Chef von Totimpfstoff-Hersteller Valneva appelliert an Skeptiker
«Wartet nicht auf unseren Impfstoff, impft euch jetzt»

Er steht im Wettbewerb um die Corona-Impfstoffe: Valneva-Chef Thomas Lingelbach. Aber sein Corona-Impfstoff ist noch nicht auf dem Markt. Er selbst ist dennoch geimpft und geboostert. Valneva werde in Zukunft aber schon gebraucht, um mRNA-Skeptiker an Bord zu holen.
Publiziert: 16.12.2021 um 19:38 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2021 um 19:46 Uhr

Unter Ungeimpften ist die Skepsis gegenüber den modernen mRNA-Impfstoffen gross. Da könnte der Impfstoff VLA2001 von Valneva viele Ängste nehmen. Trotzdem sagt Valneva-Chef Thomas Lingelbach (56) im «Spiegel»: «Ich rate niemandem, auf unseren Impfstoff zu warten, das wäre ethisch inakzeptabel.»

Wegen der Delta-Welle, die durch Europa rauscht, und wegen der Omikron-Welle im Anmarsch hat er darum einen Anruf an alle gerichtet: «Lasst euch jetzt impfen.» Lingelbach selber hat sich kürzlich mit Biontech/Pfizer boostern lassen und er sagt, bis Valnevas eigener Impfstoff in der EU auf den Markt komme, werde es wohl noch Wochen, wenn nicht Monate dauern.

Noch ist keines der beiden Präparate in Europa zugelassen. Doch Millionen von Umgeimpfte warten auf Valneva und Novavax. Die beiden Präparate basieren auf sogenannten Totimpfstoffen. Diese enthalten abgetötete Krankheitserreger, die das körpereigene Abwehrsystem dazu anregen, Antikörper gegen das Virus zu bilden.

Valneva-Chef Thomas Lingelbach ruft alle auf, sich impfen zu lassen.
Foto: Screenshot youtube
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Skepsis gegenüber mRNA ist immer noch gross

Mangel an Rohstoffen, produktionstechnische Probleme, Fehlschläge beim Testen und die geringe Unternehmensgrösse der beiden Unternehmen haben für Verspätungen gesorgt, die Vakzine von Valneva und Novavax kommen darum erst rund ein Jahr nach den Stoffen von Pfizer/Biontech, Moderna und Astrazeneca auf den Markt.

Ist das nicht zu spät? «Nein», sagt Lingelbach dem «Spiegel». «Es gibt eine beträchtliche Anzahl von Menschen, die sich nicht mit mRNA-Präparaten impfen lassen wollen.» Täglich erhalte er Zuschriften von Leuten, die der neuen mRNA-Technologie misstrauen.

Impfbereitschaft wäre bei über 50 Prozent höher

Die beiden Totimpfstoffe könnten durchaus manch einen Impfverweigerer zum Umdenken bewegen. Eine Umfrage der Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analyse in Deutschland hat gezeigt, dass bei immerhin 56 Prozent die Impfbereitschaft steigen würde, wenn ein klassisches Wirkprinzip, wie es bei der Grippeimpfung schon lange angewendet wird, zugelassen würde.

Die EU hat Verträge über die Lieferung von bis zu 60 Millionen Dosen von Valneva und bis zu 100 Millionen Dosen von Novavax abgeschlossen. Auch die Schweiz hat bereits im Februar einen Vorvertrag zum Kauf von sechs Millionen Dosen von Novavax abgeschlossen. Mit zwei Impfdosen für einen vollständigen Schutz können mit dieser Menge also drei Millionen Menschen geimpft werden.

Valneva-Chef sieht Impfstoff als Ergänzung

Bei Novavax handelt es sich um einen proteinbasierten Impfstoff, der Bestandteile des Virus enthält und so die Bildung von Antikörpern auslöst. Auch die Grippeimpfstoffe funktionieren nach diesem bewährten Prinzip. Valnevas Impfstoff besteht aus einem kompletten inaktivierten Sars-CoV-2-Virus, das sich im Körper nicht mehr vermehren kann. Wann die beiden Totimpfstoffe zugelassen werden, ist nicht sicher.

Thomas Lingelbach wird vorerst also weiter die Impfstoffe von Biontech, Pfizer oder Moderna empfehlen. Valneva sehe sich nicht als Wettbewerber zu den Weltmarktführern, sondern wolle ergänzend dazu beitragen, die Pandemie in den Griff zu bekommen, sagt der Unternehmenschef dem «Spiegel». «Wenn unser Produkt mehr Menschen als bisher überzeugt, sich impfen zu lassen, hilft das allen. Dann haben wir unseren Job gemacht.» (cny)

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