Deborah Wüthrich (20) wartet Triebwerke
«Ich wusste immer, dass ich in eine Werkstatt will»

Sicherheit ist das Wichtigste beim Fliegen – für Passagiere wie für Airlines. Die Firma SR Technics mit Sitz am Flughafen Zürich kümmert sich um Wartung und Reparatur von Flugzeugen. Eine junge Mitarbeiterin erzählt von ihrem Alltag.
Publiziert: 07.07.2023 um 00:51 Uhr

Gut 1100 Personen arbeiten am Flughafen Zürich allein für SR Technics. Die Schweizer Firma gehört zu den weltweit grössten Anbietern von technischen Dienstleistungen in der zivilen Luftfahrt. Am Zürcher Standort werden insbesondere Triebwerke gewartet, was rund 80 Prozent des Firmenumsatzes ausmacht. Zu den vielen Mitarbeitenden in Zürich gehört Deborah Wüthrich (20). Sie ist ausgebildete Kunststofftechnologin und arbeitet in einer Werkstatt an Einzelteilen von Triebwerken.

Tausende Einzelteile brauchen Pflege

Wüthrich führt Blick zunächst in die grossen Hallen, wo die Triebwerke angeliefert, im Schnellverfahren gewartet oder aber in alle Einzelteile zerlegt werden. Sie kümmere sich gerade um Verklebungen, die in Triebwerken an zahlreichen Stellen vorkommen. Mal klöppelt sie mit einem «Tap Tester» – einem kleinen Werkzeug zur Klopfschallkontrolle – über eine Verklebung und versucht zu hören, wo sich unerwünschte Luftkammern befinden. Mal erhält sie in ihrer Abteilung eines der bis zu 6000 Einzelteile für einen spezifischen Wartungsschritt.

Die Zürcher Oberländerin konnte vor ihrer Lehre bei SR Technics schnuppern und wusste sofort: «Das ist es für mich!» Als sie nach bestandener Lehrabschlussprüfung ein Jobangebot erhielt, zögerte sie keine Sekunde.

Deborah Wüthrich (20) in einer Werkshalle von SR Technics vor einem der zu wartenden Triebwerke.
Foto: Philippe Rossier
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Sie sei zwar keine, die schon früher an Velos herumschraubte. Aber, so Wüthrich: «Ich wusste immer, dass ich in eine Werkstatt will.» Dass diese am Flughafen Zürich liegt, mache die Arbeit noch reizvoller.

Sie zeigt Blick, wie sie ein Metallstück anschleift, dann entfettet sie dieses mit Lösungsmittel und trägt einen Haftvermittler auf. Darauf werden neue Silikonteile angeklebt. Bis der Klebstoff aushärtet – was bis zu 24 Stunden dauern kann – wird das Teil noch nicht an die nächste Abteilung für weitere Wartungs-Prozessschritte weitergeleitet. Ein extrem komplexer Vorgang. «Die Wartung eines Triebwerks dauert in der Regel zwei bis drei Monate», sagt Wüthrich.

Weil die Klebvorgänge spezielle Bedingungen hinsichtlich Luftfeuchtigkeit und Temperatur erfordern, ist Wüthrichs Werkstatt im Gegensatz zu vielen anderen mit einer Klimaanlage ausgestattet. «So lässt sich trotz der erforderlichen Schutzkleidung angenehm arbeiten», schmunzelt sie.

Sie liebt die Werkstatt

Hat sie Angst vor der Verantwortung? Schliesslich sind Triebwerke extrem kostenintensiv, ein einzelnes Turbinenblatt kann über 50'000 Franken kosten. Da sind Handwerksfehler schnell teuer. Doch Wüthrich bleibt entspannt: «Alle Arbeitsschritte werden kontrolliert und die Triebwerke vor der Rückgabe an die Airlines getestet.»

Dass weniger als zehn Prozent der Belegschaft Frauen sind, stört sie nicht: «Hier herrscht eine super Atmosphäre.» Sie lerne täglich dazu. Dafür bringt sie auch den nötigen Enthusiasmus mit, spricht engagiert über ihre Aufgaben und erklärt gerne mal Details von Triebwerken. Deren Wartung vergleicht sie mit dem Job von Uhrmachern. Geduld, Präzision und eine Faszination für Technik seien nötig.

Hohe Spezialisierung nötig

Dazu bekommt sie regelmässig interne Weiterbildungen. Aktuell laufen die Vorbereitungen für die Wartung von GTF-Triebwerken des Herstellers Pratt & Whitney, die in Airbus A320neo zum Einsatz kommen. Durch diesen Mega-Auftrag wird SR Technics ab 2024 für die darauffolgenden zehn Jahre bis zu 1000 Triebwerke dieses Typs aus aller Welt warten. Auch das heutige Kerngeschäft rund um das CFM56-Triebwerk werde sicherlich noch viele Jahre wachsen.

Dadurch entstehen rund 400 weitere Arbeitsplätze in der Schweiz. Jeder Job ist spezialisiert. So wie jener von Deborah Wüthrich, die mit Klebstoffen arbeitet. Das ist alles andere als unbedeutend: Ohne ihr Zutun funktionieren die viele Millionen Franken teuren Triebwerke nicht sauber. Und ohne Triebwerke, keine Flüge.

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