Eklat um Tennis-Talent
Gegnerinnen verweigern Duell mit Leonie Küng

Aus Angst vor einer Corona-Infektion will der Tennis Club Chiasso im Interclub nicht gegen Leonie Küng antreten, die direkt aus Italien angereist ist. Ihre Mutter Angelika Küng spricht von «totaler Willkür».
Publiziert: 02.08.2020 um 15:36 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2020 um 10:01 Uhr

Eigentlich hätte am Sonntag in der Interclub-NLA ein hochkarätiges Duell steigen müssen: Belinda Bencic (23, WTA 8) sollte mit Chiasso gegen Leonie Küng (19, WTA 155) und den TC Sursee spielen.

Doch dazu kommt es nicht. Die Tessinerinnen weigern sich, gegen Küng anzutreten. Weil die Schweizer Tennis-Hoffnung direkt vom WTA-Turnier aus Palermo angereist ist, stelle sie ein zu grosses Gesundheitsrisiko dar, so die Begründung. Nur: Ohne ihre beste Spielerin weigern sich die Luzernerinnen ihrerseits, den Platz zu betreten. Gespielt wird auf der Anlage des TC Chiasso deshalb überhaupt nicht. Der Eklat ist perfekt.

«Das ist totale Willkür», sagt Leonies Mutter Angelika Küng zu BLICK. «Leonie wurde vor drei Tagen in Palermo auf Corona getestet. Das Ergebnis war negativ. Seither war sie im Hotel in Quarantäne und wurde danach immer per Shuttle zu den Tennisplätzen und zum Flughafen gefahren. Dabei hat sie auch noch ständig eine Maske getragen», sagt Küng. Die eine Person, die im Umfeld des Turniers in Palermo positiv auf das Coronavirus getestet wurde, musste sofort abreisen. Die Massnahmen der WTA seien so rigoros, wie es nur gehe, so Angelika Küng.

Leonie Küng spielte die Qualifikation für das WTA-Turnier von Palermo.
Foto: Urs Lindt/freshfocus
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Kommt hinzu, dass für Einreisende aus Italien in der Schweiz keine besonderen Auflagen mehr gelten. «Jeder Zuschauer hier auf der Anlage stellt mindestens so ein grosses Risiko dar wie Leonie», sagt Angelika Küng, die ihre Tochter im Tessin unterstützt. Die Verantwortlichen des TC Chiasso seien informiert gewesen, dass Küng im Fall einer Quali-Niederlage in Palermo direkt zur Interclub-Partie anreist. Vom Boykott erfahren die Gäste aus Sursee dann erst am Morgen des Spieltags.

Bencic-Vorschlag abgelehnt

Um die Begegnung doch noch zu retten, habe Belindas Vater Ivan Bencic folgenden Vorschlag gemacht: Bencic verliere das Einzel gegen Küng forfait, dafür dürfe diese nicht zum Doppel antreten. «Dafür ist Leonie in Palermo nicht mitten in der Nacht abgereist», sagt Angelika Küng dazu. Die Küngs und das Team aus Sursee lehnen den Vorschlag ab.

«Um 14 Uhr – also zwei Stunden nach dem eigentlichen Beginn der Partie – hatten wir eine Lösung gefunden, um spielen zu können. In dieser Lösung stand Belinda Bencic nicht auf dem Matchblatt von Chiasso. Sie haben aber andere Spielerinnen gefunden, die gegen Leonie Küng angetreten wären», schildert Schiedsrichter Marco Gander seine Sicht der Dinge. «Damit war der TC Sursee aber nicht einverstanden und zog sich zurück.»

Am Abend schreibt der Verband in einem Statement, dass – aufgrund der negativen Testresultate und des Schutzkonzepts in Chiasso – die Partie auch mit Leonie Küng hätte gespielt werden können. Swiss Tennis bestätigt auch den Rückzug von Belinda Bencic: «Die Nummer 1 der Tessinerinnen verzichtete auf einen Einsatz im Einzel, in dem sie voraussichtlich gegen die entsprechende Spielerin angetreten wäre.» Der TC Sursee habe sich dann aber von der Begegnung zurückgezogen und wegen des verspäteten Spielbeginns einen offiziellen Protest angekündigt.

Noch mehr als über den Boykott ärgert Angelika Küng sich darüber, wie mit ihrer Tochter umgesprungen wird. Sie erhebt schwere Vorwürfe: «Unser Team wurde in der Garderobe eingeschlossen, weil sie Leonie darin vermutet haben. Dabei war sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht auf der Anlage. Bei der Ankunft wurde sie dann richtig dreckig behandelt. Sie musste die Anlage wieder verlassen. Niemand wollte gegen Leonie spielen. Das ist pure Tennis-Politik und ein Affront gegen meine Tochter.» Sowohl Chiasso-Präsident Gianni Schuler als auch Schiedsrichter Gander dementieren, dass irgendjemand eingeschlossen wurde. Belinda Bencic wollte sich gegenüber BLICK nicht äussern. (cmü)

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