«Die Fussball-Bosse machen sich lächerlich»
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Peinliche Modus-Diskussion:«Die Fussball-Bosse machen sich lächerlich»

Peinliche Diskussionen um den Modus
Die Schweizer Fussball-Bosse machen sich lächerlich

Erst pfefferte man viel Geld für nichts aus dem Fenster. Dann will man mal den Schotten-Modus, mal Playoffs, nun wieder den Schotten-Modus – die Schweizer Fussball-Bosse machen sich gerade lächerlich. Sie würden besser an ihrer mutigen Playoff-Idee festhalten.
Publiziert: 27.10.2022 um 23:52 Uhr
|
Aktualisiert: 28.10.2022 um 08:44 Uhr
Andreas Böni

Das Desaster beginnt mit Hypercube. Die holländische Firma untersucht vor fünf Jahren den Schweizer Fussball. Ihr Auftrag: Einen revolutionären Modus zu erschaffen. Das Ergebnis Ende 2017: Ein Festhalten an der Zehner-Liga in der Super-League. «Sie träumten vom Ferrari – und fahren den alten VW», stellte der «Tages-Anzeiger» fest.

Drei Jahre später der nächste Versuch: Die Liga stimmt über die Einführung des Schotten-Modus ab – und lehnt ihn ab. Mit ein Grund: Zu wenig attraktiv. Im Jahr zuvor war Celtic Glasgow zum achten Mal in Folge Meister geworden – mit dem seit 2011 kleinsten Vorsprung.

Dieser betrug… neun Punkte. 2021 (Celtic war inzwischen neun Mal in Folge Meister geworden) schafften es die Glasgow Rangers mal wieder, Champion zu werden: mit 25 Punkten Vorsprung.

Ancillo Canepa macht gegen Playoffs mobil.
Foto: Sven Thomann
1/10

Die «NZZ» hielt fest: «Von aussen wirkt die schottische Liga so aufregend wie das Warten auf das Monster von Loch Ness.»

So funktioniert der Schotten-Modus

Was der FCZ einführen möchte, ist der sogenannte «Schottische Modus»: In einer ersten Phase werden drei Runden à elf Spiele pro Klub gespielt. Nach Abschluss dieser Phase werden die 12 Mannschaften in eine sogenannte Championship Group (Plätze 1-6) und eine Relegation Group (Plätze 7-12) aufgeteilt.

Alle Teams nehmen die Punkte aus den ersten 33 Spielen mit.

In der zweiten Phase werden in beiden Gruppen je eine Runde à fünf Spiele pro Klub durchgeführt. Die Klubs der Championship Group spielen um den Meistertitel und um die Europacup-Plätze. Die Klubs der Relegation Group spielen gegen den Abstieg, wobei der Letztplatzierte direkt absteigt und der Zweitletzte eine Barrage (zwei Spiele) gegen den Zweitplatzierten der Challenge League spielt. Insgesamt würden somit 38 Runden gespielt werden.

Was der FCZ einführen möchte, ist der sogenannte «Schottische Modus»: In einer ersten Phase werden drei Runden à elf Spiele pro Klub gespielt. Nach Abschluss dieser Phase werden die 12 Mannschaften in eine sogenannte Championship Group (Plätze 1-6) und eine Relegation Group (Plätze 7-12) aufgeteilt.

Alle Teams nehmen die Punkte aus den ersten 33 Spielen mit.

In der zweiten Phase werden in beiden Gruppen je eine Runde à fünf Spiele pro Klub durchgeführt. Die Klubs der Championship Group spielen um den Meistertitel und um die Europacup-Plätze. Die Klubs der Relegation Group spielen gegen den Abstieg, wobei der Letztplatzierte direkt absteigt und der Zweitletzte eine Barrage (zwei Spiele) gegen den Zweitplatzierten der Challenge League spielt. Insgesamt würden somit 38 Runden gespielt werden.

Canepa zeigt Haltung – die anderen nicht

Nun, in der Not frisst der Teufel Fliegen. Und plötzlich soll das Schotten-Modell der grosse Heilsbringer sein, um am 11. November die ungeliebten Playoffs zu verhindern. Ancillo Canepa hatte nach der 4:16-Niederlage bei der Abstimmung im Mai 2022 das Referendum ergriffen – und der FCZ-Boss hat Chancen, die Playoffs doch noch zu kippen. Weil viele andere Bosse kalte Füsse kriegen.

Das ist sein Recht, er zeigt Haltung, er bleibt bei seiner Meinung. Aber jene Klubs, die nun umschwenken, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, das Rückgrat einer weichgekochten Spaghetti zu besitzen. Ebenso, dass sie im Vorfeld der Abstimmung im Mai ihren Job nicht gemacht haben. Denn im Vergleich zur Abstimmung am 11. November liegen keine neuen Fakten auf dem Tisch.

