Stress am Arbeitsplatz
Darf mein Chef mir kündigen, wenn ich Überstunden ablehne?

Müssen wir Überstunden leisten? Für Arbeitnehmende ist es wichtig, über ihre Rechte und Pflichten informiert zu sein. Blick klärt auf.
Publiziert: 12.04.2024 um 15:27 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2024 um 16:09 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Viele Angestellte in der Schweiz fühlen sich am Arbeitsplatz gestresst und wollen darum den Job wechseln. Laut einer Studie des Personalberaters Michael Page findet ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer, die Arbeitsbelastung im Job sei zu hoch. 

Ab wann es innerhalb der üblichen Arbeitszeit zu viel ist, ist subjektiv. Doch was ist, wenn Überstunden hinzukommen? Darf ich diese einfach ablehnen? Oder riskiere ich dadurch eine Kündigung?

Überstunden sollten die Ausnahme sein

Roger Rudolph (54), Professor für Arbeits- und Privatrecht an der Universität Zürich, hält fest: «Arbeitnehmende sind gesetzlich verpflichtet, Überstunden zu leisten.» Das geht aus Artikel 321c im Obligationenrecht (OR) hervor. Tun sie es nicht, droht ihnen die Kündigung. Die Pflicht zur Überstundenleistung besteht allerdings nur im zumutbaren Rahmen, was das Gesetz im selben OR-Artikel ausdrücklich festhält.

Die hohe Arbeitsbelastung setzt vielen Schweizerinnen und Schweizern zu.
Foto: imago images / Westend61
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Doch was heisst «zumutbar» genau? «Das lässt sich nur im konkreten Einzelfall beantworten», so Rudolph. Massgebend sind hierbei die Dringlichkeit und Wichtigkeit der Arbeit, aber auch weitere Parameter. Dazu zählen die Stellung des Arbeitnehmers, also ob dieser eine leitende Stellung innehat oder nicht. Oder auch seine persönlichen Umstände: Gibt es Elternpflichten wie das Abholen des Kindes von der Kita? Ebenso ist die Anzahl bereits geleisteter Überstunden relevant.

«Generell lässt sich sagen, dass Überstunden die Ausnahme für besondere Situationen sein sollen, aber nicht zur längerfristigen Regel werden dürfen», führt Rudolph aus. Heisst: Wenn Überstunden nicht mehr zumutbar sind, kann sie der Arbeitnehmer ablehnen. Wird er deshalb entlassen, verliert er zwar gleichwohl seine Stelle, doch kann er eine Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung geltend machen – dafür gibt es maximal sechs Monatslöhne im Erfolgsfall. 

Klare Regelungen im Vertrag festhalten

Wie so oft in der Juristerei ist die Antwort auf die Frage im Titel also: «Es kommt darauf an.»

Für Klarheit sorgen kann ein zu diesem Thema klar ausformulierter Arbeitsvertrag. Darin lässt sich beispielsweise regeln, ob und wie Überstunden zu kompensieren sind und ab welcher Hierarchiestufe andere Regeln gelten.

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