Fast-Food-Riese ist längst nicht satt
Das System Subway

Die Geschichte von Subway Schweiz ist noch jung. Der von SonntagsBlick aufgedeckte Sandwich-Skandal kommt für die Kette zur Unzeit.
Publiziert: 16.05.2016 um 08:42 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2022 um 12:44 Uhr
Ulrich Rotzinger, Moritz Kaufmann

Der Fall von Jari V.* (37) bewegt. Im SonntagsBlick deckte der Schweizer mit ägyptischen Wurzeln Unappetitliches aus seiner Zeit als Geschäftsführer dreier Subway-Filialen in Dietikon ZH, Langenthal BE und Interlaken BE auf. V. lieferte Belege, dass Mitarbeiter ausgebeutet werden und vom vertraglich zugesicherten Lohn nur einen Bruchteil sehen (BLICK berichtete).

Der Sandwich-Skandal kommt für Subway Schweiz zur Unzeit. Letzten Mittwoch feierte die 40. Subway-Filiale (Volketswil ZH) ihre Eröffnung. Die Schweizer Geschichte der Franchise-Kette ist noch jung: Ein erster Versuch scheiterte in den 90er-Jahren. In einem zweiten Anlauf eröffnete 2007 in Zürich ein erstes Schnellrestaurant.

Allein 20 Filialen haben in den letzten zwei Jahren eröffnet. Der Mitarbeiter-Bestand wuchs schnell auf über 400 in der ganzen Schweiz.

Subway hat Expansionshunger: Allein in den letzten zwei Jahren gingen in der Schweiz 20 Subway-Filialen auf.
Foto: ZVG

Subway hat Expansionshunger

Doch Subway ist längst nicht satt: Vier weitere Filialen sollen in den nächsten Monaten aufgehen. «Der Umsatz der Sandwichkette ist in der Schweiz im Europavergleich überdurchschnittlich», verkündete Subway zum Schweizer Jubiläum. Die Sandwich-Kette drückt massiv aufs Tempo. «Noch mehr Filialen werden folgen.» Die Suche nach neuen Standorten laufe auf Hochtouren.

Das Netzwerk der Klein-Restaurats in der Schweiz wird von sogenannten Franchise-Partnern geführt. Das sind eigenständige Unternehmer, die eine oder mehrere Filialen führen und dafür eine Franchise-Gebühr abdrücken.

Die insgesamt 23 Franchise-Partner in der Schweiz werden von drei Gebietsverantwortlichen betreut, die auch selber Filialen führen müssen.

Das Franchise-System Subways

Subway setzt auf ein niedrigschwelliges Franchise-Modell mit relativ geringen Eintrittsgebühren und Investitionen. Laut eignen Angaben beginnen die Grundinvestitionskosten für ein Restaurant bei 200000 Franken. Davon müsse der Partner die Hälfte als Eigenkapital aufbringen und bei entsprechender Bonität eine Finanzierung beantragen.

Diese Investitionssumme versteht sich inklusive der einmaligen Lizenzgebühren von 8250 Franken. «Der Franchise-Partner ist selbstständiger Unternehmer und trägt das unternehmerische Risiko«, sagt eine Subway-Sprecherin auf Anfrage von BLICK. 8 Prozent seines Umsatzes muss dieser als Systemgebühr abdrücken. 4,5 Prozent des Umsatzes fliessen unabhängig davon in einen Schweizer Marketing-Topf.

Die Subway-Partner schliessen ihre Verträge direkt mit der Subway International B.V. in Holland, heisst es weiter.

Gebietsbetreuer unterstützen ihrerseits die Partner ab und zu mit Werbung, Knowhow, Lieferantennetzwerk und schicken regelmässig Kontrolleure vorbei.

Im Gegensatz zu den USA ist Franchising in der Schweiz noch in den Kinderschuhen. Dennoch ist die Schweiz diesbezüglich kein Entwicklungsland. Laut einer Projektarbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz von Dezember 2015 (Auftraggeber Schweizer Franchising Verband) sind rund 295 Franchise-Geber derzeit in der Schweiz aktiv. Die Hälfte davon in den Branchen (Detail-)Handel, Gastronomie und Gesundheit/Wellness.

