«Er kann die Fehler der Vergangenheit korrigieren!»
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Der neue CS-Präsident:«Er kann die Fehler der Vergangenheit korrigieren!»

Mit António Horta-Osório (57) wird erstmals ein Ausländer CS-Präsident
Ein Portugiese muss die Credit Suisse neu erfinden

Am Freitag, dem 30. April, küren die Aktionärinnen und Aktionäre der Credit Suisse einen neuen Präsidenten. António Horta-Osório übernimmt von Urs Rohner. Auf den Portugiesen wartet ein Haufen Arbeit.
Publiziert: 28.04.2021 um 10:36 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2021 um 11:25 Uhr
Christian Kolbe

Der Banker António Horta-Osório (57) steht vor einer Herkulesaufgabe: Er muss die Credit Suisse wieder fit machen, den Weg aufzeigen aus dem Schlamassel, den ihm sein Vorgänger Urs Rohner (61) hinterlassen wird. Die Schweizer Grossbank ist angezählt, ein Kurs- und Strategiewechsel tut not.

Das kann – ja muss – eine Chance für die CS sein. «Als neuer Mann hat António Horta-Osório die einmalige Gelegenheit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die CS neu zu positionieren», sagt Karin Landolt (51), Co-Geschäftsführerin der Aktionärsgemeinschaft Actares. Diese setzt sich für Transparenz und Nachhaltigkeit ein. Dinge, die es bei der CS im Moment nicht im Übermass gibt – ganz im Gegensatz zu Fehlern, aus denen man lernen kann.

Seinen Job tritt der Portugiese Horta-Osório am 30. April an, wenn er an der Generalversammlung zum Nachfolger von Rohner gewählt wird. Es ist eine Premiere: Noch nie in der 165-jährigen Geschichte der CS nahm ein Ausländer auf dem Präsidentensessel Platz. Der Vorteil: Horta-Osório kann sich ohne Rücksicht auf Seilschaften und alte Netzwerke sofort ans Werk machen, um die Bank strategisch neu auszurichten. Sein Job ist schwierig bis unmöglich.

Tritt nach einem Jahrzehnt ab: CS-Präsident Urs Rohner.
Foto: Keystone/Ennio Leanza
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Diese fünf Baustellen muss Horta-Osório anpacken – schnell und ohne Berührungsängste!

Baustelle Geschäftsmodell
Er sei der Überzeugung, «dass die Gesamtstrategie der Credit Suisse solide ist», sagte CS-Chef Thomas Gottstein (57) kürzlich. Das bietet Stoff für Konflikte. Denn viele aussenstehende Beobachter sind sich einig, dass der neue Präsident als Erstes die Strategie überprüfen muss, ein Geschäftsmodell definieren, das die Bank in ruhigeres Fahrwasser bringt. «Diese Instabilität im Investmentbanking mit hohen Gewinnen, aber auch hohen Verlusten schadet der guten Reputation gerade auch der Schweizer Bank», erklärt Vincent Kaufmann (40), Direktor der Anlagestiftung Ethos.

Eine CS ohne Investmentbank, das geht für Maurice Pedergnana (56), Bankenprofessor an der Hochschule Luzern, nicht auf: «Eine Bank, die sich als erste Adresse für Superreiche sieht, die braucht gewisse Dienstleistungen einer Investmentbank.» Für die meisten anderen ist klar: Das Modell «One Bank» muss auf den Prüfstand, die Zeit globaler Universalbanken scheint abgelaufen.

Baustelle Struktur
Eine Perle glänzt im Portfolio der CS besonders: das Schweizer Geschäft gebündelt in der Schweizer Universalbank. Keine Skandale, regelmässige Gewinne. Kein Wunder, kommt die Idee des Börsengangs wieder aufs Tapet, der in der Ära von Ex-CEO Tidjane Thiam (58) erst angesagt war, dann abgesagt wurde. Kaufmann denkt auch an den heimischen Markt: «Die Schweizer Bank spielt eine wichtige Rolle für die Schweizer Wirtschaft, diese müssen wir schützen.» Der Börsengang würde Geld in die Kasse der Bank spülen. «Der Börsengang nähme Ertragsdruck von den anderen Geschäftsfeldern und würde die Kapitaldecke stärken», erklärt die Banken- und Finanzspezialistin Monika Roth (70). Und was mit dem Asset Management geschehen soll, das muss sich der neue Präsident auch genau anschauen.

