Für Sie degustiert: Italien-Potpourri
Sackstarke Weine von «Eingeborenen» aus Bolgheri

Die Schweizer trinken mehr italienischen als einheimischen Rotwein. Gewaltig! Deshalb liegt unser Augenmerk neben der Schweiz sehr stark auf Italien. Diesmal gehts um «Aborigenes» in Bolgheri, einen Starfotografen/Winzer, drei Mal drei Gläser und die neuen Jahrgänge von Monteverro.
Publiziert: 16.02.2016 um 16:29 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2018 um 03:53 Uhr
Paola De Fusco beim Entnehmen einer Barriqueprobe: Sie ist ein echtes Maremma-Kind.
Foto: Alain Kunz
1/6
Alain Kunz

Unsere Reise startet im Zentrum des Stiefels, in der Toskana: Bolgheri. Grosskonzerne und Weingiganten haben sich hier ihr Plätzchen ergattert, um im Konzert der italienischen Bordeaux mitzuspielen. Laut und zuvorderst. Die Appellation Bolgheri ist klein. 1200 Hektaren umfasst sie heute. Wachstumspotenzial gibt es keines. Die Preise sind deshalb häufig horrend.

Umso schöner, dass es einheimische Relikte gibt, die es verstanden haben, in diesem Haifischbecken mitzuschwimmen. Mit sorgfältigster Produktion, die zu aussergewöhnlichen Weinen führten. Zu etwas Bolgheri-untypischen Gewächsen. Weniger mächtig-konzentriert. Filigraner-säurebetonter.

Stefano Granata und Paola De Fusco: Die beiden Einheimischen machen tolle Bolgheri-Weine.
Foto: Alain Kunz

Zu dieser Spezies gehören Stefano Granata und Paola De Fusco. Nun, ganz lupenreine Bolgheresi sind auch sie nicht. Stefanos Eltern zogen von Mailand nach Castagneto Carducci, als er fünfjährig war. Paolas Familie kommt aus dem nahen Cecina und züchtete Bienen. Stefano war Elektroingenieur, Paola ihrerseits studierte in Pisa Agrikultur mit Schwerpunkt Önologie. Und so ergab es sich, dass die beiden heirateten. Und beschlossen, auch beruflich gemeinsame Sache zu machen. Auf ihren zwei Parzellen von total 3,5 Hektaren rissen sie 2002 alles aus. Sie pflanzten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Syrah.

Es ist enorm sauber in der Cantina von I Luoghi, das fällt umgehend auf. «Stimmt», sagt Stefano. «Wir wollen so sauber wie nur irgend möglich arbeiten, um den Schwefelgehalt so tief wie möglich halten zu können.»

14 einzelne Barriques-Lesen schlummern in den kleinen Holzfässern und warten auf ihre Assemblage. Die Trauben für den Hauptwein, den Campo al Fico, der auf drei Vini-d‘Italia-Gläser abonniert ist, schlummern 18 Monate vor sich hin. Um nach dem Verschnitt nochmals für ein halbes Jahr in die Barrique zurückzukehren. Und dann bleibt die Assemblage mindestens zehn Monate in den Flaschen, bis der Wein auf den Markt losgelassen wird.

In diesem typischen und irgendwie unscheinbaren Toskaner Landhaus werden die Weine von I Luoghi gemacht.
Foto: Alain Kunz

Auf I Luoghi wird aber nicht nur sauber, sondern auch äusserst sorgfältig gearbeitet. So werden die Trauben von Hand gelesen und in kleinen Kistchen in den Keller gebracht. Zum Starten der Gärung werden keine Zuchthefen benutzt. Umgepumpt wird während der 20 Gärungstage auch nicht. Der Tresterhut wird vielmehr fünf bis sechs Mal pro Tag manuell untergezogen.

