlich anwesend. 40 Weine können verkostet werden. Dazu gibts passende Speisen. Eintritt: CHF 20.--. Paul Ullrich AG, Laufenstrasse 16, Basel. www.ullrich.ch.
  • 17. März. 16-20 Uhr, Italien, Schweiz und Österreich. Eine feine Auswahl des Gerstl-Sortiments aus diesen drei Ländern. Gratis. Anmeldung an events@gerstl.ch. Ziegelhüsli, Gastronomie & Hotel, Bernstrasse 7, Deisswil/Stettlen. www.gerstl.ch.
  • 14. bis 16. März. 14-20 Uhr. Giro d'Italia. 50 Meisterwerke mit über 90 Punkten. Am Montag im Hotel Les Trois Rois in Basel, am Dienstag im Hotel Schweizerhof in Bern, am Mittwoch im Hotel Schweizerhof in Luzern. Eintritt: CHF 20.-- inkl. Warengutschein in dieser Höhe. www.caratello.ch.
  • 17. März. 17 bis 21 Uhr. Österreichische und deutsche Weine. Einige Winzer sind persönlich anwesend. 40 Weine können verkostet werden. Dazu gibts passende Speisen. Eintritt: CHF 20.--. Paul Ullrich AG, Laufenstrasse 16, Basel. www.ullrich.ch.
  • 17. März. 16-20 Uhr, Italien, Schweiz und Österreich. Eine feine Auswahl des Gerstl-Sortiments aus diesen drei Ländern. Gratis. Anmeldung an events@gerstl.ch. Ziegelhüsli, Gastronomie & Hotel, Bernstrasse 7, Deisswil/Stettlen. www.gerstl.ch.
Mehr

 

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?