«Leute gehen für Wohneigentum ans Limit ihres Budgets»
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Suchboom bei Häusern ab 1 Mio:«Leute gehen für Wohneigentum ans Limit ihres Budgets»

Häuser über 1 Million beliebt wie nie zuvor
«Leute gehen für Wohneigentum ans Limit ihres Budgets»

Die Nachfrage nach Häusern, die bis zu zwei Millionen Franken kosten, stieg im letzten Jahr um mehr als 13 Prozent. Das liegt nicht nur an den steigenden Preisen. Die Leute sind bereit, in der Corona-Krise für Wohneigentum immer tiefer in die Tasche zu greifen.
Publiziert: 22.03.2021 um 06:15 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2021 um 16:45 Uhr
Dorothea Vollenweider

Corona ist das beste Förderungsprogramm für Wohneigentum! Noch nie zuvor haben so viele Schweizerinnen und Schweizer nach einem Haus in der Preiskategorie von über einer Million Franken gesucht. Gleichzeitig sanken die Suchanfragen für Wohneigentum von unter einer Million. Das zeigt eine Auswertung von Immoscout24, die BLICK exklusiv vorliegt.

Rund 60 Prozent aller Suchanfragen nach Wohneigentum finden auf dem Immobilienportal in der Preisspanne zwischen 500'000 Franken und 1,5 Millionen Franken statt. Von März 2020 bis Februar 2021 fand in diesen Preiskategorien jedoch eine deutliche Verschiebung nach oben statt. «Die Leute sind bereit, für Wohneigentum immer tiefer in die Tasche zu greifen», sagt Martin Waeber (49), Chef von Immoscout24, zur aktuellen Entwicklung.

Schweizer wollen mehr Platz

So nahmen die Suchanfragen für einen Kaufpreis bis 1,25 Millionen Franken im Vergleich zum Vorjahr um 6 Prozent zu. Nach Häusern für bis zu 1,5 Millionen Franken suchten gar 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig sanken Suchanfragen nach Häusern bis 900'000 Franken um 2,6 Prozent und bis 800'000 Franken um 1,2 Prozent.

Schweizer suchen so häufig wie nie zuvor nach Wohneigentum über einer Million Franken. Zu dieser Kategorie gehört auch dieses Haus auf Immoscout24: Das Reiheneinfamilienhaus in Weiningen ZH hat 5,5 Zimmer und kostet 1,25 Millionen Franken.
Foto: Screenshot Immoscout 24
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Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens: Die Leute wollen mehr Platz. Nach einem Jahr Homeoffice hat niemand mehr Lust, vom Schlafzimmer aus zu arbeiten. «Viele Schweizer wollen jetzt ein Zimmer mehr fürs Homeoffice und einen Garten», sagt Donato Scognamiglio (51), CEO des Immobilien-Beratungsinstituts Iazi, zu BLICK. Am besten soll das Eigenheim freistehend sein. «Bei diesen Anforderungen steigen die Preise natürlich markant», weiss der Immobilienexperte.

Hauspreise erreichen Höchstwerte

Zweiter Grund: der Immobilienboom! In den letzten 20 Jahren haben sich die Preise fürs Eigenheim laut Iazi fast verdoppelt. Und es ist kein Ende in Sicht. «Die Preise für Wohneigentum steigen derzeit auf neue Höchstwerte», bestätigt auch Waeber von Immoscout24. Das heisst, die Kaufinteressenten sollten sich darauf einstellen, noch tiefer in die Tasche greifen zu müssen.

Das widerspiegelt sich auch in den Suchanfragen. In gewissen Regionen der Schweiz gibt es kaum mehr Eigenheime für unter einer Million Franken. «Das gilt beispielsweise für die Grossregion Zürich», sagt Iazi-Chef Scognamiglio.

Auch die Luxusimmobilien erlebten während der Pandemie einen Boom: Die Suchanfragen für Häuser bis zwei Millionen Franken stiegen um 13,6 Prozent, genauso wie die Nachfrage nach Häusern bis vier Millionen Franken. Werden die Schweizer in der Krise etwa reicher? Nein, ganz so einfach ist es nicht. Bei Anfragen zwischen zwei und vier Millionen Franken wird die Anzahl der Stichproben dünn. «Deshalb haben ein oder zwei Luxusvillen, die neu auf den Markt kommen, bereits eine grosse Auswirkung auf die Suchanfragen», ordnet Scognamiglio ein.

Eine tickende Zeitbombe?

Einen Trend hin zu Luxusimmobilien sieht der Immobilienexperte deshalb aktuell nicht. «Aber es ist sicher so, dass die Leute für Wohneigentum ans Limit ihres Budgets gehen.» Dazu verlocken auch die aktuell tiefen Hypothekarzinsen.

Die Schattenseite dieses Immobilienbooms, dem Corona noch einen zusätzlichen Schub verliehen hat: Die Verschuldung nimmt stetig zu. Derzeit sitzt die Schweiz auf Hypotheken im Wert von über 1000 Milliarden Franken. «Es haben sich in den letzten Jahren Verwundbarkeiten im Hypothekar- und Immobilienmarkt aufgebaut», sagte Nationalbank-Vize Fritz Zurbrügg (60) erst kürzlich in einem Interview mit BLICK. Donato Scognamiglio formuliert es gar so: «Man könnte sagen, wir sitzen auf einer tickenden Zeitbombe.»

Darum wird der Franken immer schwächer
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SNB-Vize Fritz Zurbrügg (61):Darum wird der Franken immer schwächer
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