Und was bleibt am Ende? Erstmal zwei Weine, die beide die DOC Bolgheri Superiore haben, was wohl einmalig ist. Es sind Lagenweine, die tatsächlich keinem Bolgheri-Allerweltstil folgen. Eigenständige Weine. Jedes Jahr anders. Und auch nicht immer gleich verstanden. Vini d’Italia hat dem 2012 Campo al Fico zum Beispiel ein mickriges Gläschen gegeben. Kopfschütteln! Die Degustation der Barriqueprobe vier Wochen vor Abfüllung zeigte ein ganz anderes Bild, das eher in Richtung drei Gläser ging. Nämlich eine exorbitante Nase, noch recht grüne Tannine, dennoch hohe Eleganz, viel Frische und eine tolle Länge. Und was brachte die Degu des fertigen Weins? Dasselbe Bild. Tre bicchieri. Drei Kunz-Gläser!

DIE WEINE VON I LUOGHI

Drei-Gläser-Abonnent: Der Campo al Fico von I Luoghi.
Foto: Alain Kunz

Campo al Fico 2012 (80% Cabernet Sauvignon, 20% Franc, Foto): Das nenne ich dann mal einen Mittelmeerwein! Frisch, kräuterbetont, knackig. Ein Trinkfluss wie das Säuseln des gekrausten Meereswassers. In der Nase Holznoten, Würze, reife dunkle Früchte, im Gaumen tolle Textur, reife, prägende Tannine, Mundfülle, Minze, Finesse und gleichzeitig Ecken und Kanten, tolle Länge. Score: 18/20 (CHF 57.10. www.tamborinivini.ch)

Campo al Fico 2011 (80% Cabernet Sauvignon, 20% Franc): Tolle, leicht parfümierte Nase, Vanille, Zigarrenrauch, Kaffee, im Gaumen elegant, kräuterig, grasig, druckvoll, wunderschöne Textur, reife Tannine, tolle Länge. Super! Score: 18/20 (CHF 57.10. www.tamborinivini.ch)

Jahrgang 2010: 17,5/20

Podere Ritorti 2012 (80% Cabernet Sauvignon, 10% Franc, 5% Merlot, 5% Syrah): Enorm frische Nase, Lakritze, leichtes Parfüm, Lavendel, im Gaumen knackig-elegant, feinkörnige Tannine, minzig, ein Wein wie ein Fisherman’s Friend aus Bolgheri, man inhaliert ihn förmlich – trinkend. Und er hallt lange nach. Score: 18/20 (CHF 31.--. www.tamborinivini.ch)

Podere Ritorti 2011 (80% Cabernet Sauvignon, 10% Franc, 5% Merlot, 5% Syrah): Tolle Fruchtnase, wild-animalisch, irgendwo zwischen Waldbeeren und Kirchen, kräftig, im Gaumen feingliedrig, etwas grünlich, schlank, macht Lust auf mehr, frisches, langes Finale mit dezenter Säure. Score: 17,5/20 (CHF 31.--. www.tamborinivini.ch)

Jahrgang 2010: 16,5/20

Jahrgang 2008: 17,5/20

Und die drei reinsortigen Weine? Eine Barrique gibts von jedem der drei Gewächse. 300 Flaschen. Mikroproduktion. 24 Monate schlummern die Tropfen im französischen Edelholz. Danach? Unfiltriert. Ungeschönt. Natur pur im Glas. Sie sind eine Wucht! Here we go:

Stark – und enorm rar: Der reinsortige Cabernet Sauvignon von I Luoghi.
Foto: Alain Kunz

Sassosolo Toscana IGT 2012 (Cabernet Sauvignon, Foto): Mächtige Nase, viel Würze, Nägeli, eingekochte Brombeeren, viel Druck, erdig-animalisch, enorme Fülle, eukalyptisch-minzig, Lakritze im enormen, von gewaltigen Tanninen geprägten Finish, nach dem Dekantieren körnig-präsente Tannine, die perfekt wirken, Wahnsinns-Abgang. Score: 18/20 (CHF 75.--. www.tamborinivini.ch)

