«Ich werde an meiner Spielweise nichts ändern»
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FCL-Schaub mit Zuversicht:«Ich werde an meiner Spielweise nichts ändern»

Louis Schaub kämpft mit dem FC Luzern gegen den Abstieg
«Die Fussballkünstler sterben nie aus»

Der Österreicher Louis Schaub (26) steht für hohe Fussballkunst. Für Kreativität und Inspiration. Ist er die letzte «Nummer 10» der Super League? Warum schafft Luzern den Ligaerhalt? Wo sieht er seine Zukunft? Das Interview mit dem österreichischen Mozart des FCL.
Publiziert: 25.04.2021 um 12:18 Uhr
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Aktualisiert: 01.05.2021 um 12:59 Uhr
Felix Bingesser

Der 22. April 2003 ist für Louis Schaub ein furchtbarer Tag. Zusammen mit seinem Vater ist der damals achtjährige Bub von Deutschland nach Österreich unterwegs. Fred Schaub, einst Profi in Deutschlands 1. und 2. Bundesliga und später auch bei verschiedenen Vereinen in Österreich, rast aus ungeklärten Gründen mit seinem Kleinwagen ins Heck eines Lastwagens. Er ist sofort tot. Sein Sohn auf dem Rücksitz erleidet Bein- und Kopfverletzungen und wird ins Spital eingeliefert.

Immer wieder betont Louis Schaub, dass er diesen Schicksalsschlag vor allem dank seiner Mutter und seiner Familie verarbeiten konnte. Doch der Schmerz bleibt ein Leben lang. Und nach Torerfolgen bedankt sich der religiöse Schaub jeweils mit einer Geste in Richtung Himmel. Dafür, dass er gesund ist und seine Leidenschaft als Fussballer ausleben kann. Reden mag Louis über den Unfall nur selten. Vor allem nicht am 22. April 2021, dem Interviewtermin mit SonntagsBlick. Es ist der 18. Todestag seines Vaters.

Es gibt derzeit genug andere Themen für den Mann, der als Assist-König die Super League in den letzten Monaten extrem bereichert hat. Einen Tag nach dem kapitalen 1:0-Sieg gegen Lausanne, dem ersten Dreier seit sechs Wochen, wirkt Schaub einigermassen entspannt. Und zirkelt später beim Fotoshooting in den Gängen der Swissporarena mit seinem genialen linken Fuss den Ball ziemlich genau dahin, wo ihn der Fotograf haben will.

Louis Schaub befindet sich mit Luzern mitten im Abstiegskampf.
Foto: TOTO MARTI
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Blick: Louis Schaub, wird man als Profi mit dem drohenden Abstieg vor Augen eigentlich von Panik und Angst erfasst?
Louis Schaub:
Angst ist ein schlechter Berater. Und Angst kann auch lähmen. Natürlich schaut man auf die Tabelle und weiss, was alles passieren kann. Aber wir dürfen keine zittrigen Knie haben. Wenn wir unser Potenzial abrufen, dann kommen wir da unten weg. Und mit diesem Team dürften wir schon gar nicht da unten stehen. Wir haben viele Punkte viel zu einfach liegen lassen und uns das Leben selber schwer gemacht.

Jetzt hat die Mannschaft zweimal kein Gegentor erhalten. Bei dieser defensiveren Spielweise kommen Sie nicht mehr ganz so gut zur Geltung, oder?
Wir stehen kompakter, wir dürfen nicht mehr so viele Tore kassieren. Aber wir spielen nicht bewusst defensiver. Von daher ändert sich meine Rolle nicht. Ich muss vor allem im Spiel nach vorne für entscheidende Momente sorgen.

Ist ein Künstler wie Sie für den Abstiegskampf geeignet?
Sicher. Nur ohne Gegentore zu bleiben, reicht ja nicht. Wir müssen auch Tore schiessen. Unsere Situation ist weiter bedrohlich. Der Sieg gegen Lausanne hat uns nur wenig Luft verschafft. Wir müssen jetzt gegen den FC Zürich nachlegen. Vaduz lauert hinter uns.

Sie tragen die 10 auf dem Rücken und spielen auch genau diese Rolle. Es gibt Experten, die sagen, die klassische Nummer 10 sterbe im modernen Fussball aus.
Das glaube ich nicht. Klar, der Fussball ist athletischer und schneller geworden. Aber es braucht immer kreative Leute. Die Nummer 10 wird nie aussterben.

