Rad-Legende Pascal Richard gewann Lüttich–Bastogne–Lüttich
«Man muss physisch extrem parat sein»

Pascal Richard (58) war auf dem Rad ein Genie. Er blickt auf einen grossen Erfolg zurück, spricht Klartext über Doping und sagt, was er von Marc Hirschi hält.
Publiziert: 23.04.2022 um 15:34 Uhr
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Aktualisiert: 24.04.2022 um 17:16 Uhr
Mathias Germann

Pascal Richard, was braucht es, um Lüttich–Bastogne–Lüttich zu gewinnen?
Pascal Richard: Zuallererst muss man physisch extrem parat sein, denn es geht auf über 250 Kilometer rauf und runter. Und es braucht auch die nötige Cleverness.

Die hatten Sie 1996. Damals schlugen Sie Mauro Gianetti und Lance Armstrong im Finale.
Mauro wusste, dass er einen Dreiersprint nicht gewinnen würde. Also attackierte er einen Kilometer vor dem Ziel. Ich blieb ruhig, liess Armstrong ihn einholen und blieb in seinem Windschatten. Und dann schlug ich zu.

Sie sagten danach, dass Sie Ihre Erfahrung aus elf Profi-Jahren genutzt hätten.
Ich kannte das Rennen, die Gegner und wusste um meine Fähigkeiten. Dieser Sieg war der Höhepunkt meiner Laufbahn.

Einer der grössten Momente in seiner Karriere: Pascal Richard (links) gewinnt 1996 Lüttich–Bastogne–Lüttich.
Foto: Imago
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Nicht der Olympiasieg in Atlanta?
Olympia-Gold war prestigeträchtiger, weil die ganze Welt zusah. Aber ein Monument des Radsports zu gewinnen, ist fantastisch.

Wie reagierte Armstrong, nachdem Sie ihn geschlagen hatten?
Vorsichtig ausgedrückt, war er nicht sehr glücklich. Armstrong ist ein Texaner, ein Champion. Wenn du ihn schlägst, solltest du besser aus seinem Blickfeld verschwinden (schmunzelt).

Danach erkrankte Armstrong an Krebs. Er kam zurück und holte sieben Siege bei der Tour de France. Sie wurden ihm später aberkannt, weil er systematisch gedopt hatte.
Zu Recht. Allerdings war Lance ein Teil eines riesigen Doping-Systems. Andere haben genauso gedopt, aber er war halt die bekannteste Person.

Viele sagen: «Damals haben sowieso alle gespritzt!» Wurden auch Sie beschuldigt?
Man hat im Laufe der Jahre viele Mediziner und Drahtzieher geschnappt – mein Name nie auf irgendeiner Liste. Und im Gegensatz zu anderen war meine Entwicklung im Radsport linear. Ich feierte schon früh Erfolge, im Quer und auf der Strasse. Es gab bei mir keine Leistungsexplosion.

Sie haben nie gedopt?
Nein. Ein Arzt hat mir Mitte der 90er-Jahre angeboten, ich könne mit ihm arbeiten. Ich wusste sofort, worum es ging, und sagte Nein. Kurz darauf hatte er einen anderen Klienten – und dieser gewann die Tour de France.

Wann war das?
1996.

Lüttich–Bastogne–Lüttich: die Favoriten

*****: Wout van Aert (27, Be)
****: Julian Alaphilippe (29, Fr)
***: Matej Mohoric (27, Slo)
**: Marc Hirschi (23, Sz)
*: Dylan Teuns (30, Be)

Favorit fällt aus

Tadej Pogacar verzichtet auf den Abschluss der Klassiker-Saison. Der Vorjahressieger und aktuell erfolgreichste Radfahrer geht am Sonntag wegen eines Todesfalls in der Familie seiner Verlobten bei Lüttich-Bastogne-Lüttich nicht an den Start. Durch den Ausfall Pogacars dürfte im UAE-Team Marc Hirschi als Captain nachrutschen. Für Pogacar bestreitet der Amerikaner Brandon McNulty das Rennen in den Ardennen.

*****: Wout van Aert (27, Be)
****: Julian Alaphilippe (29, Fr)
***: Matej Mohoric (27, Slo)
**: Marc Hirschi (23, Sz)
*: Dylan Teuns (30, Be)

Favorit fällt aus

Tadej Pogacar verzichtet auf den Abschluss der Klassiker-Saison. Der Vorjahressieger und aktuell erfolgreichste Radfahrer geht am Sonntag wegen eines Todesfalls in der Familie seiner Verlobten bei Lüttich-Bastogne-Lüttich nicht an den Start. Durch den Ausfall Pogacars dürfte im UAE-Team Marc Hirschi als Captain nachrutschen. Für Pogacar bestreitet der Amerikaner Brandon McNulty das Rennen in den Ardennen.

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Damals holte der Däne Bjarne Riis den Tour-Sieg.
Ich nenne keine Namen.

Zurück zu Ihnen. Sie fuhren zu einer Zeit, wo Doping weit verbreitet war. Wie haben Sie es geschafft, trotzdem zu gewinnen?
Eine dreiwöchige Rundfahrt zu gewinnen, war damals ohne Doping nicht möglich. Davon bin ich überzeugt. Aber Eintagesrennen oder kleine Rundfahrten schon. Ich konzentrierte mich also darauf. Ich will aber noch etwas ergänzen…

Gerne.
Als ich das Doping-Angebot bekam, war ich bereits ein gestandener Fahrer. Ich weiss nicht, wie ich mit 18 oder 19 Jahren reagiert hätte. Und zum Glück hat mir nie ein Team oder ein Sponsor das Messer an den Hals gehalten. Ich konnte frei entscheiden und das habe ich getan.

Andere, gedopte Fahrer haben Sie geschlagen. Hat das damals nicht geschmerzt?
Nein. Ich wusste ja nicht, wer wirklich illegal unterwegs war. Klar machte ich mir Gedanken. Aber ich wollte mit meinem Gewissen im Reinen sein – nur das war mir wichtig.

Ihr Team-Boss Giancarlo Ferretti sagte einmal: «Pascal ist einer der Besten. Und eine Diva.»
Ich war keine Diva (lacht), sonst hätte ich nicht so viele Siege eingefahren. Klar war ich talentiert, aber ich habe auch immer hart gearbeitet.

Sie reisten vier Mal kurz vor Lüttich–Bastogne–Lüttich ab. Wegen Halsweh, Rückenschmerzen oder Durchfall. Waren Sie ein Schönwetterfahrer?
Ich gewann auch Rennen bei Regen und Schnee. Aber wenn ich mich nicht parat fühlte, fuhr ich nicht. Das hätte nichts gebracht – im Gegenteil, ich hätte vielleicht später in der Saison den Preis dafür bezahlt.

Ihnen wurde ein unglaubliches Gespür fürs Rennen attestiert. Das tut man auch Marc Hirschi heute. Kann er Lüttich–Bastogne–Lüttich gewinnen?
Ich hoffe es. Marc hatte ein unglaubliches 2020, dann aber Probleme. Nun ist er wieder gut drauf. Aber ob es zum Sieg reicht? Da bin ich skeptisch. Es braucht viel Arbeit und Erfahrung, um diesen Klassiker zu gewinnen. Keiner weiss das besser als ich.

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