Sassosolo Laschi Toscana IGT 2012 (Cabernet Sauvignon): Leicht ätherische Nase, portish, Weinbrand, Tertiäraromen und Chriesikompott, im Gaumen kräuterig-frisch, prägende Tannine, zarter Fluss, gegen Ende sogar recht austrocknend, Mittelmeer-Frische im Lavendel-Finish. Score: 17,5/20 (CHF 75.--. www.tamborinivini.ch)

Fuorisolco Toscana IGT 2012 (Cabernet Franc): Sehr dunkle, teerige Nase, Schokolade, Holzkohle, Kaffeerösterei, eingekochte Pflaumen, im Gaumen schwere Süsse, happige Tannine, wenig Säure trotz aller Üppigkeit nicht überbordend, eukalyptisches, ausladendes, langes Finale. Score: 17,5/20 (CHF 75.--. www.tamborinivini.ch)

GEFUNDEN! EIN STARKER BOLGHERI-VERMENTINO

Wie oft war ich schon in der Region Bolgheri. Wein-Eldorado! Rotwein. Weiss? Einige (überteuerte) Chardonnay. Der auch sehr teure Sauvignon Poggio alle Gazze von Ornellaia. Der noch viel teurere und auf dem freien Markt unauffindbare neue weisse Ornellaia. Und sonst? Vermentino links, Vermentino rechts. Meistens flache, aschfahle, müde Weine. Hier nun die grosse Ausnahme. Der Le Grottine 2013 von Giovanni Chiappini aus Bolgheri: Die Nase ist faszinierend mineralisch, Kalk und Feuerstein dringen da durch, aber auch Ananas und vegetale Noten, im Gaumen hat er viel Schmelz, das Süsse-/Säurespiel stimmt, die Struktur auch, er ist elegant und trinkig zugleich, bis zum frischen mittellangen Finish. Kein Zufall, hat doch Chiappini seine Reben in unmittelbarer Nachbarschaft zu Ornellaia. Score: 17/20 (CHF 20.--. www.unicovino.ch)

STARFOTOGRAF GOES WINE: OLIVIERO TOSCANI

Oliviero Toscani in seinem Element im vielleicht besten Fischrestaurant der Toskana, dem La Pineta in der Marina di Bibbona.
Foto: Alain Kunz

Auch der noch! Ja, auch der noch. Ein weiterer Promi, der in der Toskana Wein macht. Cavalli, Bocelli, Sting. Und jetzt Toscani. Nach fast 20 Jahren hat der Starfotograf bei Benetton den Bettel hingeschmissen. Einfach so. Aus ideologischen Gründen. Nach Dutzenden aufsehenerregenden Schock-Werbekampagnen. Der Mann ist ein Ereignis! Nun ist er zwar ruhiger geworden. Ruhiger - aber keineswegs ruhig! In Nachbarschaft des Weinpaten Angelo Gaja hat der ehemalige Student an der Kunstgewerbeschule Zürich sich Reben gekauft und  produziert seine eigenen Weine. Toscani hat drei Jahrgänge seines Hauptweins zum Nachtessen mit den befreundeten Gajas mitgebracht. Und sowohl wir wie auch Italiens Starwinzer Nummer eins waren begeistert vom Jahrgang 2008 des OT. Der 2009er hingegen war zu grün-vegetal, wie auch die (noch) unreif und zu wenig konzentriert wirkende 14er-Probe.

