Der oberste Schweizer Hotelier wehrt sich
«Der Booking-Chef hat im letzten Jahr 54 Millionen Dollar kassiert»

Kurz vor der Abstimmung über die sogenannte «Lex Booking» im Ständerat attackiert der Chef der Buchungsplattform die Schweizer Hoteliers. Diese wehren sich und weisen die Vorwürfe zurück.
Publiziert: 08.06.2022 um 00:28 Uhr
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Aktualisiert: 08.06.2022 um 06:56 Uhr
Christian Kolbe

Ein Interview sorgt derzeit in der Hotelleriebranche für helle Aufregung. «Bei der Lektüre haben sich mir die Nackenhaare gesträubt», sagt Andreas Züllig (64), Präsident von Hotelleriesuisse. Glenn Fogel (45), Chef der Buchungsplattform Bookings.com, attackiert die Schweizer Hoteliers scharf in der «Neuen Zürcher Zeitung». Wirft ihnen «ungerechtfertigte Bereicherung» und «Trittbrettfahrerei» vor.

Der Hintergrund: Am heutigen Mittwoch stimmt der Ständerat über die «Lex Booking» ab. Dabei geht es darum, dass Buchungsplattformen Hotels in der Schweiz nicht mehr verbieten dürfen, Zimmer auf der eigenen Homepage billiger anzubieten. «Wir wehren uns gegen diesen Knebelvertrag von Booking.com», so Züllig. Wohl mit Erfolg: Die sogenannte Paritätsklausel dürfte fallen, der Nationalrat hat der Gesetzesänderung bereits im März zugestimmt.

Es geht um viel Geld

Für das grösste Online-Reiseportal in Europa und Nordamerika steht einiges auf dem Spiel. «Booking.com verdient in der Schweiz pro Zimmer deutlich mehr als in anderen Ländern, da hier die Preise höher sind», erklärt Züllig. Der Patron des Hotels Schweizerhof in Lenzerheide GR hat trotzdem überhaupt kein Verständnis für die heftige Attacke auf die Schweizer Hotels: «Der Chef von Booking.com hat im letzten Jahr 54 Millionen Dollar kassiert – und uns kleinen Hoteliers aus der Schweiz wirft er Bereicherung vor. Das geht gar nicht.»

Glenn Fogel, Chef von Booking.com, wirft im Interview mit der «NZZ» der Schweizer Hotelbranche ...
Foto: Bloomberg via Getty Images
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Der oberste Schweizer Hotelier verteidigt seine Branche: «Der Vorwurf der ungerechtfertigten Bereicherung ist falsch. Im Gegenteil: Booking.com schränkt die unternehmerische Freiheit der Schweizer Hotels stark ein.» Zudem: In den Nachbarländern sei die Paritätsklausel längst verboten. «Wir wollen gleich lange Spiesse wie die Konkurrenz aus dem Ausland», so die Forderung der Branche.

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Wichtiger Gästelieferant

Auch wenn der Booking.com-Chef im Interview die Konkurrenzsituation etwas anders darzustellen versucht, so führt auch für die Hotels in der Schweiz kein Weg am Platzhirsch vorbei. «Die Marktmacht von Booking.com ist enorm. Bei den Buchungsplattformen liegt der Anteil bei 70 Prozent», erklärt Züllig. Und will deshalb durch die Gesetzesänderung den Wettbewerb in der Branche etwas beleben.

Allerdings weiss der Hotelier auch um den Wert der Vermittlungsportale: «Booking.com und all die anderen Buchungsplattformen sind gute Gästelieferanten.» Gerade für viele kleinere Hotels sei Booking.com der wichtigste Buchungskanal, nur so sind sie online überhaupt sichtbar.» Und sparen sich so einiges Geld für Werbung und Marketing.

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