IGöV läuft Sturm gegen BAV-Pläne
«Grösste Fahrplan-Verschlechterung aller Zeiten»

Schneller und schlanker sollte der Bahnverkehr werden. Mit den aktuellen Plänen für die Zeit ab 2035 droht laut der IGöV jedoch das Gegenteil zu passieren. Sie stellt darum Forderungen.
Publiziert: 17.06.2023 um 19:57 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2023 um 18:33 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Seit fünf Jahren tüftelt das Bundesamt für Verkehr (BAV) am «Ausbauschritt 2035» für den Bahnverkehr. Das ursprüngliche Konzept wurde bereits einmal überarbeitet und der ursprünglich vom Parlament bewilligte Ausbau-Kredit ist von 12,9 auf 19 Milliarden Franken angestiegen.

Trotzdem ist die Interessengemeinschaft Öffentlicher Verkehr (IGöV), die heute ihre Generalversammlung 2023 abhielt, alles andere als zufrieden mit dem aktuellen Plan. Dieser bringe nichts weniger als die «grösste Fahrplanverschlechterung aller Zeiten». Deshalb fordert die IGöV eine neuerliche «massive Überarbeitung» des Plans.

Länger nach München und Wien, kein TGV mehr

Mit dem aktuellen Konzept käme es laut IGÖV fast ausnahmslos zu längeren Fahrzeiten, teils drastisch. Konkret:

Ein Zug fährt in Basel los: Viele Fahrzeiten würden sich nach aktuellem Planungsstand um wenige bis über 30 Minuten verlängern.
Foto: Keystone
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  • Massive Fahrzeitverlängerung um 20 Minuten auf der Jurasüdfusslinie Genf-Basel und um mindestens 30 Minuten auf der Strecke Zürich-München
  • Schlechtere Anschlüsse in zahlreichen Knotenbahnhöfen, u.a. Lausanne VD, Neuenburg, Olten SO, Luzern, St. Gallen
  • In Bern deutlich schlechtere Anschlüsse in Richtung Berner Oberland
  • Führen aller IC/EC Basel-Tessin-Milano via Zürich. Stärkere Belastung des Knotens Zürich, Abwertung des Knotens Luzern
  • Wegfall der Direktverbindungen von der Westschweiz nach Luzern
  • Verlegung der Railjet-Züge von Zürich nach Wien auf die 40 Minuten langsamere Strecke via St. Margrethen
  • Keine direkten IC-/EC-Züge mehr von Basel-Olten-Luzern ins Tessin (nur noch Umsteigeverbindungen)
  • Wegfall des sogenannten Arth-Goldauer Wechsels (Züge fahren abwechslungsweise von Zürich bzw. Luzern via Basisstrecke bzw. Bergstrecke nach Süden und umgekehrt)
  • Züge aus Deutschland (ICE) und Frankreich (TGV) fahren nur noch bis Basel SBB, wo die Reisenden in Zukunft umsteigen müssen. Nicht einmal der TGV von Paris soll nach Zürich weiterfahren.

Für die IGöV sind diese Änderungen inakzeptabel. «Damit gewinnen wir keine Fahrgäste, wir vertreiben sie», urteilt die IGöV, deren Präsidentin die Grünen-Nationalrätin Florence Brenzikofer (48) ist.

Verlangsamung der Bahn inakzeptabel

Ursprünglich hatte der Bund mit dem Ausbau 2035 mehr Halbstunden- und Viertelstundentakte, mehr Kapazität auf der Schiene und eine bessere Erreichbarkeit vieler Regionen versprochen. Nun lässt sich das versprochene Angebot kaum umsetzen. Der Bahnverkehr droht, an Attraktivität zu verlieren. Just in dem Moment, in dem er an Attraktivität deutlich zulegen müsste.

Die IGöV will, dass die heutigen Fahrzeiten der Fernverkehrszüge auch in Zukunft gelten. Und sie glaubt zu wissen, was dafür zu tun ist.

So sei «in diesem Jahrzehnt» eine Ersatzbeschaffung für Neigezüge (Ersatz für ICN) mit Inbetriebnahme ab 2040 in die Wege zu leiten. Um zusätzliche Fahrzeitreserven zu gewinnen oder punktuell Fahrzeitgewinne realisieren zu können, seien zudem im Fernverkehr wie bei den S-Bahnen stärker motorisierte Züge zu beschaffen und geeignete Strecken für höhere Geschwindigkeiten anzupassen. Als Ausgleich zum Verzicht auf die Neigetechnik bei den neuen Fernverkehrs-Doppelstockzügen seien «mit hoher Priorität» zwischen Lausanne VD und Freiburg sowie zwischen Winterthur ZH und St. Gallen Neubaustrecken zu realisieren.

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