Die drei bisherigen Jahrgänge des OT.
Foto: ZVG

OT 2008 (50% Syrah, 35% Cabernet Franc, 15% Petit Verdot), IGT Toscana: Minime Tertiäraromen, etwas Leder, Zigarrenkiste, Würze, auch schöne Frucht, Pfeffer, eingekochte Pflaumen, erstaunlich elegant im Gaumen, feine Tannine, viel Druck, eukalyptisches, und recht rustikales Finale. Score: 17,5/20 (CHF 33.--. www.topweinshop.ch)

 

 

DREI MAL DREI GLÄSER – SIE WISSEN SCHON

In Italien ist es zu einer Art Volkssport geworden, über den Führer „Vini d’Italia“ von Gambero Rosso herzuziehen. Das ist jener Führer, der Gläser verleiht. Eines bis drei. Es ist auch jener Führer, der als einziger für den für die Italiener enorm wichtigen deutschsprachigen Markt übersetzt wird. Präzisierung: war es. Denn neuerdings gibts auch Luca Maronis Pocket-Weinführer «Jahrbuch der besten italienischen Weine» auf Deutsch. Diesen stellen wir an dieser Stelle später einmal vor.

Vini d'Italia erscheint überdies auf Englisch und Chinesisch. Irgendwas machen die Jungs von Gambero Rosso also richtig. Und ja, Gianni Fabrizio, einer der Herausgeber lässt es sich nicht nehmen, jedes Jahr zumindest an einen Anlass in die Schweiz zu reisen, um seinen Horizont zu erweitern. Was gerade bei den oft selbstverliebten Italienern keine Selbstverständlichkeit ist.

Schnöderei hin oder her: Wenn ein Winzer die begehrten drei Gläser ergattern kann, ist er sich oder seine Vertriebsfirma nicht zu schade, damit auf Publicity-Tour zu gehen.

Unbeirrt halten wir den eben in der deutschen Übersetzung erschienenen Führer für den wichtigsten aus Italien. Ja selbst europaweit ist er führend. Für die aktuelle Ausgabe wurden über 45 000 Weine aus 2400 Kellereien von 60 Experten blind getestet. Schliesslich schafften es 22 000 Weine in den Führer. 421 erhielten die Höchstauszeichnung. Davon kosten 111 in Italien weniger als 15 Euro.

Macht das durstig? Lust auf Wein? Klar doch! Hier die Abhilfe. Wir haben auf der Vini-d’Italia-Tour viele Weine degustiert und präsentieren ihnen nun drei Topshots mit Schweizer Importeur, die im aktuellen Führer mit drei Gläsern bedacht wurden. Einen Blöterliwein, einen Weissen und einen Roten. Kleiner Geheimtipp: So viel Weissen für 14 Franken kriegen sie ganz, ganz selten! Here we go:

Cartizze Brut V. La Rivetta, Villa Sandi, Veneto: Das mit dem Prosecco ist so eine Sache. Champagner-Liebhaber verunglimpfen die in Tankgärung hergestellten Produkte pauschal als Fusel. Manchmal zurecht, aber bei weitem nicht immer. Dieser Prosecco aus der Einzellage Cartizze hoch oben in den Valdobbiadene-Hügeln ist würzig, hefig, frisch, mineralisch, die Perlage ist wunderbar säuselnd, die Länge toll. Und die starken Hefenoten gemahnen tatsächlich an einen Champagner. Score: 17/20 (Einen Teil der Weine von Villa Sandi finden sie bei www.rietschi-getranke.ch)

3 Gläser, 17 Punkte, 14 Franken: Fantastische Zahlen für einen Vermentino!
Foto: Alain Kunz

 

Vermentino die Gallura Superiore Monteoro 2014, Tenute Sella & Mosca, Sardegna (Foto): Tolle Nase, viel Frucht, Pfirsich, Lychees, Mineralität, im Gaumen Schmelz, knackige Säure, Power, mundfüllend, langes Finish, sehr trinkig! Score: 17/20 (CHF 14.--. www.bindella.ch)

Fontalloro 2010, Fattoria di Felsina, Toskana: Der Fontalloro ist ein unerschütterliches Sangiovese-Monument! Dieser Jahrgang besticht durch eine frisch-fruchtige Nase, die expressiv ist, wunderbare Würze, grossartige Harmonie und Rundheit, die Säure ist bloss Rückgrat, das Finale balsamisch und lang.Score: 17,5/20 (CHF 48.50. www.globalwine.ch)

