Kamila Walijewa fällt in der Kür gleich drei Mal zu Boden
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Schock-Moment im Eiskunstlauf:Kamila Walijewa fällt in der Kür gleich drei Mal zu Boden

Sie trainiert und quält Walijewa und Co.
Die brutalen Methoden der Russen-Schleiferin

Nach dem Dopingskandal um die 15-jährige Russin Kamila Walijewa mehren sich die kritischen Stimmen um Coach Eteri Tutberidze. Ehemalige Eiskunst-Stars erzählen Horror-Geschichten.
Publiziert: 18.02.2022 um 16:45 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2022 um 10:08 Uhr
Sebastian Rieder

Der Skandal um den positiven Dopingbefund bei Kamila Walijewa schwebt nach der verpassten Goldmedaille wie eine schwarze Wolke über den Winterspielen in Peking. Blitz und Donner prasseln im Zuge der Affäre auf Eteri Tutberidze (47) ein, die Trainerin der 15-jährigen Russin. Deren Ruf: verheerend. Von endlos langen, qualvollen Übungseinheiten ist die Rede, bis zum Nahrungsentzug.

Die Szene unmittelbar nach Walijewas verpatzter Kür passt dazu perfekt. «Warum hast du aufgegeben?», fragt Tutberidze. «Erkläre es mir! Warum hast du aufgehört zu kämpfen? Du hast nach dem Axel aufgegeben. Warum?»

Wer ist die Frau, die mit ihrem unter Druck geratenen Schützling so brutal ins Gericht geht, statt sie zu trösten? Aufgewachsen ist Tutberidze in Georgien, damals Teil der Sowjetunion. Der Vater krampfte in einer Giesserei, die Mutter brachte als Ingenieurin den Intellekt in die Grossfamilie mit vier Kindern. Als Tutberidze in den USA als Trainerin arbeitete, zog sie ihre Tochter Diana Davis – die aus einer Affäre entstand – ebenfalls auf dem Eis gross.

Völlig aufgelöst: Kamila Walijewa scheitert in der Kür und wird von Trainerin Eteri Tutberidze zurechtgewiesen.
Foto: keystone-sda.ch
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Die heute 19-Jährige hat es im Eistanz ebenfalls nach Peking geschafft, belegt mit ihrem Partner Gleb Smolkin den 14. Platz. Zu Fragen ihrer berühmten Mutter und den zweifelhaften Methoden nimmt sie allerdings keine Stellung. Im Gegensatz zu vielen anderen Russinnen hat sie sich vor einiger Zeit von ihrer Mutter gelöst.

Befehl: «Mund halten und nicht essen»

Doch wer Tutberidze trotz der Strapazen treu bleibt, hat Erfolg. Einem halben Dutzend Athletinnen hat die eiserne Lady mit den luftig blonden Locken einen grossen Kick gegeben – und dabei viel Leid verursacht. Aus dem aktuellen Gewitter der Kritik gegen Tutberidze gehen unzählige Schauermärchen hervor.

Eine Anekdote dreht sich um Alina Sagitowa, die Olympiasiegerin von 2018. Sie sagt, Tutberidze habe ihr die Nahrung verweigert. «Du sollst nur den Mund halten und nicht essen! Oder zumindest nur ein bisschen. Ich ass, aber in kleinen Mengen», verrät die 19-jährige Russin.

Aufgrund der Missstände hat sie längst ihren Rücktritt gegeben und ist nur noch als TV-Expertin im Einsatz. Sie kann sich aber noch gut an die harte Zeit erinnern: «Die Ernährung war sehr eingeschränkt. Wir haben nicht mal Wasser getrunken. Wir haben nur unseren Mund ausgespült und es wieder ausgespuckt.»

Schwere körperliche Schäden

Stark gelitten hat auch die Silbermedaillen-Gewinnerin von Pyeongchang. Jewgenija Medwedewa flüchtete wegen der folterähnlichen Trainings nach Kanada und versuchte sich unter Coach Brian Orser von ihren Rücken- und Fussverletzungen zu erholen.

Wegen chronischer Schmerzen beendete die 22-Jährige kürzlich ihre Laufbahn und macht das Vorgehen von Tutberidze publik: «Wir sollten so trocken wie möglich sein. Es war eine schwierige Zeit, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich hatte damals nicht allzu viele Muskeln, und in diesem Fall speichert der Körper sehr viel Wasser. Sie werden schwer und schwellen an. Das hat meinem Körper schweren Schaden zugefügt.»

Vorwürfe an Walijewa

Julia Lipnizkaja, Team-Olympiasiegerin 2014 in Sotschi, hatte mit Magersucht zu kämpfen und musste 2017 wegen des kaputten Kniegelenks ihre Karriere mit 18 Jahren aufgeben. Aljona Kostornaja, vor zwei Jahren Europameisterin 2020, zog ebenfalls nach ihrer Volljährigkeit einen Schlussstrich.

Noch immer im Team von Tutberidze ist Silbermediallen-Gewinnerin Alexandra Trussowa. Auch sie erlebt turbulente Minuten. «Ich hasse diesen Sport», ruft sie nach dem Punktrichterurteil. Fünf Punkte fehlen ihr auf Olympiasiegerin Anna Schtscherbakowa. «Ich will nie wieder aufs Eis!» Immer wieder wiederholt sie diese Worte. «Das ist unmöglich! Unmöglich! Sie können das nicht machen.» Der Frust sitzt derart tief, dass die Zweitplatzierte zuerst sogar auf die Siegerehrung verzichten will. Nach minutenlangem Warten taucht sie dann doch noch auf und nimmt ihre Silbermedaille entgegen. Später meint sie zu ihrem Gefühlsausbruch: «Ich habe alles getan, was ich konnte, mir war zum Weinen zumute, also habe ich geweint, das ist alles. Ich bin seit drei Wochen allein, ohne meine Mutter, ohne meinen Hund.»

Und auch Olympiasiegerin Schtscherbakowa ist am Ende. «Ich spüre auch eine Leere in mir. Ich habe alles gegeben und kann nicht mehr.» Die Kür der gebeutelten Walijewa verfolgte sie am TV. «Ich habe vom ersten Sprung an gesehen, unter welcher Last sie steht, wie schwierig es ist, unter diesen Bedingungen anzutreten.» Ob es ein fairer Wettkampf war? «Fair? Sorry, darüber rede ich nicht.»

«Gefühlskalt»: IOC-Boss Bach geht auf Tutberidze los

IOC-Präsident Thomas Bach ist in diesen Tagen nicht bekannt dafür, harte Worte zu wählen. Geht es um die Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung, gibt sich der Ex-Fechter weiterhin handzahm. Immerhin zeigt der Deutsche nun in Bezug auf das Auftreten von Eteri Tutberidse klare Kante. «Als ich gesehen habe, wie sie von ihrem Umfeld empfangen wurde, mit etwas, was mir wie eine enorme Kälte vorkam – mir lief es kalt über den Rücken, zu sehen, was da geschah», sagte er über die Trainerin der gestrauchelten Eiskunstläuferin Kamila Walijewa. «Statt sie zu trösten, statt ihr zu helfen nach allem, was geschehen war, spürte man eine eiskalte Atmosphäre und Distanz. Die Körpersprache zu beobachten, hat den Eindruck noch verschlimmert. Es gab sogar eine Art abweisender Gesten.» Die Eiskunstlauf-Kür habe ihn «enttäuscht und verstört. Kann man denn so gefühlskalt sein gegenüber den eigenen Sportlern?»

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