Mieter-Abzocke im Jabee Tower in Dübendorf ZH
Verwaltung verlangt bei Wohnungswechsel 3000 Franken

Der Wohnungsmarkt ist ausgetrocknet und Wohnungssuchende sind zunehmend verzweifelt. Das nutzen einige Verwaltungen schamlos aus. Und verlangen unübliche Zusatzgebühren.
Publiziert: 08.05.2023 um 01:18 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2023 um 15:33 Uhr
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Dorothea VollenweiderRedaktorin Wirtschaft

In Schweizer Städten stehen Wohnungssuchende zunehmend am Rande der Verzweiflung. Die Leerstände sind historisch tief. Es kommen kaum noch Wohnungen auf den Markt. Und wenn Mietobjekte frei werden, ist der Ansturm so gross, dass Mieter inzwischen sogar bereit sind, für eine Empfehlung beim Vermieter tief in die Tasche zu greifen.

Das nutzen einige Vermieter schamlos aus. Und stellen Bedingungen, die über den Mietvertrag hinaus erfüllt werden sollen. So geschehen im einst höchsten Wohnhaus der Schweiz: dem Jabee Tower in Dübendorf ZH. Ein Bewohner des Hochhauses hat sich bei Blick gemeldet: «Wir wollten Anfang April von einer 3,5-Zimmer-Wohnung in eine frei werdende 4,5-Zimmer-Wohnung im Hochhaus wechseln», sagt Martin G.* Weil er noch immer im Jabee Tower wohnt, möchte der Mieter anonym bleiben.

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Verwaltung stellt neue Regel auf

Solche internen Wechsel seien im Hochhaus keine Seltenheit. Wenn Anwohner umziehen, würden die frei werdenden Objekte meist erst intern ausgeschrieben. Inzwischen hat die Verwaltung Swiacasa für die Praxis jedoch neue Regeln aufgestellt. Und diese stossen dem Mieter sauer auf. Seit Oktober 2022 verlangt die Immobilienverwaltung von den Anwohnern des Hochhauses bei einem internen Wechsel eine Monatsmiete obendrauf. Die Mieter müssen ihre alte Wohnung also einen Monat über den Einzugstermin in die neue Wohnung hinaus finanziell tragen.

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«Das ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Immobilienverwaltungen aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes aktuell auftreten»
Walter Angst (61), Co-Geschäftsleiter des Zürcher Mieterverbands
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«Bis vor Kurzem war ein Umzug innerhalb des Hochhauses noch ohne zusätzliche Kosten möglich», sagt G. zu Blick. Swiacasa begründet die neue Regel damit, dass solche Wechsel für sie mit «enormen Zeitaufwänden» verbunden seien. So steht es in einem internen Schreiben an die Bewohner, das Blick vorliegt. Die alte Wohnung werde in diesem Zeitraum nicht weitervermietet. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Reinigung und allfällige Reparatur- und Renovationsarbeiten ordnungsgemäss erfolgen können.

Handgeld ist nicht erlaubt

«Ich hätte also rund 3000 Franken draufzahlen müssen», sagt G. Der Bewohner des Jabee Towers akzeptierte diese Bedingung nicht. Und durfte deshalb nicht in die grössere Wohnung ziehen. «Die neue Regelung ist nicht nur unfair, sondern auch widerrechtlich», sagt er. Er prüft nun rechtliche Schritte.

Walter Angst (61), Co-Geschäftsleiter des Zürcher Mieterverbands, bemängelt die Praxis ebenfalls. «Die Forderung eines sogenannten Handgeldes ist in der Schweiz nicht erlaubt», sagt der Experte. Bei einem Wechsel eine zusätzliche Monatsmiete zu verlangen, falle klar in diese Kategorie. «Das ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Immobilienverwaltungen aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes aktuell auftreten», sagt Angst. Immer mehr nützen sie es demnach aus, dass sie am längeren Hebel sitzen.

Swiacasa krebst zurück

Swiacasa will über die neue Gebühr mit Blick nicht direkt sprechen. Über einen Anwalt lässt die Verwaltung ausrichten: «Offensichtlich löste die kommunizierte Regel bei zwei Betroffenen Unmut aus. Zur Vermeidung künftiger Missverständnisse hat sich die Verwaltung dazu entschieden, diese Regel nicht mehr anzuwenden.»

Die Immobilienverwaltung krebst also zurück. Für G. kommt das zu spät. Die 4,5-Zimmer-Wohnung ist bereits wieder vergeben. Darüber, dass die neue Regelung abgeschafft wurde, hat die Verwaltung die Mieter bisher nicht informiert.

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