Dasselbe BLICK-Score erreichte der Nerello Mascalese Sosta Tre Santi 2010 der Cantine Nicosia am Fusse des Ätna auf Sizilien: Ein Wein, teerig, mit Holzkohle-Aromen, der burgundisch-feingliedrig daherkommt, kräuterig ist, nach roten Beeren duftet, dennoch Kraft hat und durch ein tolles Finish besticht. Im „Vini d’Italia wurde er mit zwei roten Gläsern bedacht, was bedeutet, das er in der Endausmarchung für die Drei-Gläser-Weine stand, es jedoch nicht ganz schaffte. Wir hätten sie ihm gegeben... Score: 17,5/20. )CHF 33.50. www.obrist.ch)

Und last but not least etwas aus der Kiste Jugenderinnerungen. Haben Sie als „Halbstarke“ nicht auch Lambrusco getrunken? Süffig, billig, süss? Und heute verdrehen sie die Augen beim Gedanken an diese Jugendsünde. Warum auch? Es gibt durchaus Qualitäts-Lambrusco. So einer ist der Grasparossa di Castelvetro Vigneto Cialdini 2014 der Tenute Agricole Cleto Chiarli aus der Emilia Romagna. Ein Wein mit dezenten Himbeernoten in der Nase, der leicht prickelt, aber auch stützende Säure und Fülle aufweist und spannend bleibt bis ins kräuterige Finale. Score: 16/20. (Einen Teil der Weine von Cleto Charlis finden sie bei www.zanini.ch)

NEU: CHANDRAS WEINSELLER-MAGAZIN

Chandra Kurt ist eine umtriebige Weinjournalistin. Sie schreibt nicht nur einfach über Wein und gibt Bücher heraus. Sie ist auch Herausgeberin des Weinsellers, jenes Büchleins, in welchem sie die Weine der Discounter genauer unter die Lupe nimmt. Und sie hat eigene Weinlinien kreiert – im Wallis, im Waadtland und im Tessin. Neuerdings gibt sie such ein Magazin heraus, das Weinseller-Journal. Eben ist die erste Nummer erschienen. Chandras Idee: «Ich will das Thema Wein ganz einfach und nachvollziehbar erklären.» Ein Unterfangen, das ihr gut gelingt. Aufmacher des ersten Magazins ist das Schweizer Toskana-Weingut Brancaia. Dann stellt Chandra die besten Weine aus dem Weinseller 2016 vor sowie die im Winter bestgeeigneten Gewächse. Und ihre eigene zusammen mit Provins kreierte Wallis-Linie. Sie präsentiert sechs Neuentdeckungen, die sie in ihren Kühlschrank gelegt hat. Preispalette: Von 15.10 bis 160 Franken. Spannend: Unter ihnen der weisse Ornellaia. Der Rest ist Basiswissen: Ein Lexikon, Tipps für den eigenen Weinkeller, Jahrgangstabellen, Rezepte, Reisetipps. Unter dem Strich: Ein Magazin, das sich wirklich an alle Weinliebhaber richtet. Will heissen: Nicht nur Kenner. Gut so. (Weinseller-Magazin. Einzelnummer: CHF 14.--. Jahresabo, vier Ausgaben: CHF 48.--. Am Kiosk oder bestellbar bei www.chandrakurt.com)

WEIN DER WOCHE: NEUENBURGER NON FILTRÉ

Grosse Tradition in Neuenburg: non filtrè. Hier die schwefelfreie Variante der Domaine de Chambleau.
Foto: Alain Kunz

