Audi plant neuen Lade-Hub mitten in Zürich
Laden, aber ohne Luxus

Nach einem Test im deutschen Nürnberg wagt Audi jetzt den Schritt in die Schweiz: Mitten in Zürich soll ein Lade-Hub für E-Autos entstehen. Ausgerechnet bei uns gibt es aber keine Nobel-Lounge – warum?
Publiziert: 11.06.2022 um 13:17 Uhr
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Aktualisiert: 14.06.2022 um 15:40 Uhr
Andreas Faust

Wer mit dem E-Auto unterwegs ist, parkiert und lädt an Raststätten oft buchstäblich auf den billigen Plätzen. Weil die Ladesäulen im hintersten Winkel aufgestellt sind, weil es bei den wenigsten ein Dach als Regenschutz gibt und weil man vor allem nachts gelangweilt im Auto die Ladezeiten absitzt. Das sorgt für Verdruss bei den Stromer-Fahrern und -fahrerinnen – und vielleicht sogar Schadenfreude bei denen, die noch nicht umsteigen wollen auf ein Elektroauto: Weil sie Vorurteile bestätigt sehen.

Audi hat deshalb eine Alternative getestet: Im deutschen Nürnberg startete Ende 2021 ein sogenannter Charging Hub. Quasi eine Tankstelle der Zukunft: Im Erdgeschoss gibt es sechs Ladepunkte mit bis zu 320 kW Ladeleistung, im ersten Stock eine Wohlfühl-Lounge mit Snacks, Getränken und Zeitschriften. Auch kann man sich Einkäufe liefern oder Autos putzen lassen.

Altbatterien zur Versorgung

Damit die Kapazität des Stromnetzes mitspielt, gibts eine 200-kW-Ökostrom-Leitung zum Hub. Den Mehrbedarf, wenn viele Ladeplätze belegt sind, liefert ein Container mit ausrangierten Fahrbatterien von Audi-Vorserien-Fahrzeugen. In den ruhigen Zeiten werden sie geladen und liefern in Spitzenzeiten genug Strom für die Schnellladung. Erstaunlich: Obwohl Audi zu den Gründern des Schnelllade-Anbieters Ionity (gibt es auch in der Schweiz) gehört, unterbietet der Charging Hub in Nürnberg beim Stromtarif den bei Ionity fälligen Obulus.

Wer mit dem E-Auto unterwegs ist, parkiert und lädt an Raststätten oft buchstäblich auf den billigen Plätzen.
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Nach rund einem halben Jahr und gut 2000 Ladevorgängen kommt im zweiten Halbjahr 2022 der nächste Test-Hub – mitten in Zürich! Noch gibt es keine Infos zum genauen Standort, aber er soll in der Nähe der Messe in Oerlikon entstehen. Im Gegensatz zu Nürnberg gibt es nur vier Ladeplätze auf 145 Quadratmetern und dazu zwei der Batterie-Container. Erste Erfahrungen aus Nürnberg werden dabei auch berücksichtigt: Die Bedien-Displays werden neu höhenverstellbar, ausserdem gibt es zwei 55-Zoll-Monitore mit Infos zu den Angeboten rundum.

Kleine Lösung als Prototyp

Allerdings spart sich Audi ausgerechnet im noblen Zürich die Edel-Lounge im ersten Stock. Audi will mit minimalen Baulichkeiten auskommen. «Wir wollen flexibel bleiben», sagt Projektleiter Ralph Hollmig. Die Standardisierung auf möglichst wenige Komponenten ermögliche, die Stationen an jedem Standort an lokale Bedingungen anzupassen. Im Fall Zürich dürften Bodenpreise bzw. das Mietniveau eine Rolle spielen und die Anlage auf ein Minimum begrenzen.

Zürich wird allerdings dann zum Prototypen für den weiteren Ausbau des Hub-Netzes. Als nächste Standorte folgen Salzburg (AT) und Berlin (D). Perspektivisch soll das Hub-Netz einmal 200 bis 300 solcher Stationen europaweit umfassen. Kostenpunkt: rund eine Milliarde Franken.

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