Thomas Gottstein (56) war vor sechs Monaten der Mann der Stunde
So stampfte der CS-Boss die Corona-Kredite aus dem Boden

CS-Chef Thomas Gottstein ist der Mann hinter dem Covid-19-Kreditprogramm. Einer Finanzhilfe, die es vielen Firmen ermöglicht hat, durch den Lockdown zu kommen.
Publiziert: 25.09.2020 um 23:39 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2020 um 11:21 Uhr
Christian Kolbe

Die Stimmung ist etwas angespannt. Thomas Gottstein (56) behagt es nicht, dass BLICK ihn in einem Sitzungszimmer im zweiten Stock des Hauptsitzes am Paradeplatz in Zürich trifft. Hier in der Schaltzentrale der Macht der Credit Suisse.

Dabei geht für einmal nicht um Abbau oder Fusionen, sondern darum, wie es den Schweizer Banken gelungen ist, innert weniger Tage den seit der Finanzkrise aufgebauten schlechten Ruf abzuschütteln. Zu zeigen, dass sie auch für die kleinen Kunden da sein können, wenn es darauf ankommt.

Ohne Kredite drohte Katastrophe

Gottstein steht erst seit gut einem Monat an der Spitze des CS, als der Bundesrat am 16. März wegen der Corona-Pandemie die Schweizer Wirtschaft stilllegt, die meisten Geschäfte schliessen lässt und alle Veranstaltungen verbietet: «Uns war sofort klar, kommt der Lockdown, dann ist das eine Katastrophe für das Gewerbe», sagt Gottstein.

Thomas Gottstein, seit Februar 2020 Konzernchef der Credit Suisse, hatte die Idee zu den Corona-Krediten.
Foto: Thomas Meier
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Um die Katastrophe abzuwenden, brauchen die Unternehmen flüssige Mittel, um laufende Kosten zu bezahlen, während die Einnahmen wegbrechen. Das heisst: Sie brauchen schnell und unbürokratisch einen Kredit.

Es ist kein Zufall, dass gerade der neue CS-Boss den dringenden Handlungsbedarf erkennt. «Bis kurz vor der Krise habe ich das Schweizer Geschäft geleitet, deshalb wusste ich genau, wo der Schuh drückte, ich war näher am Puls der Schweizer Wirtschaft.»

Gottstein trommelt die entscheidenden Leute innerhalb der Bank zusammen, lässt den KMU-Chef der CS ein Konzept ausarbeiten, weiht seinen Nachfolger an der Spitze der Schweizer Bank ein.

Gut vernetzter CS-Chef

Nun gilt es, den Finanzplatz ins Boot zu holen, das heisst, die anderen Banken, die Aufsichtsbehörden und den Bund. «Das war nicht mein Werk allein», betont der CS-Chef mehrmals. «An der Rettung der Schweizer Wirtschaft haben sehr viele Leute bei der CS, beim Bund und bei den anderen Banken gut und schnell zusammengearbeitet.» Gottstein möchte sich nicht als der Held des Covid-19-Kreditprogramms verstanden wissen.

Trotzdem: Gottstein ist es, der sozusagen den Telefonalarm des Finanzplatzes auslöst. Der Banker ruft Mark Branson (52) von der Finanzmarkaufsicht (Finma) an, spricht mit Nationalbankpräsident Thomas Jordan (57) und lässt sich mit Ueli Maurer (69) verbinden.

Den Finanzminister und die entscheidenden Leute in seinem Departement kennt Gottstein von einer gemeinsamen Reise in die Golfregion im Herbst 2019.

Alle machen mit

«Ueli Maurer hat die Idee des Kreditprogramms nicht nur gutgeheissen, sondern sie gleich auch mit ausgebaut», beschreibt Gottstein die Reaktion des Finanzministers. Ihm sei sofort klar gewesen, die Kreditvergabe müsse über die Banken abgewickelt werden. Schliesslich habe jede Firma eine Hausbank. «Maurer war klar, der Aufbau eines staatlichen Apparats hätte zu lange gedauert und viel Geld gekostet», erklärt Gottstein.

Nun gilt es noch die anderen Banken ins Boot zu holen. «Ich habe Sergio Ermotti von der UBS angerufen und von meinen Gesprächen berichtet», erzählt Gottstein. «Ich musste allerdings nicht viel Überzeugungsarbeit leisten.» Die UBS und die anderen Geschäftsbanken sind schnell mit von der Partie.

Gemeinsam mit den Behörden legen die Banken die Bedingungen für die Kreditvergabe fest. Innert zehn Tagen stampft der Finanzplatz ein einmaliges Kreditprogramm aus dem Boden, das grossen und kleinen Firmen ab dem 26. März dringend benötigte Liquidität zur Verfügung stellt.

Mit dem Satz «Das schafft nur die Schweiz!» hatte ein sichtlich stolzer Finanzminister Maurer tags zuvor das Programm verkündet. Angestiftet vom Chef einer Grossbank, die das Land explizit im Namen trägt – die Credit Suisse.