Im Neuenburgerland ist es Tradition, im Januar einen Chasselas abzufüllen, den man dort als «non filtré» kennt. Also ungefiltert. Das ist er in der Tat. Durch die im Wein schwebenden Feinhefepartikel wird er trüb. Was ihn nicht daran hindert, enorm fruchtig und frisch zu sein. Augen zu und durch gewissermassen. So also eröffnen wir den grandiosen Jahrtausend-Jahrgang in Neuenburg. Die Ehre hat die Domaine de Chambleau aus Colombier. Ein Keller, berühmt für seinen Pinot Noir Pur Sang. Doch auch der Non filtré Sauvage 2015 lässt sich sehen… und trinken. Wichtig: Zuerst schütteln, also wie beim Comella oder dergleichen, damit die Hefepartikel sich verteilen können. Der Saft wird trüb getrunken, so isses! Die Noten sind natürlich jene nach Traubensaft, was nicht weiter erstaunt, und Hefe, was noch weniger erstaunt. Unter dem Strich ist er lieblich, etwas wässrig, was bedeutet: sehr leicht, mit floralen Noten und solchen nach exotischen Früchten, easy-drinking, süffig. Speziell: Schwefel ist nicht zugesetzt worden. Also: Nicht lange lagern. Und auch nicht zögern, denn vom Sauvage gibt es gerade mal 580 Fläschchen. Score: 15,5/20 (CHF 16.--. Nur auf dem Gut erhältlich. www.chambleau.ch. Falls der Sauvage bereits ausverkauft ist: Viele weitere Non filtrés aus Neuchâtel gibts unter www.neuenburgernonfiltre.ch zu bestellen.

Und übrigens: Auch die Deutschschweiz hat die Neuenburger Tradition entdeckt. In der Weinhandlung Zweifel heisst das Ding Primeur, ist ebenfalls unfiltriert und für das Jahr 2015 eine Assemblage aus Riesling-Silvaner und Würzer (Kreuzung aus Gewürztraminer und Müller-Thurgau, also Riesling-Silvaner…) Gecheckt? Wie auch immer. Der trübe Saft kostet 13.90 Franken und ist auch sehr, sehr trinkig. (www.zweifelweine.ch)

MONTEVERRO: NEUE JAHRGÄNGE

Monteverro, das Weingut des deutschen Gartencenter-Magnaten Georg Weber, haben wir an dieser Stelle bereits detailliert vorgestellt. Es wurde mit einer selten gesehenen Perfektion und Präzision in allen Bereichen aus dem Boden gestampft, hat Önologen-Berater-Guru Michel Rolland als Konsultenten und liegt auf halbem Weg vom Touristendörfchen Capalbio ans Meer. An einem Plätzchen der Maremma, wo bislang nur Getreide angepflanzt wurde und sich Wildschweine tummeln. Fernab des Glamours von Bolgheri. Doch der Bayer Weber glaubte an dieses Fleckchen Erde. Zurecht, wie auch eine Degustation der neuen Jahrgänge und eine Tinata-Vertikale zeigten. Und: Unbedingt durch die Bildergala unten klicken! Wir waren letztes Jahr auf dem Gut. Beeindruckend, was Weber da hingestellt hat!

Der Zürcher Weinhändler Walter Zweifel (links), Importeur von Monteverro, und der deutsche Multimillionär Georg Weber, Eigentümer von Monteverro.
Foto: Alain Kunz

Vermentino 2014: Wunderschön fruchtige Nase, Grapefruit, Mineralität, leichtfüssig, dezente Säure, salzig, frisch, mittleres Finale. Score: 16,5/20 (CHF 19.80)

Chardonnay 2012: Vanillige, etwas fettige Nase, Ananas, dennoch Eleganz, leicht vegetal und metallische Mineralität, Bittermandeln, langes Finish. Score: 17,5/20 (CHF 88.--)

Verruzzo 2013:Rotkirschig-erdbeerige Nase, rechte Würze, süffig, grünlich gegen Ende, mittleres Finale. Score: 15,5/20 (CHF 21.50)

Terra di Monteverro 2012: Pflaumen, Teer, Rauch, Würze, Kirschen – knackige Nase! Schöne Struktur, Leichtfüssigkeit, reife Tannine, Frische, straight und clean, schöne Länge.Score: 17/20 (CHF 42.--)

Monteverro 2012: Frische, minzig-kräuterige Nase gepaart mit viel Frucht, im Gaumen Schmelz, Eleganz, reife Tannine, Power ohne zu überborden, schönes Finish. Score: 17,5/20 (CHF 124.--)

Monteverro 2013: Port-Noten, Mandeln, Marzipan, rechte Tannine, Sauerkirschen – und ein enormes Finale. Ein ganz schräger Jahrgang. Gehen wir davon aus, dass die Probe nicht einwandfrei war und verzichten auf eine Bewertung.

