Das meint BLICK
Helden wie Andy Hug blieben länger in Erinnerung

Kampfsport-Legende Andy Hug ist vor 20 Jahren gestorben. Die Erinnerungen bleiben wach. Ein Kommentar von Blick-Sportchef Felix Bingesser.
Publiziert: 24.08.2020 um 10:32 Uhr
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Aktualisiert: 24.08.2020 um 11:22 Uhr
BLICK-Sportchef Felix Bingesser über den 20. Todestag von Andy Hug.
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Es ist im Frühsommer 2000. Morgens um fünf Uhr in einer Hotelbar in Tokio. Andy Hug hängt schwer über dem Bier. Es ist nicht das erste Glas. Die Flasche Champagner, die ihm ein Fan bestellt hat, bleibt ungeöffnet. «Ich bin müde, ich mag nicht mehr kämpfen. Ich gehe nach Hollywood», sagt er.

Sein Vater, den er nie richtig gekannt hat, war Fremdenlegionär. Er ist es genauso. In Diensten der Japaner schwingt er die Fäuste. Wird zum Samurai, zur Werbeikone. Er ist nur 1,83 Meter gross. Für einen Schwergewichtskämpfer mickrig. Aber seine Kampfkraft, sein Wille, das imponiert den kleinen Japanern.

Andy Hug wächst mit den Rocky-Filmen und mit Silvester Stallone auf. Er lernt Metzger. Seine Tellerwäscherkarriere fasziniert auch die Schweiz. Auch wenn er immer wieder betont: «Ich bin nicht auf der Strasse aufgewachsen. Das ist eine Beleidigung für mein liebes Grosi, die mir ein Zuhause gegeben hat.» Aber eben: Von der Strasse auf den Olymp. Das ist kitschige Projektionsfläche für jedermann.

Es ist mittlerweile morgens um sechs Uhr in dieser Hotelbar in Tokio. Andy will nochmals «My Way» von Frank Sinatra hören. Sein Lieblingslied. «And now, the end is near», singt Sinatra. Später winkt er dem Taxi mit dem Gast aus der Schweiz hinterher. Mit traurigem Blick. Es ist das letzte Mal, dass ich Andy Hug lebend gesehen habe.

Auch in Japan geht die Sonne nicht nur auf. Sie geht auch unter. Einige Wochen später ist der Schweizer Samurai tot.

Den letzten Kampf verliert halt jeder

Zeitlebens hat der grösste Schweizer Kampfsportler der Geschichte um Anerkennung gekämpft. Und nach Bestätigung gesucht. «Ich habe das Napoleon-Syndrom. Das ist ein überaus seltenes Sternbild. Leute mit diesem Sternbild können alles erreichen, für die gibt es keine Grenzen», hat er mir einmal gesagt.

Wer ihm diesen Floh ins Ohr gesetzt hat weiss ich nicht. Aber das Bedauern, dass dieser liebenswerte Kerl aus dem aargauischen Wohlen schon mit 36 Jahren sterben musste, ist immer noch spürbar. Seine Grenzen hat ihm sein Körper leider viel zu früh aufgezeigt.

Helden sterben nie? Blödsinn! Sie blieben einfach länger in Erinnerung. 20 Jahre ist es her.

Und auch nach dieser Zeit bleibt die Erkenntnis unverrückbar: Den letzten Kampf verliert halt jeder.

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