Grosser Preisvergleich
Hier sind Immobilien noch bezahlbar

An gewissen Lagen haben sich die Kaufpreise für Wohneigentum in den letzten elf Jahren verdoppelt. Überhaupt schiessen sie im ganzen Land in den Himmel. Nur im Goms nicht. Eine Spurensuche vor Ort.
Publiziert: 16.10.2018 um 01:07 Uhr
|
Aktualisiert: 23.10.2018 um 08:46 Uhr
Goms rot, der Rest im positiven Bereich: Die Immo-Preise sind in der Schweiz fast überall in den letzten elf Jahren stark angestiegen.
Foto: Blick Grafik
1/8
Anian Heierli und Konrad Staehelin

In den letzten zehn Jahren gab es kaum bessere Anlagen als Immobilien. Während Aktien wegen der Finanzkrise starke Einbussen verzeichneten und heute weniger wert sind als zuvor, schossen die Preise für Wohn­eigentum in die Höhe. In den grossen Städten sind sie heute fast doppelt so hoch wie 2007, wie eine neue Studie der ETH Zürich und des Vergleichdienstes Comparis zeigt. Das freut die Besitzer und ärgert die Besitzlosen. Denn mit einem Durchschnittseinkommen ist es heute kaum mehr möglich, in Zentrumslagen Wohneigentum zu erwerben.

So weit die schlechte Nachricht. Die gute: Ausserhalb der grossen Städte sind Wohnungen und Häuser durchaus noch finanzierbar. Im Bernbiet, im Kanton Glarus und im Tessin wurden Immobilien vielerorts nur moderat teurer. Das Goms im Oberwallis verzeichnet sogar sinkende Preise – als einzige Region in der Schweiz.

Einzig im Goms sind die Preise zurückgegangen

Den Gommern ist es meist ganz recht, nicht zur Restschweiz zu gehören. Doch in einem Punkt wären die Oberwalliser wohl gerne gleicher: bei den Preisen für Häuser und Wohnungen. Die Schweiz hat das Goms im Immobilienmarkt abgehängt. Fast überall im Land steigen die Preise für Wohneigentum. Die Auswertung über die letzten elf Jahre zeigt etwa für die Stadt Zürich fast eine Verdoppelung der Kaufpreise pro Quadratmeter. Was auch Nachteile mit sich bringt, das ist unbestritten.

Bloss wünscht man sich die Gommer Situation noch weniger: Als einziger Bezirk im Land weist das Goms keine Steigerung der Preise auf, sondern einen Abfall um 2 Prozent. Das mag den Käufer im Einzelfall freuen, ist aber gleichzeitig ein Alarmzeichen. Wenn die Preise fallen, kann etwas nicht stimmen. Was ist in diesem wunderschönen Tal bloss los?

Gerhard Kiechler (54) könnte die Antwort kennen. Für den Präsidenten der Fusionsgemeinde Goms, die letztes Jahr aus fünf Orten hervorging, liegt sie sechseinhalb Jahre zurück: die Zweitwohnungsinitiative, vom Volk mit 50,6 Prozent der Stimmen angenommen. Sie verbietet den Bau neuer Zweitwohnungen, wenn diese schon mehr als 20 Prozent am Bestand im Ort ausmachen.

Tourismus alleine kann keine Zukunft sein

«Plötzlich meinten alle, hier liege der Markt nun am Boden, dabei tut er das keinesfalls», erinnert sich Kiechler im Gespräch mit BLICK. «Die Nachfrage ist nach der Annahme der Initiative zusammengebrochen.» Der Tourismus an sich sei dagegen stabil.

Der lokale Immobilienunternehmer Hans-Ulrich Weger (46), Immobilienunternehmer im Bezirkshauptort Münster, differenziert: Für moderne Objekte würden immer noch steigende Preise bezahlt.

«Das Problem liegt bei den kleineren Wohnungen aus den 60er- und 70er-Jahren.» Sie seien eng, nicht sehr hell, bräuchten Investitionen. «Aber niemand mehr will hier für solche Objekte Geld in die Hand nehmen. Wir sind hier in einer touristischen Randregion, nicht in St. Moritz oder Zermatt.»

Für Donato Scognamiglio (48), CEO beim Zürcher Beratungsunternehmen Iazi, ist das genau der kritische Punkt: «Das Goms liegt fernab aller Zentren. Der Tourismus alleine kann hier nicht die Zukunft sein.»

Mit Steuersenkungen Unternehmen anlocken

Er verweist auf die Bevölkerungsentwicklung: Zwischen 2010 und 2017 ist die Bevölkerung im Bezirk Goms um 6,1 Prozent auf 4455 Personen geschrumpft. Auch gehört der Bezirk zu jenen mit dem höchsten Durchschnittsalter. Salopp gesagt: Die Jungen rennen weg, die Alten sterben weg. Metzger Beat Eggs (57) im Dörfchen Reckingen bekommt die Konsequenzen davon zu spüren: «Ich habe grosse Mühe, Lehrlinge zu finden.»

«Wenn es so weitergeht, wird das Goms nicht nur an Einwohnern, sondern auch an Attraktivität verlieren», warnt Scognamiglio. «Dann sind die Häuser bald gratis.» Und wie bitte soll das gestoppt werden? «Alles steht und fällt mit den Jobs.» Irgendwie müsse man Unternehmen anlocken. Am einfachsten sei das mit Steuersenkungen. Scognamiglio: «Vor wenigen Jahrzehnten bestand die Region Zug aus Kühen und Kirschbäumen. Heute ist sie ein Firmenmekka. Die Gommer könnten eine ähnliche Entwicklung anstreben.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.