Monteverro 2014 (Barrique-Probe): Wunderschöne, kirschige Nase, hoch elegant, viel Frucht, kleine Beeren, geschliffene, aber nicht „tote“ Tannine, lebhafter und vollmundiger Wein. Ein gewaltiges Versprechen! Score: 18/20.

(Die letzten Jahrgänge Monteverro zur Erinnerung: 2011: 18/20. 2010: 18,5/20. 2009: 17,5/20. 2008: 17,5/20.)

Die kleine Tinata-Vertikale:

  • 2008: 16,5/20 (CHF 108.--)
  • 2009: 17/20 (CHF 108.--)
  • 2010: 17,5/20 (CHF 108.--)
  • 2011: 17,5/20 (CHF 98.--)
  • 2012: Rotbeerige, fast erdbeerige Nase, mediterrane Kräuterigkeit, mineralische Noten, knackige Tannine, Säure, Würze, Frische, Fruchtsüsse, schöne Länge. Score: 17,5/20 (CHF 88.--. Die Weine von Monteverro gibts bei Zweifel Vinarium. www.zweifelweine.ch)
Fast kitschig schön: Monteverro im Licht der untergehenden toskanischen Sonne.
Foto: ZVG
1/20

 

WO GIBTS WAS ZU DEGUSTIEREN?

* 29. Februar. 17-20 Uhr. Chianti Classico Gran Selezione. Erstmals präsentieren 40 Chianti-Classico-Winzer ihre Tropfen. 17-17.45 Uhr Seminar Gran Selezione - die Jahrgänge und ihre Protagonisten mit Vinum-Italien-Korrespondent Christian Eder. Anmeldung unter www.vinum.ch. Tageskasse CHF 10.--. Papiersaal, Kalanderplatz 1, Zürich.

* 3. und 5. Mai. Donnerstag 16-20 Uhr, Samstag 10-18 Uhr. En-primeur-Degustation der besten und rarsten südafrikanischen Weine.  Am Donnerstag ist Emil den Dulk von De Toren anwesend, um u.a. den exklusiven, streng limitierten Z Decade zu präsentieren. Am Samstag kommt Mike Ratcliffe von Vilafonté (und Warwick) und stellt seine Series M und C vor. Eintritt frei. Kapweine, Rütibüelstrasse 17, Wädenswil.

* 29. Februar. 17-20 Uhr. Chianti Classico Gran Selezione. Erstmals präsentieren 40 Chianti-Classico-Winzer ihre Tropfen. 17-17.45 Uhr Seminar Gran Selezione - die Jahrgänge und ihre Protagonisten mit Vinum-Italien-Korrespondent Christian Eder. Anmeldung unter www.vinum.ch. Tageskasse CHF 10.--. Papiersaal, Kalanderplatz 1, Zürich.

* 3. und 5. Mai. Donnerstag 16-20 Uhr, Samstag 10-18 Uhr. En-primeur-Degustation der besten und rarsten südafrikanischen Weine.  Am Donnerstag ist Emil den Dulk von De Toren anwesend, um u.a. den exklusiven, streng limitierten Z Decade zu präsentieren. Am Samstag kommt Mike Ratcliffe von Vilafonté (und Warwick) und stellt seine Series M und C vor. Eintritt frei. Kapweine, Rütibüelstrasse 17, Wädenswil.

Mehr
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?