«Unsere Liquiditätszusicherungen sind keine Geschenke»
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SNB-Jordan zur CS-Übernahme:«Unsere Liquiditätszusicherungen sind keine Geschenke»

Nationalbank-Präsident wird bei Mediengespräch mit Fragen zur Staatsintervention gelöchert
Jordan verteidigt CS-Deal

An der Pressekonferenz der Schweizerischen Nationalbank (SNB) war die Zinserhöhung für einmal eine völlige Nebensache: SNB-Präsident Thomas Jordan muss sich harschen Vorwürfen stellen.
Publiziert: 23.03.2023 um 18:55 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2023 um 08:29 Uhr
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Die Mediengespräche der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit Thomas Jordan (60) zur geldpolitischen Lage sind eine trockene Zahlenveranstaltung. Vor allem einschlägige Wirtschaftspublikationen sind zugegen. Doch an diesem Donnerstagvormittag ist alles anders.

Die SNB muss die Veranstaltung kurzfristig in den grösseren Konferenzsaal im Hotel Baur au Lac verschieben. Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen Welt wollen wissen, was Jordan zur Last-Minute-Rettung der Credit Suisse zu sagen hat. Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Wieso hat die «too big to fail»-Regelung versagt? Stellt die UBS nach der CS-Übernahme für die kleine Schweiz nicht ein viel zu grosses Klumpenrisiko dar? Sollte die UBS das Schweizer Geschäft der CS wieder abspalten?

«Die Öffentlichkeit wurde nicht getäuscht»

Dass die SNB den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte trotz Banken-Beben weiter angehoben hat, interessiert erst einmal reichlich wenig.

SNB-Präsident Thomas Jordan erlebte nach der CS-Rettung einen gewaltigen Medienansturm.
Foto: keystone-sda.ch
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Es werde in der Schweiz trotz Super-UBS weiterhin genügend Wettbewerb geben, sagt Jordan. Über eine mögliche Abspaltung des Schweiz-Geschäfts der CS wolle er nicht spekulieren. Auch bei anderen Antworten weicht der SNB-Präsident aus. Er, der technische Fragen zu Zinsen, Arbeitsmarkt und Wirtschaftslage im Schlaf beantworten kann, wirkt sichtlich in die Ecke gedrängt. Dazu könne er nichts sagen, ist gleich mehrfach zu hören.

Bei einer Journalisten-Frage scheint Jordan dann kurz die Fassung zu verlieren: Haben Bund, Finma und SNB die Öffentlichkeit über die Situation bei der Credit Suisse hinters Licht geführt? «Die Öffentlichkeit wurde nicht getäuscht», hält Jordan bestimmt fest. Es habe keine Hinweise gegeben, dass die Bankenkrise in den USA eine Ansteckungsgefahr für Schweizer Finanzinstitute darstelle.

Hat die SNB zu lange zugeschaut?

Doch die letzte Woche hat alles auf den Kopf gestellt. «Die Credit Suisse erlebte einen enormen Vertrauensverlust», so Jordan. Die Folgen: Andere Banken wollten der CS nur noch eingeschränkt Liquidität zur Verfügung stellen. Und Kunden zogen in völlig neuen Dimensionen Gelder ab.

Dass die CS unter massiven Kapitalabflüssen leidet und dadurch Probleme kriegen könnte, war jedoch bereits seit letztem Herbst bekannt. Haben die Behörden zu lange zugesehen, wie die Schweizer Grossbank auf den Abgrund zusteuert? «Fragen zu Fehlern möchte ich nicht beantworten. Wir sind die SNB und stellen die Liquidität zur Verfügung», sagt Jordan.

Pläne zur Notfall-Liquidität warteten in der Schublade

Die Frage taucht jedoch immer wieder auf. Dann lässt sich Jordan entlocken: «Wir standen schon länger mit den Behörden und der CS im Gespräch, weil nicht auszuschliessen war, dass die Bank in Liquiditätsprobleme geraten könnte.» Die Vorbereitung der Notfall-Liquiditätsmassnahmen sei bereits vor einiger Zeit aufgegleist worden. Für Jordan kam ein früheres Einschreiten aber nicht infrage. «Eine Liquiditätshilfe im Voraus wäre keine gute Idee gewesen. Damit hätten wir einen Bankrun ausgelöst», so der SNB-Präsident.

Die Credit Suisse hatte sich innerhalb weniger Tage in eine tickende Zeitbombe verwandelt: Ihr Konkurs hätte für die Weltwirtschaft gravierende Folgen gehabt. Gemäss «Financial Times» setzten die USA und Grossbritannien die Schweiz massiv unter Druck, das CS-Problem sofort zu lösen. Von einem solchen internationalen Druck will Jordan nichts wissen. Der wäre aber wohl kaum nötig gewesen. Denn für die Schweiz stand der Ruf als zuverlässiger und stabiler Finanzplatz auf dem Spiel.

Finanzsektor im Vertrauensdilemma

Das weltweite Banken-Beben scheint aber noch lange nicht vorüber: Die US-Notenbank Fed mit Präsident Jerome Powell (70) betonte am Mittwoch, dass die Banken in den USA stark aufgestellt und gut kapitalisiert seien. Was solche Aussagen wert sind, zeigte der Mittwoch letzter Woche. Da betonte CS-Präsident Axel Lehmann noch, dass seine Bank keine Staatshilfe benötige. Wie es weiterging, ist bekannt.

Der Finanzsektor steckt in einem Vertrauensdilemma. Kann man den Finanzbossen überhaupt noch trauen? «Die Behörden setzen global alles daran, dass wir das System in dieser fragilen Situation stabilisieren können», sagt Jordan zu Blick. Mit den Äusserungen werde verhindert, dass die Weltwirtschaft in eine grössere Krise gerate.

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