Bekannte Franchise-Konzepte sind McDonald's, Burger King, Backwerk, Brezelkönig, Valora-Kiosk-Agenturen, Migrolino und Coop Pronto.

Sandwich-Riese mit amerikanischen Wurzeln

Subway ist die grösste Sandwich-Franchise-Kette der Welt: Etwas mehr als 50 Jahre nach Eröffnung des ersten Schnellrestaurants in den USA gibt es ausserhalb des Gründungslandes mehr als 15000-Subway-Standorte in über 110 Ländern. Weltweit verkaufen über 44300 Subways Tandoori-Chicken-Sandwiches, Wraps und Co. Der Konzernumsatz ist fett: gegen 12 Milliarden Franken.

In Europa ist die Franchise-Kette über 5000 Mal in über 30 Ländern von Island bis Russland vertreten. Damit ist man zweitgrösster Franchise-Geber Europas. Neuerdings nimmt die Kette dort sogenannte «non-traditional Standorte» wie in Bahnhöfen, Universitäten oder in Krankenhäusern ins Visier.

Skandal zum 50-jährigen Jubiläum

In den Knochen steckt Subway noch der Skandal zum 50-Jahre-Jubiläum: Kurz vor den Feierlichkeiten gerät der langjährige Sprecher des Unternehmens, Jared Fogle, unter Verdacht, Sex mit Minderjährigen gehabt und Kinderpornografie in Umlauf gebracht zu haben.

Die Sandwich-Kette heuerte den heute 38-Jährigen zur Jahrtausendwende als Markenbotschafter an, nachdem er mit einer «Subway-Diät» Schlagzeilen machte, die ihm geholfen haben soll, über 100 Kilo abzuspecken. Fortan trat Fogle in den Werbeclips des Fast-Food-Konzerns auf und wurde in den USA als «Jared the Subway Guy» zu einem Medienstar.

Subway distanzierte sich rasch von dem Werbeträger. Auf Twitter erklärte das Unternehmen die Beziehungen zu Fogle für beendet. Dessen Anwalt teilte mit, dass sein Mandant seine Schuld eingestehen wolle. Für Subway ist der Imageschaden dennoch in keiner Art und Weise abzuwenden.

Im gleichen Jahr schrieb die «Le Monde diplomatique» einen Hintergrundbericht zu den Fast-Food-Riesen. Darin heisst es: Subway ist «das Musterbeispiel für jeden nur denkbaren Missbrauch».

Die französische Zeitung beruft sich auf den Wirtschaftswissenschaftler Dean Sagar, der bereits 1998 Subway als «das grösste Problem im Bereich Franchising» bezeichnete. Laut «Le Monde diplomatique» habe sich daran in den letzten 15 Jahren offenbar nichts geändert.

Franchise-System unter Kritik

In der Schweiz gab es bislang keinen Subway-Skandal. Dennoch steht das Franchising nun wieder in der Kritik: «Das Franchisesystem erschwert es erheblich, diesen Missbräuchen Einhalt zu gebieten», sagt Natalie Imboden (45), Branchenverantwortliche Detailhandel der Gewerkschaft Unia.

Der Grund mit Wink zu Subway: «Die mächtigen Franchisegeber können sich damit aus der Verantwortung stehlen. Leidtragende bleiben die Mitarbeiter.» Die Gewerkschafterin sieht einen Zusammenhang zwischen ausbeuterischen Bedingungen für Franchisenehmer und den Anstellungsverhältnissen ihres Personals: «Je höher der Druck auf den Franchisenehmern, desto schlechter dürfte tendenziell auch die Situation ihrer Angestellten sein», sagt Imboden.

Ex-Subway-Mitarbeiter V. kennt das nur zu gut aus eigener Erfahrung. «Das so etwas in der Schweiz möglich ist, hätte ich nie gedacht», sagt V. im Sonntagsblick.

*Name der Redaktion bekannt

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