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Die Haltung der Fans, die protestieren und an die 50'000 Unterschriften gegen die Playoffs sammelten, kannte man schon damals. Die Ablehnung der Behörden ebenso wie die Gefahr von fehlenden Bewilligungen von Hochrisiko-Spielen. Aber soll man einen Fussball-Modus danach ausrichten, was die Polizei denkt? Mitnichten.

Um es klar zu sagen: Die Proteste der Fans und einiger Klubs sind in Ordnung. Wir leben in einer Demokratie, dazu gehört das Recht zu protestieren und der demokratische Weg, wie Canepa ihn beschreitet.

Die moderne Liga sollte an Tiktok denken

Schade ist, dass er dies nicht mit einem neuen genialen Spielplan oder einem revolutionären Modus tut, den irgendein Astrophysiker ausgeheckt hat. Denn der Schotten-Modus scheint im Jahr 2022 überholt aus einer anderen Zeit. Nicht von heute, wo sich eine moderne Liga über Distributionskanäle wie Netflix oder Tiktok Gedanken machen muss. Wo die nachkommende Fan-Generation kaum noch ganze Spiele über 90 Minuten anschauen will, geschweige denn Meisterschaften, die über Wochen schon entschieden sind.

Denn dass sich die Schweizer Liga Gedanken machen muss, ist klar. Oder wann war denn das letzte Mal ein Meister-Rennen spannend?

2022: 14 Punkte Vorsprung für den FCZ. 2021: 31 Punkte Vorsprung für YB. 2020: 8 Punkte Vorsprung für YB. 2019: 20 Punkte Vorsprung für YB. 2018: 15 Punkte Vorsprung für YB. 2017: 17 Punkte Vorsprung für Basel. 2016: 14 Punkte Vorsprung für Basel. 2015: 12 Punkte Vorsprung für Basel. 2014: 7 Punkte Vorsprung für Basel. Vorne interessant bis zum Schluss wars letztmalig 2013, als GC mit drei Punkten zum FCB einigermassen nahe dran. Man darf nach dieser Saison also das zehnjährige Jubiläum der Langeweile im Titelkampf feiern, wenn YB auch diese Saison erwartungsgemäss durchzieht.

Noch mehr Spiele: Die Nachteile des Schotten-Modells

Natürlich: Playoffs bieten weniger Planungssicherheit für Klubs, YB als Liga-Krösus ist weniger sicher Meister als im Normalfall. Aber das Ganze bringt aus Medien- und Konsumentensicht auch mehr Spektakel und in Bezug auf die Heimspiel-Verteilung sind sie fairer als das schottische Modell.

In jenem haben die Klubs eine unterschiedliche Anzahl Heimspiele. Im Playoff-Modell erspielt man sich mehr Heimspiele, indem man sich zum Beispiel als Erster der Qualifikation das Heimrecht im Meister-Final verdient hat.

Gegen das schottische Modell sprechen auch die Pläne der Uefa. Diese wird ab 2024 vier weitere Spiel-Daten (!) blockieren. Das heisst: Es würde beim schottischen Modell (38 Partien!) noch enger, während die Playoffs (als Meister hat man 34 oder 35 Spiele) mehr Luft bieten.

Erstaunlich dabei ist die Wandlung von YB. Der Klub setzte sich jahrelang gegen mehr Spiele und gegen das schottische Modell ein. Nun will man es plötzlich – weil es aus Berner Sicht das kleinere Übel ist.

Das ist Politik. Okay. Aber es ist kein Handeln aus der Stärke heraus, wie man es sich für eine fortschrittliche Liga wünschen würde.

Mut zu Playoffs

Nein, da sollte man trotz all der Bedenken mutig sein und etwas probieren. Auch wenn es die ungeliebten Playoffs sind. Und ebenso offen bleiben dafür, es nach zwei, drei Jahren allenfalls wieder zu korrigieren.

Manchmal braucht es auch Mut im Leben.

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Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
6
4
13
2
Servette FC
Servette FC
6
-3
12
3
FC Zürich
FC Zürich
5
6
11
4
FC Luzern
FC Luzern
6
4
11
5
FC Basel
FC Basel
6
9
10
6
FC St. Gallen
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5
5
10
7
FC Sion
FC Sion
6
4
10
8
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
6
-4
5
9
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
6
-4
4
10
FC Lausanne-Sport
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6
-7
4
11
FC Winterthur
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6
-7
4
12
BSC Young Boys
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-7
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