Joel Wicki zu Besuch auf dem Hof von König Sempach
«Vielleicht würde ich den Königs-Muni dem Mättu bringen»

An den letzten Zweikampf mit Joel Wicki (22) hat Matthias Sempach (33) keine gute Erinnerung. Trotzdem stehen sich die beiden nahe. Seit der Berner König einen Bauernhof im Entlebuch führt, hat er den Königsanwärter aus Sörenberg auch schon trainiert.
Publiziert: 20.08.2019 um 15:36 Uhr
Zwei Böse, die sich richtig lieb haben.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Marcel W. Perren (Text) und Benjamin Soland (Fotos)

Matthias, Sie haben im letzten Sommer am Innerschweizerischen gegen Joel Wicki den sechstletzten Kampf in Ihrer Kranzfest-Laufbahn verloren. War dieser Gang gegen Joel ausschlaggebend, dass Sie kurz darauf Ihren Rücktritt erklärt haben?
Sempach: Nein. Wegen meinen Bandscheibenproblemen hatte mir zuletzt die Power gefehlt. Aber es ist schon so, dass mir mein letzter Gang gegen Joel ziemlich zu denken gegeben hat. Er übte einen derart heftigen Druck auf mich aus, dass mir regelrecht schwarz vor ­Augen wurde.

Trotzdem sind Sie nach wie vor ein bekennender Fan von Joel Wicki, oder?
Sempach: Ja. Mich beeindruckt, wie Joel aus seinen Möglichkeiten das absolute Maximum herausholt. Es ist für mich ein ­Genuss zuzuschauen, wenn er mit seinen 182 cm einen viel grösseren Gegner aufgrund seiner Explosivität bodigen kann. Und ich mag Menschen, die wie Joel regelmässig das aussprechen, was sie auch denken. Zudem hatten wir es in unseren gemeinsamen Schwinger-WK immer sehr lustig zusammen.
Wicki: Das stimmt, wir verstehen uns sehr gut. Und weil Matthias schon seit längerer Zeit mit meinem Trainer Dani Hüsler befreundet ist, sind auch einige sehr gute Sempach-Methoden in mein Training eingeflossen.

Joel, in welcher Rolle ist Ihnen Matthias lieber: als Gegner oder als Schwing-Experte beim Schweizer Fernsehen?
Wicki: Im Sägemehl haben wir beide eine ausgeglichene Bilanz. Wir haben zweimal gegeneinander geschwungen, einmal hat Mättu, einmal habe ich gewonnen. Wenn er jetzt im TV kommentiert, kann ich beim ­Zuhören profitieren. Mättu erkennt bei potenziellen Gegnern von mir jeweils Details, die mir zuvor gar nicht aufgefallen waren.

Wie oft haben Sie schon zusammen im Entlebucher Schwingkeller zusammen gearbeitet?
Sempach: Ich habe für den Schwingklub Entlebuch bis jetzt ein Training geleitet.
Wicki: Ich konnte im Training mit Mättu speziell in taktischer Hinsicht einiges lernen. Und wir haben ein paar Schwünge angeschaut, mit denen ich schwer­gewichtige Gegner vielleicht etwas leichter besiegen kann.

Matthias Sempach hat den Schwingsport als Halb-Profi betrieben. Wie viel Zeit investieren Sie in den Sport?
Wicki: Ich arbeite zwischen 60 und 80 Prozent als Baumaschinen-Mechaniker. Aber ich habe zum Glück einen sehr toleranten Chef, der mich gehen lässt, wenn ich ganz dringend in die Massage oder in ein Training muss. Dafür arbeite ich dann auch mal an einem Samstag, oder etwas länger an den Abenden.

Würden Sie auch dann noch Ihren erlernten Beruf ausüben, wenn Sie mit dem Schwingen eine Million im Jahr verdienen könnten?
Wicki: Ich glaube schon. Ich brauche eine berufliche Abwechslung. Es ist für mich enorm wichtig, dass ich Tätigkeiten ausüben darf, bei denen ich nicht als Kranzfestsieger, sondern als ganz normaler Mensch betrachtet werde. Deshalb macht es mir auch grossen Spass, wenn ich bei meinem Götti auf dem Bauernhof helfen kann.

Gibt es Momente, in denen Ihnen der ganze Rummel zu viel wird?
Wicki: Es gibt Situationen, in denen ich mir ernsthaft die Frage stelle, ob ich glücklicher wäre, wenn ich etwas ganz anderes tun würde. Es ist oft eine grosse Herausforderung, Beruf, Sport, Familie, Freundin, Kollegen und die Zusammenarbeit mit den Medien unter einen Hut zu bringen. Aber ich habe mich nun einmal für diesen Weg entschieden, und das muss ich jetzt, ohne gross nach links und rechts zu schauen, durchziehen, bis ich richtig zufrieden mit mir sein kann.