Sehen Sie in der Super League andere Spieler mit Ihren technischen Fertigkeiten?
Es gibt viele tolle Fussballer in dieser Liga. In St. Gallen hat Victor Ruiz eine ähnliche Rolle, beim FCZ ist es Antonio Marchesano. Diese zwei sind mir zumindest aufgefallen.

Sie sind derzeit vom 1. FC Köln ausgeliehen. Es könnte sein, dass Köln und Luzern absteigen und Sie komplett zwischen Stuhl und Bank fallen.
An ein solches Szenario will ich gar nicht denken. Luzern gehört in die Super League und Köln gehört in die Bundesliga. Aber natürlich verfolge ich sehr aufmerksam, was in Köln passiert, und bin mit ehemaligen Teamkollegen ständig in Kontakt.

Wird man Sie in die Bundesliga zurückholen?
Im Moment ist alles offen. Es hängt wohl auch davon ab, wer in Köln neuer Trainer wird. Natürlich wüsste ich auch gerne so schnell wie möglich, wie es im Sommer weitergeht. Von den Verantwortlichen in Luzern gibt es Signale, dass man mich gerne behalten möchte. Ich bin froh, dass ich diese Option habe. Und vielleicht ist es gut, nochmals ein Jahr hier zu bleiben und mich weiterzuentwickeln.

Und es gibt ja hässlichere Gegenden als Luzern.
Das stimmt. Die Schweiz ist zwar sehr teuer, aber die Lebensqualität ist hoch, auch für meine Familie. Ich bedaure, dass ich meinen Angehörigen die schöne Innerschweiz wegen der Pandemie noch nie zeigen konnte. Niemand konnte mich hier besuchen.

Aber mittelfristig möchten Sie in die Bundesliga zurück?
Natürlich ist es mein Ziel, nochmals in einer der fünf grossen europäischen Ligen zu spielen. Aber ich muss mich zusammen mit meiner Familie darauf einstellen, dass alles sehr kurzfristig entschieden wird. Ich hoffe, dass ich am 25. Mai mit Luzern sicher noch im Einsatz stehe. Dann findet der Cupfinal statt.

Und dann geht es mit Österreich an die EM-Endrunde?
Hoffentlich, ja. Ich wäre gerne dabei. Aber die Konkurrenz ist gross.

Auf Ihrer Position gibt es Spieler wie David Alaba von Bayern München, Marcel Sabitzer, den Captain von Red Bull Leipzig, oder Xaver Schlager, der mit Wolfsburg eine überragende Saison spielt.
Wir haben in Österreich ein tolles Team. Da sind praktisch nur Stammspieler aus der Bundesliga dabei. Auch darum ist es wichtig, dass ich in den nächsten Wochen noch gute Spiele abliefere, damit ich im EM-Kader dabei bin.

Ist die österreichische Nationalmannschaft derzeit besser als das Schweizer Nationalteam?
Ui, das ist ganz schwer zu sagen. Sagen wir es so: Bei einem direkten Duell würde im Moment wohl die Tagesform entscheiden.

Ein EM-Viertelfinal Schweiz gegen Österreich wäre ja was ...
Da würde ich nicht Nein sagen.

Sind Sie in der Schweiz Ski gefahren?
Nein. Ich war auf dem Pilatus und der Melchsee-Frutt mit der Familie schlitteln. Aber Skirennen schaue ich begeistert im Fernsehen.

Mussten Sie sich dabei von Ihrem Zimmerkollegen Silvan Sidler bei Schweizer Siegen Sprüche anhören?
Also bei der WM hat, so viel ich weiss, ja Österreich den Medaillenspiegel gewonnen … Nein, Silvan schaut da die Rennen jeweils ziemlich emotionslos mit mir.

In dieser Woche drohten zwölf Topklubs, eine eigene Super League zu gründen. Wie sehen Sie das?
Ich bin froh, dass unsere Super League die einzige Super League bleibt. Immer mehr Geld, immer mehr Spiele: Die Spirale kann sich nicht ewig weiterdrehen. Es muss im Profifussball nach dieser Corona-Krise eine gewisse Vernunft einkehren.

Wären Sie als Profi denn bereit, mit weniger Gehalt zu spielen?
Alle Beteiligten müssen für Lösungen offen sein. Dazu gehört auch, dass die Gehaltsforderungen der Spieler in einem vernünftigen Rahmen sind.

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