Keine Knebelverträge mehr
Booking.com ist jetzt fast immer teurer als die Direktbuchung beim Schweizer Hotel

Seit zwei Monaten müssen Hotels in der Schweiz ihre Preise und Verfügbarkeiten nicht mehr an Buchungsplattformen wie Booking.com ausrichten. Direktbuchungen sind seither meist günstiger. Drei Hoteldirektorinnen und -direktoren erklären, welche Vorteile das bringt.
Publiziert: 10.02.2023 um 00:11 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2023 um 19:28 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Wer Ende Februar im Hotel Lenkerhof in Lenk BE übernachten will, bekommt die Junior Suite über Booking.com für 752 Franken. Bucht man direkt über die Hotelwebseite, kostet die gleiche Nacht 717 Franken. Eine Differenz von fünf Prozent. Dieses Beispiel ist typisch, bestätigt Hoteldirektorin Heike Schmidt (43). Sie speist bei gängigen Onlinebuchungsplattformen wie Booking.com konsequent einen um einige Prozent höheren Preis ein, sagt sie gegenüber Blick.

Ein besseres Angebot als auf Booking.com darf Schmidt erst seit dem 1. Dezember anbieten, seither ist die «Änderung des Bundesgesetzes gegen unlauteren Wettbewerb» in Kraft und sogenannte Paritätsklauseln verboten. Mit diesen Knebelverträgen schrieben Buchungsplattformen den Hotels früher vor, dass sie bei Direktbuchungen keine tieferen Preise anbieten durften.

Booking.com streicht Kommission ein

Die Schweizer Hoteliers hatten jahrelang gegen die Paritätsklausel gekämpft. Und nutzen die neue Freiheit jetzt rege. Das Konsumentenmagazin «Bon à savoir» verglich die Direktbuchungspreise von zwölf Schweizer Hotels mit jenen auf Booking.com und stellte für das Stichdatum 11. März 2023 eine durchschnittliche Preisdifferenz von 14,6 Prozent fest. In einer ähnlichen Erhebung fand «RTS» teilweise gar um bis zu 50 Prozent tiefere Preise bei Direktbuchungen.

Heike Schmidt vom Hotel Lenkerhof verlangt bei Direktbuchungen weniger Geld als auf Booking.com.
Foto: Lenkerhof
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Auch mehrere von Blick durchgeführte Stichproben zeigen: Die Buchung über Booking.com ist teurer als direkt beim Hotel. In vielen Fällen beträgt die Preisdifferenz rund 15 Prozent, etwa im Hotel Rössli in Weggis LU. Das ist kein Zufall: Für die Vermittlung von Gästen nimmt Booking.com von den Hotels normalerweise eine Kommission in Höhe von rund 15 Prozent des Übernachtungspreises.

Heike Schmidt kommentiert: «In der Hotellerie ist die Marge gering, Kommissionszahlungen schmälern diese zusätzlich. Wir offerieren lieber unseren Gästen einen attraktiven Preis.»

Auch im Hard Rock Hotel in Davos GR sind die Preise bei Direktbuchungen grösstenteils tiefer als bei Booking. Direktor Florian Walther (48) sieht die Sache allerdings differenziert: «Es ging bei der Änderung nicht um die Preise an sich, sondern um die Preisstrategie.» Hotels haben jetzt die Möglichkeit, flexibler am Markt zu agieren und spezielle Angebote zu schnüren. Das kann ein günstigerer Preis auf der eigenen Website sein. Hotels haben aber auch die Möglichkeit, etwa niedrige Zimmerkategorien auf der Website günstig zu verkaufen, und über Booking nur höherpreisige Kategorien feilzubieten.

Booking.com bleibt wichtiger Partner

Es kann durchaus sein, dass der Preis auf der eigenen Webseite höher ist. Indem Booking Tiefpreise anbietet, können beispielsweise in der Nebensaison noch einige zusätzliche Gäste angelockt werden.

Walther hütet sich, allzu preisaggressiv aufzutreten: «Letztlich ist Booking ein sehr wichtiger Partner.» Seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes habe er denn auch keine Abnahme der Buchungen festgestellt, die über Booking.com generiert werden. «Die Plattform bietet eigene Vorteile», so Walther. Beispielsweise Rabatte, die Nutzer durch Erlangen des Genius-Status (eine Art Vielbucherprogramm) erhalten. Dadurch kann der Preis bei Booking.com tiefer als direkt beim Hotel liegen. Ferner übermittelt das System alle Buchungsdetails in eine App. Für die Buchung müssen Identitäts- und Kreditkartenangaben bei Booking darum nur ein Mal eingegeben werden. Bei einer Direktbuchung aber jedes Mal aufs Neue.

Walther glaubt denn auch, dass Booking.com durch die neue Gesetzgebung nur sehr wenig Geld verlieren wird. «Ohne die Buchungsplattformen geht es nicht.» Laut einem Bericht des Dachverbands Hotelleriesuisse machen die Buchungsplattformen weniger als ein Drittel der Zimmerreservierungen in der Schweiz aus. An diesen hat Booking.com einen Marktanteil von über 70 Prozent.

Der Preis ist nicht das Einzige

Von der neuen Flexibilität profitiert auch das Albana Hotel in Silvaplana GR. Direktorin Malvika Bosshard-Jürisaar (43) setzt primär auf Pauschalangebote, die sie nur über eigene Plattformen vertreibt. «So sind wir weitgehend unabhängig von den Online-Anbietern.» Sie sehe in diesen aber keine Gegner, sondern eine Möglichkeit, die eigene Bettenbelegungsrate zu verbessern. Ein «Preisdumping» gegenüber diesen Plattformen sei deshalb gar nicht nötig.

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