Nach Rausschmiss aus europäischem Forschungsprogramm will Schweden unser Know-how
100'000 Franken Kopfgeld für Schweizer Jungforscher

28 Schweizer Jungforscher bekommen einen europäischen Forschungsbeitrag nur, wenn sie in der EU weiterarbeiten. Davon will Schweden profitieren. Die Skandinavier machen viel Geld locker, um die jungen Wissenschaftler und deren Know-how in den Norden zu holen.
Publiziert: 02.02.2022 um 21:24 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2022 um 06:53 Uhr
Guido Felder

Schweizer Jungforscherinnen und Jungforscher sind im Ausland heiss begehrt. So sehr, dass der schwedische Wissenschaftsrat sie mit hohen Geldsummen nach Skandinavien lockt.

Abgesehen haben es die Nordländer auf die 28 Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die im vergangenen Jahr den begehrten Beitrag «Starting Grant» des europäischen Forschungsprogramms Horizon geholt haben. Insgesamt werden 1,5 Millionen Euro ausbezahlt.

Nur: Wegen des geplatzten Rahmenabkommens zwischen der Schweiz und der EU bekommen die Schweizer das Geld nur, wenn sie in ein assoziiertes Land des Europäischen Forschungsrats (ERC) umziehen und ihre Forschungen im Ausland fortsetzen.

Schweizer Jungforscher, im Bild die Universität Genf, sind im Ausland begehrt.
Foto: Keystone
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Umzug und Wohnung bezahlt

Da riechen die Schweden Lunte. Auf der Homepage schreibt der schwedische Wissenschaftsrat über das Schweizer Abseitsstehen: «Dies bietet den schwedischen Hochschulen die Möglichkeit, prominente europäische Nachwuchsforscher anzuwerben.» Mit andern Worten: Sie möchten sich das Know-how aus der Schweiz ins eigene Land transferieren.

Und sie meinen es ernst. Einer schwedischen Hochschule, die eine Forscherin oder einen Forscher aus der Schweiz einstellt, verspricht der staatliche Wissenschaftsrat eine Million schwedischer Kronen, was 100’000 Franken entspricht.

Und das ist nicht etwa der Lohn für die Schweizer. Nein, die 100’000 Franken dienen dazu, den Jungforschern das Leben in Schweden möglichst angenehmen zu gestalten. Es soll verwendet werden für den Umzug, Wohnungsmiete, Reisekosten, Auslagen für Familienangehörige, Kinderbetreuung und so weiter. Der Lohn des Instituts kommt obenauf.

Nur für Schweizer

Dieses Angebot gelte ausschliesslich für Schweizer Forschende, hält die Pressestelle des Wissenschaftsrates auf Anfrage von Blick fest. Sprecherin Lotta Bäcklin: «In dieser Situation, in der die Schweizer Forschenden die ERC-Förderung nicht annehmen können, ohne in ein anderes Land umzuziehen, wollten wir den Forschenden eine Möglichkeit bieten, die Forschung, für die sie eine Förderung erhalten haben, trotzdem durchzuführen.»

Das Angebot gilt seit wenigen Tagen und wird bis 31. März aufrechterhalten. Bisher sei es noch zu keinem Vertragsabschluss gekommen.

Schweden hat nur 14 Gewinner

In Bern, wo man noch nie von solchen grossen finanziellen Anreizen gehört hat, ist man sich des möglichen Know-how-Verlusts bewusst. Aus diesem Grund hat das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) Übergangsmassnahmen eingeleitet und finanziert Forschende und Innovatoren, die eine Horizon-Förderung erhielten, aber in der Schweiz bleiben wollen.

Wie viele der 28 Kredit-Empfängerinnen und -Empfänger in der Schweiz bleiben, weiss das SBFI noch nicht. Eine Tendenz liefert Radio SRF, das bei den Gewinnern eine Umfrage durchgeführt hat. Laut dem Radio wollen zwei in der EU und zwei in den USA weiter studieren. Allerdings haben nur 15 Forschende geantwortet, zudem seien einige noch unentschlossen.

In Schweden haben im vergangenen Jahr nur 14 Forschende einen «Starting Grant» erhalten. Darum hoffen die Skandinavier, dass sich noch einige Schweizerinnen und Schweizer zu einem Sprung in den Norden entscheiden können. Lotta Bäcklin: «Der ERC Starting Grant ist ein prestigeträchtiges und hochverdientes Forschungsstipendium. Dennoch verstehen wir, dass es für die Beteiligten sehr schwierig sein muss, eine solche Karriereentscheidung so kurzfristig zu treffen.»

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