Matthias Sempach hat 2013 nach seinem Eidgenössischen-Triumph in Burgdorf den Königs-Muni mit nach Hause genommen. Würden Sie im Fall der Thron-Eroberung in Zug dasselbe tun?
Wicki: Ich habe schon ein paar Lebendpreise nach Hause genommen. Die Frage nach dem Königs-Muni kann ich zum ­jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Ein Muni braucht mehr Platz als ein Rind. Den kann man nicht einfach in einen Stall hineinstellen und denken, dass der jetzt zufrieden frisst und trinkt. Ein solches Tier muss von einem absoluten Spezialisten betreut werden. Vielleicht ­würde ich den Stier dann dem ­Mättu bringen ...

Matthias, wie gross stufen Sie Joels Chancen auf den Gewinn vom Königs-Muni ein?
Sempach: Joel hat in dieser Saison die meisten Eidgenossen besiegt. Wenn er seinen Job in Zug gut macht, ist die Chance gross, dass er dort im Schlussgang steht. Der Rest ist auch ein ­wenig Schicksal.

Zum Abschluss: Welchen Zweikampf würden Sie gerne noch ­einmal bestreiten?
Sempach: Den vierten, verlorenen Gang am Unspunnen 2017 gegen Reto Nötzli. Wenn ich diesen Gang gewonnen hätte, wäre ich im fünften Gang auf Joel Wicki getroffen. Und dann wäre es richtig interessant geworden ...
Wicki: An diesem Tag war ich so gut parat, dass mir der Gegner ziemlich egal war.

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In der Woche vor dem Eidgenössischen trifft BLICK jeweils zwei Protagonisten aus der Schwingwelt zu einem Gespräch auf Augenhöhe.

Der erste Teil von «Auf Augenhöhe» mit Adi und Remo Käser: «Das ständige Gerede von der Schwinger-Art stört mich enorm!»

Programm ESAF 2019

Freitag, 23. August

  • 11.00 / Eröffnung des Festgeländes
  • 13.00 / Fahnenempfang in Zug
  • 14.00 / Start Festumzug

Samstag, 24. August

  • 7.30 / Einmarsch der Schwinger
  • 7.45 / Nationalhymne
  • 8.00 / Anschwingen (1./2. Gang)
  • 8.00 / Wettkampfbeginn Steinstossen
  • 13.30 / Ausschwingen (3./4. Gang)
  • 14.00 / Final 20-kg-Steinstossen
  • 14.30 / Final 40-kg-Steinstossen
  • 17.15 / Ende Ausschwingen

Sonntag, 25. August

  • 7.45 / Ausstich (5. Gang)
  • 10.30 / Ausstich (6. Gang)
  • 13.30 / Kranzausstich (7. Gang)
  • 14.45 / Final Unspunnenstein
  • 15.15 / Kranzausstich (8. Gang)
  • 16.45 / Schlussgang

Freitag, 23. August

  • 11.00 / Eröffnung des Festgeländes
  • 13.00 / Fahnenempfang in Zug
  • 14.00 / Start Festumzug

Samstag, 24. August

  • 7.30 / Einmarsch der Schwinger
  • 7.45 / Nationalhymne
  • 8.00 / Anschwingen (1./2. Gang)
  • 8.00 / Wettkampfbeginn Steinstossen
  • 13.30 / Ausschwingen (3./4. Gang)
  • 14.00 / Final 20-kg-Steinstossen
  • 14.30 / Final 40-kg-Steinstossen
  • 17.15 / Ende Ausschwingen

Sonntag, 25. August

  • 7.45 / Ausstich (5. Gang)
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  • 13.30 / Kranzausstich (7. Gang)
  • 14.45 / Final Unspunnenstein
  • 15.15 / Kranzausstich (8. Gang)
  • 16.45 / Schlussgang
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Alle Infos zum Eidgenössischen in Pratteln

Vom 26. bis 28. August dominieren Kolosse, Sägemehl und Zwilchhosen die Schweiz – das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2022 in Pratteln steht an. Hier findest Du alles, was Du über den Mega-Event wissen müssen.

Sven Thomann

Vom 26. bis 28. August dominieren Kolosse, Sägemehl und Zwilchhosen die Schweiz – das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2022 in Pratteln steht an. Hier findest Du alles, was Du über den Mega-Event wissen müssen.

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