«Tausende an Skirennen ohne Masken und wir müssen dafür büssen»
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Nino Colonna (49) wütend:Berner Coiffeur wegen Omikron komplett am Anschlag

Omikron legt KMU lahm – Coiffeur Nino Colonna (49) fordert nun Hilfe vom Staat
«Mein Lebenswerk geht flöten»

Blumenläden, Coiffeursalons und anderen KMU fehlt massenhaft Personal. Ihre Angestellten sitzen in Isolation und Quarantäne. Das bringt die Betriebe ins Schlingern. Umsatzentschädigung? Fehlanzeige.
Publiziert: 11.01.2022 um 00:34 Uhr
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Aktualisiert: 11.01.2022 um 10:50 Uhr
Sarah Frattaroli

Die Schaufenster bleiben dunkel: «Wegen Krankheit geschlossen», prangt an der Tür eines Pflanzen- und Blumengeschäfts in der Stadt Zürich. «Die Hälfte meiner Angestellten steckt in Isolation. Es ging einfach nicht mehr anders», bestätigt die Inhaberin und Geschäftsführerin auf Anfrage von Blick.

Sie will anonym bleiben, wie viele andere Kleinbetriebe, die aus Personalmangel zwangsweise schliessen müssen. Die Thematik um Omikron-bedingte Personalausfälle ist heikel, politisch aufgeladen, so die Blumenladeninhaberin stellvertretend. Weit über 100'000 Menschen harren derzeit in Isolation aus. Und es werden jeden Tag mehr. Die Omikron-Welle beschert der Schweiz täglich über 30'000 Neuansteckungen.

Das schlägt vor allem auf die KMU durch. Bisher waren vor allem Restaurants und Hotels in den Bergen von Schliessungen betroffen. Nun weitet sich das Problem auch auf andere Branchen aus. «Je kleiner der Betrieb, desto dramatischer», sagt Roland M. Rupp (55), Präsident des Schweizerischen KMU Verbands. «Bei einem Drei-Mann-Betrieb reicht schon ein einziger Ausfall, um alles ins Schlingern zu bringen.» Rupp kommen täglich Fälle zu Ohren. Im Baugewerbe und in der Maschinenindustrie etwa müssen Aufträge nach hinten verschoben werden, das zieht teilweise Konventionalstrafen nach sich. Offen darüber sprechen wolle allerdings kaum jemand. «Die Betriebe haben Angst, dass die Kunden verunsichert werden und sie abspringen.»

Nino Colonna kämpft wegen Omikron mit Personalausfällen.
Foto: Pascal Scheiber
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«Wir Arbeitgeber müssen die Bilder aus Adelboden ausbaden»

Nino Colonna (49) allerdings steht zu seinen Personalproblemen. Er führt mit seinem Coiffeurgeschäft Glanz & Gloria fünf Filialen im Kanton Bern. Sechs seiner 17 Angestellten fallen derzeit aus. «Wenn es so weitergeht, sitzen bald alle meine Mitarbeiter mit einem positiven Test zu Hause. In manchen Filialen habe ich nur noch eine Person im Einsatz», erzählt Colonna. «Die färbt Haare und muss gleichzeitig neue Termine annehmen und bestehende verschieben.» Ob seine Kundschaft ihm treu bleibt, ist fraglich. Wer will schon wochenlang auf den Haarschnitt warten? «Ich habe Angst, wegen des ganzen Chaos Kunden zu verlieren», sagt Colonna.

In einer Woche sollte sich die Personalsituation in Colonnas Läden verbessern – sofern bis dann nicht weitere Mitarbeitende ausfallen. Wer aktuell noch arbeitet, hat einen negativen Test. Im Betrieb gibt es Schutzkonzepte, die Coiffeure und Coiffeusen tragen stets Masken. «Es macht mich hässig», stellt der Unternehmer klar. «Ich sehe die Bilder aus Adelboden. Und wir als Arbeitgeber müssen das dann ausbaden?» In Adelboden BE haben am Wochenende Zehntausende die Skirennen und den Sieg von Marco Odermatt am Chuenisbärgli gefeiert. Die Bilder Tausender Skifans ohne Masken sorgten für Stirnrunzeln.

Happige Umsatzausfälle

Der Gewerbeverband unter Direktor Hans-Ulrich Bigler (63) will die Quarantäne auf fünf Tage verkürzen – oder gleich ganz abschaffen, um Gewerblern wie Colonna zu helfen. «Aber was wirklich möglich ist, müssen letztlich die Gesundheitsexperten beurteilen», schränkt Bigler ein. Er betont ausserdem: «Die KMU halten ihre Arbeit so lange aufrecht wie irgendwie möglich. Sie jammern nicht rum, sondern suchen nach Lösungen.»

Wie Colonna, dessen Coiffeurbusiness trotz Personalengpass weiterläuft – wenn auch auf Sparflamme. Er hat auch gar nicht viel Spielraum, denn die drohenden Umsatzausfälle sind happig. Schon eine einwöchige Schliessung würde ihn mehrere Zehntausend Franken kosten. «Wer ersetzt mir das?», ärgert er sich. Er fordert vom Staat, Geld locker zu machen. «Ich war seit zehn Jahren nicht in den Ferien, habe alles in mein Geschäft investiert. Das ist mein Lebenswerk – und jetzt geht alles flöten! Das macht mir Angst und bereitet mir schlaflose Nächte.»

Besonders um seine Angestellten ist Colonna besorgt. «Sie sind für mich wie eine Familie. Sie haben angeboten, auf 50 Prozent ihres Lohns zu verzichten. Aber das kann doch nicht die Lösung sein!» Ob die Lösung für Colonna und andere KMU eine verkürzte Quarantänedauer ist, zeigt sich am Mittwoch. Dann trifft sich der Bundesrat zu seiner nächsten Sitzung und berät auch über eine mögliche Verkürzung von Isolation und Quarantäne.

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