Sie gehen aber weg wie warme Weggli
Wo es noch viele freie Lehrstellen gibt

Die Besetzung der Lehrstellen für den Sommer 2024 ist in vollem Gang. Trotz reduziertem Angebot kämpfen einige Branchen noch um jeden Lehrling.
Publiziert: 19.02.2024 um 18:34 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Noch auf der Suche nach einer Lehrstelle mit Beginn im Sommer 2024? Keine Panik: Die Auswahl ist weiterhin gross.

Beim Berufsbildungsportal Yousty sind aktuell beispielsweise noch 1800 Lehrstellen für die Berufsrichtung Detailhandelsfachmann/-frau EFZ zu finden. Oder 1110 Plätze für die Ausbildung als Kaufmann/-frau EFZ und 815 als Koch/Köchin.

Die hohe Zahl an freien Lehrstellen in diesen Berufen heisst nicht etwa, dass es sich dabei um Ladenhüter handelt. Im Gegenteil: Für genau diese Berufsgattungen gehen bei Yousty sehr viele Suchanfragen ein. Blick liegen die entsprechenden Auswertungen vor. Ebenfalls stark nachgefragt sind Ausbildung als Informatiker/in EFZ, Medizinische/r Praxisassistent/in EFZ oder Fachmann/-frau Betreuung EF.

Weniger Lehrstellen ausgeschrieben: Trotzdem dürften nicht alle Lehrstellen für Köchinnen und Köche besetzt werden.
Foto: Daniel Kellenberger
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Erst ein Drittel der Lehrstellen besetzt, aber ...

Ein Blick ins Info-Portal berufsberatung.ch zeigt: Mitte Februar 2024 sind schweizweit noch knapp 31'000 Lehrstellen zu vergeben. Allein bei Yousty wurden in der ersten Kalenderwoche 2024 nochmals 2250 neue Lehrstellen ausgeschrieben. Seit Jahresbeginn sind es gar 6500 neue Stellen.

Die Nachfrage ist dabei stabil: Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) meldet, dass bis Ende Januar 2024 rund 26'000 Lehrverträge abgeschlossen wurden. Dies entspricht etwa 33 Prozent der im Vorjahr insgesamt abgeschlossenen rund 80'000 Lehrverträge – wobei die Zahl der insgesamt ausgeschriebenen Lehrstellen vergleichbar ist. Vor einem Jahr waren Ende Januar erst rund 23'000 Lehrverträge abgeschlossen. Sprich: Es sind in diesem Jahr schon 8 Prozent mehr Lehrstellen vergeben.

Weniger Lehrstellen in beliebten Fachrichtungen

Das heisst aber nicht, dass die Lage für Unternehmen besser ist. Aktuell sind beispielsweise noch 2300 Lehrstellen als Detailhandelsfachmann/-frau EFZ offen. Das sind zwar 6 Prozent weniger offene Lehrstellen als zum selben Zeitpunkt im Vorjahr, allerdings fällt laut Yousty-Sprecherin Stefanie Näf das Lehrstellenangebot auch um fast ein Viertel kleiner aus. Obwohl die Unternehmen also deutlich weniger Lehrlinge suchen – bleiben trotzdem viele frei.

Das ist auch der Fall bei den Köchen. 1070 Lehrstellen sind noch offen, das sind zwar 10 Prozent weniger als im Vorjahr. Aber auch hier ist das Lehrstellenangebot um 7,7 Prozent geschrumpft. Ähnliche Situationen gibt es in den Bereichen Elektroinstallateur/in EFZ oder Fachmann/-frau Gesundheit EFZ.

Vom 1. Januar bis 15. Februar 2024 wurden wie erwähnt rund 6500 Lehrstellen neu ausgeschrieben, davon mit 300 am meisten für den Beruf Koch/Köchin. Das sind doppelt so viele wie vor einem Jahr. Für den Beruf Fachmann/-frau Gesundheit EFZ sind mit 285 Lehrstellen gar dreimal so viele ausgeschrieben. Für den Beruf Assistent/in Gesundheit und Soziales EBA hat sich die Zahl der Lehrstellen mit 178 ebenfalls verdreifacht. 

Demgegenüber wurden im selben Zeitraum 8800 Lehrstellen besetzt. Allein 415 im Bereich Fachmann/-frau Gesundheit EFZ – das sind 2,5-mal mehr als im Vorjahr. Oder 380 im Bereich KV Dienstleistung und Administration EFZ, was immerhin 50 Prozent mehr sind. Aber auch die Lehrstellen als Koch/Köchin kommen gut weg: 342 wurden vergeben, das sind 2,5-mal so viele wie zum gleichen Zeitpunkt 2023. «Es gibt eine grosse Dynamik auf dem Lehrstellenmarkt im Bereich Koch/Köchin und Gesundheit», hält Näf fest.

Langsam aber sicher sollte die Unterschrift da sein

Lange sollten Schulabgänger und andere Lehrstellen-Interessenten trotz der vielen Lehrstellen nicht zuwarten. Laut Näf «verschwinden aktuell im Februar sehr viele Lehrstellen vom Markt, deutlich mehr als im Vorjahr». Allein in den ersten zwei Februarwochen wurden 2950 Lehrstellen besetzt. Im selben Zeitraum 2023 waren es nur 900. In begehrten Branchen wie eben Informatik gibt es nicht mehr viele Plätze.

Die Einschätzungen aus den Kantonen deuten laut SBFI zwar darauf hin, dass die Lehrstellenbesetzung ähnlich wie in den vergangenen Jahren verläuft. Wie in den Vorjahren ist die Lehrstellenbesetzung in der Deutschschweiz schon sehr viel weiter fortgeschritten als in der lateinischen Schweiz: Im Tessin sind bislang erst 15 Lehrstellen vergeben. 

Prekäre Situation in der Arbeitswelt schlägt durch

Weshalb die Lehrplätze nun plötzlich wieder stärker begehrt sind, ist nicht ganz klar. Auf Vermutungen will sich Näf nicht einlassen.

Aufschluss geben kann der Nahtstellenbarometer, den das Marktforschungsinstitut gfs.bern jährlich im Auftrag des SBFI realisiert. Daraus geht hervor, dass im letzten Jahr von den 86’082 Grundschulabgängern rund 82 Prozent eine berufliche Grundbildung oder allgemeinbildende Schulen starteten. Das waren etwas weniger als in den Vorjahren, weil 2023 mehr Jugendliche denn je – gut 9 Prozent – ein Zwischenjahr einlegten. Ob das in diesem Jahr anders ist, zeigt sich dann beim nächsten Nahtstellenbarometer im April.

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