CS lässt keinen Skandal aus

Im Sommer 2019 erschüttert die Beschattungsaffäre den Finanzplatz Zürich. Iqbal Khan (45), oberster Vermögensverwalter der Credit Suisse, zofft sich in Herrliberg ZH mit seinem Nachbarn und CS-CEO Tidjane Thiam (58). Khan kündigt und heuert bei Erzrivalin UBS an. Die CS will verhindern, dass er Kunden und Mitarbeiter abwirbt, und lässt ihn überwachen. Doch die Detektive fliegen auf, die Grossbank macht sich zur Lachnummer. Thiam nimmt im Februar 2020 den Hut.

Im Corona-Jahr glänzt die CS als Kreditgeberin für KMU. Doch der Lack ist schnell wieder ab. Erst fliegen der Bank im März die Lieferkettenfonds von Greensill Capital um die Ohren, dann kollabiert der Hedgefonds Archegos. Die CS hat das Risikomanagement nicht im Griff, verliert wegen des Archegos-Debakels 5 Milliarden Franken. Auch für eine CS ein Haufen Geld. Die Risikochefin und der Chef der Investmentbank müssen gehen, weitere Topmanager verlieren ihren Job.

Die Skandale der CS bringen den designierten CS-Präsidenten António Horta-Osório (57) offenbar nicht aus der Ruhe. Er brachte bereits die schlingernde britische Lloyds Bank zurück auf die Landkarte. «Die CS ist sehr gut aufgestellt, im Gegensatz zu Lloyds vor zehn Jahren. Auch die Wirtschaftsaussichten sind positiv», sagt er der «Financial Times». Das sei eine andere Ausgangslage als bei Lloyds, die vor der Eurokrise im Sterben gelegen sei. Christian Kolbe

Im Sommer 2019 erschüttert die Beschattungsaffäre den Finanzplatz Zürich. Iqbal Khan (45), oberster Vermögensverwalter der Credit Suisse, zofft sich in Herrliberg ZH mit seinem Nachbarn und CS-CEO Tidjane Thiam (58). Khan kündigt und heuert bei Erzrivalin UBS an. Die CS will verhindern, dass er Kunden und Mitarbeiter abwirbt, und lässt ihn überwachen. Doch die Detektive fliegen auf, die Grossbank macht sich zur Lachnummer. Thiam nimmt im Februar 2020 den Hut.

Im Corona-Jahr glänzt die CS als Kreditgeberin für KMU. Doch der Lack ist schnell wieder ab. Erst fliegen der Bank im März die Lieferkettenfonds von Greensill Capital um die Ohren, dann kollabiert der Hedgefonds Archegos. Die CS hat das Risikomanagement nicht im Griff, verliert wegen des Archegos-Debakels 5 Milliarden Franken. Auch für eine CS ein Haufen Geld. Die Risikochefin und der Chef der Investmentbank müssen gehen, weitere Topmanager verlieren ihren Job.

Die Skandale der CS bringen den designierten CS-Präsidenten António Horta-Osório (57) offenbar nicht aus der Ruhe. Er brachte bereits die schlingernde britische Lloyds Bank zurück auf die Landkarte. «Die CS ist sehr gut aufgestellt, im Gegensatz zu Lloyds vor zehn Jahren. Auch die Wirtschaftsaussichten sind positiv», sagt er der «Financial Times». Das sei eine andere Ausgangslage als bei Lloyds, die vor der Eurokrise im Sterben gelegen sei. Christian Kolbe

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Baustelle Risikomanagement
Wie viel Risiko darf es denn sein? Je nach Sparte der Bank fällt die Antwort kontrovers aus. Diese Konflikte zwischen den Risikoprofilen müsse der neue Präsident nun lösen, sagt Landolt: «Es braucht neue Anreizsysteme. Wegschauen darf nicht mehr belohnt werden, sondern sollte sich negativ auf den Bonus auswirken.» Richtiges Risikomanagement habe seinen Preis, ergänzt Roth (70): «Man muss auch mal auf ein Geschäft verzichten.» Sie kritisiert: Risiken wurden in der CS viel zu lange kleingeredet, der Ertrag habe im Vordergrund gestanden.

Baustelle Personal
Es braucht ein personelles Ausmisten – auch im Verwaltungsrat. Ethos und Actares etwa fordern die Abwahl von Andreas Gottschling (54), der dem Risikoausschuss vorsitzt. Roth geht noch weiter, stellt den ganzen VR in Frage: «Die Kritik an Rohner hat dominiert. Doch auch die übrigen Mitglieder des Gremiums tragen Verantwortung für das Geschäftsgebaren und das Risikomanagement.»