Angst, dass viele Kredite nicht zurückgezahlt werden, hat Gottstein nicht: «Keine Zinsen für Kredite bis zu einer halben Million und eine Laufzeit von fünf Jahren. Diese Schuldenlast kann ein KMU tragen», ist der CS-Chef überzeugt.

«Das tut gut!»

Nicht alle Firmen sind ehrlich, es gibt Betrügereien, einige Patrons wollen tricksen, haben das Geld ins Ausland verschoben oder in Luxusautos gesteckt.

Es gebe überall schwarze Schafe, meint Gottstein zum Kreditprogramm: «Aber wegen diesen das ganze Programm nicht zu machen, das wäre ein Fehler.» Bei der CS sei es bei weniger als einem Prozent aller Kredite zu Ungereimtheiten gekommen. Diese würden abgeklärt.

«Ich wurde mehrmals auf der Strasse direkt angesprochen», ergänzt Gottstein. «Restaurantbesitzer haben sich direkt bei mir bedankt und erzählt, wie ihnen das Programm geholfen hat.»

Macht ihn das stolz, so etwas zu hören, tut das gut? Gottstein überlegt lange: «Ja! Das tut gut! Das gilt für mich genauso wie für die ganze Bank wie auch für den Beruf des Bankers.»

Das entschlossene Eingreifen zugunsten der Schweizer Wirtschaft hat Gottstein bereits eine Ehrung eingebracht: Für das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» ist Gottstein Banker des Jahres 2020.

Kredite für 16,8 Milliarden Franken

Vom 26. März bis 31. Juli konnten Schweizer Firmen rasch und unbürokratisch bei ihrer Hausbank einen Covid-19-Überbrückungskredit im Umfang von höchstens 10 Prozent ihres Jahresumsatzes bis maximal 20 Millionen Franken beziehen. Dazu musste nur nachgewiesen werden, dass eine Firma aufgrund der Corona-Pandemie wesentliche Umsatzeinbussen erlitten hat. Die Laufzeit liegt bei fünf Jahren.

Bis zu 500'000 Franken wurden Kredite teilweise innert weniger Minuten bewilligt und in kurzer Frist ausbezahlt. Diese Kredite sind zu 100 Prozent vom Bund abgesichert und zu einem Zinssatz von 0 Prozent.

Steiler Anstieg

Überbrückungskredite zwischen 0,5 und 20 Millionen Franken werden zu 85 Prozent vom Bund abgesichert, die restlichen 15 Prozent übernimmt die Bank. Diese Kredite setzen eine umfassendere Bankenprüfung voraus, und der Zinssatz liegt aktuell 0,5 Prozent.

Vor allem im ersten Monat bis Ende April haben Unternehmen stark von Kreditprogramm Gebrauch gemacht. Insgesamt beantragten 135'067 Firmen einen Kredit bis 500'000 Franken. Die Gesamtsumme liegt bei 13,8 Milliarden Franken. Von der Möglichkeit eines höheren Kredits machten 1130 Firmen für insgesamt 3 Milliarden Franken Gebrauch.

Macht unterm Strich ein Volumen von 16,8 Milliarden Franken. Christian Kolbe

Vom 26. März bis 31. Juli konnten Schweizer Firmen rasch und unbürokratisch bei ihrer Hausbank einen Covid-19-Überbrückungskredit im Umfang von höchstens 10 Prozent ihres Jahresumsatzes bis maximal 20 Millionen Franken beziehen. Dazu musste nur nachgewiesen werden, dass eine Firma aufgrund der Corona-Pandemie wesentliche Umsatzeinbussen erlitten hat. Die Laufzeit liegt bei fünf Jahren.

Bis zu 500'000 Franken wurden Kredite teilweise innert weniger Minuten bewilligt und in kurzer Frist ausbezahlt. Diese Kredite sind zu 100 Prozent vom Bund abgesichert und zu einem Zinssatz von 0 Prozent.

Steiler Anstieg

Überbrückungskredite zwischen 0,5 und 20 Millionen Franken werden zu 85 Prozent vom Bund abgesichert, die restlichen 15 Prozent übernimmt die Bank. Diese Kredite setzen eine umfassendere Bankenprüfung voraus, und der Zinssatz liegt aktuell 0,5 Prozent.

Vor allem im ersten Monat bis Ende April haben Unternehmen stark von Kreditprogramm Gebrauch gemacht. Insgesamt beantragten 135'067 Firmen einen Kredit bis 500'000 Franken. Die Gesamtsumme liegt bei 13,8 Milliarden Franken. Von der Möglichkeit eines höheren Kredits machten 1130 Firmen für insgesamt 3 Milliarden Franken Gebrauch.

Macht unterm Strich ein Volumen von 16,8 Milliarden Franken. Christian Kolbe

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