Für Pedergnana ist klar: «Der neue Präsident muss darauf achten, dass die Leute an ihren Positionen nicht überfordert sind. Er muss nun ein gutes Team zusammenstellen, um seine Strategie umzusetzen.» Gut möglich, dass bald weitere Topmanager die CS verlassen müssen. Selbst der Sessel von Thomas Gottstein ist nach dem Archegos-Debakel arg ins Wackeln geraten.

Baustelle Aktienkurs
Die CS-Aktie ist in der Ära Rohner massiv eingebrochen, hier gilt es eine Trendumkehr einzuleiten. Dazu braucht es vor allem eines: Vertrauen – der Anleger wie auch der Kunden. Kaufmann von Ethos sagt: «Der Markt erwartet Änderungen, Antworten und Stabilität – und das möglichst rasch.» Oder wie es Landolt von Actares formuliert: «Solide Arbeit ohne böse Überraschungen stärkt das Vertrauen und ist damit gut für den Aktienkurs.» Die Ausgangsbasis ist tief genug: Die CS-Aktie kostet aktuell weniger als 10 Franken, die Verwässerung durch die letztens angekündigte Kapitalerhöhung hat die Aufgabe noch etwas schwieriger gemacht.

Vielleicht kommt es noch an einem ganz anderen Ort zu einem überraschenden Personalwechsel: bei den gesponserten Tennisstars. Der neue Präsident der CS gilt als zäher Kämpfer, so wie sein Lieblingsspieler Rafael Nadal (34). Nadal statt des Schweizer Tennis-Asses Roger Federer (39) als neues Aushängeschild der Grossbank? Das wäre ein markanter erster Aufschlag – der allerdings neben dem Feld landen könnte.

Archegos verhagelt auch UBS-Resultat

Es gab zwar Spekulationen zum Hedgefonds-Debakel um Archegos. Doch im Gegensatz zur Rivalin Credit Suisse hat sich die UBS bislang nicht zu einer öffentlichen Information über den erlittenen Verlust durchringen können. Mit den Zahlen zum ersten Quartal lässt UBS-Boss Ralph Hamers (55) nun die Katze aus dem Sack. Der Verlust mit Archegos beträgt 774 Millionen Dollar! Das ist zwar weit weniger als die 5 Milliarden, die die CS mit Archegos in den Sand gesetzt hat. Dennoch verhagelte der Hedgefonds das Quartalsresultat der UBS. Die Grossbank fährt einen Reingewinn von 1,82 Milliarden Dollar ein. Das ist ein Plus von 14 Prozent im Vorjahresvergleich. Alle Kundensegmente hätten rekordhohe Aktivitäten verzeichnet, heisst es. Was sagt Hamers dazu, wie die UBS mit einem einzigen Kunden so viel Geld verlieren konnte? Die Rede ist von einem «idiosynkratischen Vorfall». Das heisst so viel wie ein einzigartiges, kaum vergleichbares Ereignis. Hamers: «Risiken sind Teil des Geschäfts. Wir werden die Sache beheben und daraus lernen.» Ulrich Rotzinger

Es gab zwar Spekulationen zum Hedgefonds-Debakel um Archegos. Doch im Gegensatz zur Rivalin Credit Suisse hat sich die UBS bislang nicht zu einer öffentlichen Information über den erlittenen Verlust durchringen können. Mit den Zahlen zum ersten Quartal lässt UBS-Boss Ralph Hamers (55) nun die Katze aus dem Sack. Der Verlust mit Archegos beträgt 774 Millionen Dollar! Das ist zwar weit weniger als die 5 Milliarden, die die CS mit Archegos in den Sand gesetzt hat. Dennoch verhagelte der Hedgefonds das Quartalsresultat der UBS. Die Grossbank fährt einen Reingewinn von 1,82 Milliarden Dollar ein. Das ist ein Plus von 14 Prozent im Vorjahresvergleich. Alle Kundensegmente hätten rekordhohe Aktivitäten verzeichnet, heisst es. Was sagt Hamers dazu, wie die UBS mit einem einzigen Kunden so viel Geld verlieren konnte? Die Rede ist von einem «idiosynkratischen Vorfall». Das heisst so viel wie ein einzigartiges, kaum vergleichbares Ereignis. Hamers: «Risiken sind Teil des Geschäfts. Wir werden die Sache beheben und daraus lernen.» Ulrich Rotzinger

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