Nati-Legende Behrami über Xhaka, Yakin und Ehefrau Lara
«Es fehlt einer, der Granit Kontra gibt»

Erstmals seit dem turbulenten Herbst kommt die Nati wieder zusammen. Legende Valon Behrami (38) analysiert im Interview die Baustellen, spricht über seine dunkelsten Stunden – und sagt, warum er nicht mit Ehefrau Lara Ski fährt.
Publiziert: 17.03.2024 um 06:01 Uhr
|
Aktualisiert: 17.03.2024 um 13:02 Uhr

Valon Behrami, die Schweizer Fussball-Nati gab im Herbst ein seltsames Bild ab. Schwache Resultate, Spieler und Trainer waren sich öffentlich nicht einig. Welchen Reim machen Sie sich darauf?
Valon Behrami: Fussballprofis auf der ganzen Welt haben eines gemeinsam: Sie testen gerne die Grenzen aus. Wie weit kann ich gehen? Im Herbst konnten sie sehr weit gehen. Niemand hat ihnen die Grenzen aufgezeigt. Das war problematisch. Es hätte jemanden gebraucht, der sagt: «Stopp. Jetzt ist fertig.»

Da haben weder Nationaltrainer Murat Yakin noch Nati-Direktor Pierluigi Tami eine gute Figur gemacht, einverstanden?
Einverstanden. Meiner Meinung nach ist Tami jetzt gefragt: Er muss den Spielern deutlich machen, dass genau registriert wird, wie sie sich verhalten. Dass ihr Verhalten in die Bewertung einfliesst, auch wenn Yakin nach der EM nicht mehr Nationaltrainer sein sollte.

Valon Behrami persönlich

Valon Behrami kam am 19. April 1985 in Titova Mitrovica im damaligen Jugoslawien (heute Kosovo) zur Welt. Mit viereinhalb flüchtete er ins Tessin. Als Junior spielte er in Stabio, Chiasso und Lugano. Später lief er für Klubs wie Genoa, Hellas Verona, Lazio Rom, West Ham, Fiorentina, Napoli, Hamburg, Watford, Udinese und Sion auf. Zuletzt spielte er für Brescia, bevor er im Sommer 2022 die Karriere beendete. Für die Nati spielte er 83 Mal (2 Tore). Behrami ist zweifacher Papa aus einer früheren Beziehung und heute verheiratet mit Ski-Star Lara Gut-Behrami. Er analysiert als Experte fürs Tessiner Fernsehen die Nati-Spiele, bei DAZN Italia spricht er über den italienischen Fussball. Seit kurzem ist er auch als Spielerberater tätig.

Valon Behrami kam am 19. April 1985 in Titova Mitrovica im damaligen Jugoslawien (heute Kosovo) zur Welt. Mit viereinhalb flüchtete er ins Tessin. Als Junior spielte er in Stabio, Chiasso und Lugano. Später lief er für Klubs wie Genoa, Hellas Verona, Lazio Rom, West Ham, Fiorentina, Napoli, Hamburg, Watford, Udinese und Sion auf. Zuletzt spielte er für Brescia, bevor er im Sommer 2022 die Karriere beendete. Für die Nati spielte er 83 Mal (2 Tore). Behrami ist zweifacher Papa aus einer früheren Beziehung und heute verheiratet mit Ski-Star Lara Gut-Behrami. Er analysiert als Experte fürs Tessiner Fernsehen die Nati-Spiele, bei DAZN Italia spricht er über den italienischen Fussball. Seit kurzem ist er auch als Spielerberater tätig.

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Nati-Legende Valon Behrami spricht der Nati an der EM im Sommer gute Chancen zu.
Foto: TOTO MARTI
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Tami hat Yakin sogar öffentlich in Frage gestellt.
Es war richtig, dass Tami im Herbst sehr kritische Fragen gestellt hat. Ich kann mir schon vorstellen, dass manche im Verband es lieber gehabt hätten, wenn man einfach gesagt hätte: «Qualifikation geschafft, alles okay.» Aber es war nicht alles okay! Überhaupt nicht. Das muss man ansprechen. Es geht hier um die Fussball-Nationalmannschaft der Schweiz und damit um viel Geld, aber auch um die Emotionen der Fussballnation. Die Menschen im Land nehmen Anteil daran, was die Mannschaft abliefert. Da konnte man doch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Das ist Profifussball!

Heisst?
Es geht nicht ohne Druck. Wo haben wir das denn sonst auf Top-Level im Fussball? Das wäre ja noch schöner.

Der Vertrag von Nati-Trainer Yakin läuft nach der EM aus. Er wird vorher keinen neuen Vertrag unterschreiben. Ein Problem?
Nein. Er hat zwei Möglichkeiten: Er kann den Kopf in den Sand stecken. Oder alles daran setzen, ein gutes Turnier zu spielen. Stellen wir uns vor, er qualifiziert sich mit der Nati für den Halbfinal. Dann wird er …

… teuer.
(Lacht.) … sehr teuer! Und er wird gute Angebote bekommen, es werden sich Möglichkeiten auftun. Es ist für einen Coach auch eine Chance, nicht für längere Zeit gebunden zu sein. Eine Europameisterschaft ist für den Marktwert von Spielern wichtig, wichtiger denn je. Für einen Trainer ist es ähnlich. Das «Lame Duck»-Phänomen sehe ich bei einer Klubmannschaft, aber nicht für eine Nati.

Was ist an der EM denn für diese Mannschaft möglich?
Viel. Wir haben ein sehr gutes Team. Natürlich haben wir unsere Probleme gehabt, aber die EM ist ein anderer Fall. Wenn man sich jetzt zusammenrauft und alle ihre Egos hintenanstellen, interessiert niemanden mehr, wie die Qualifikation gelaufen ist.

Ist das realistisch?
Der Fokus wird ein anderer sein, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Ich kann mich an jedes Endrundenspiel detailliert erinnern. An manche Quali-Spiele nicht mal mehr im Ansatz. Darum kann ich mir gut vorstellen, dass das gelingt.

Wie kommt die Nati denn wieder in die Spur?
Die Schlüsselspieler müssen von Yakin in die Positionen gebracht werden, in denen sie am besten sind. Der Trainer muss Xhaka, Akanji, Freuler die Rollen geben, die für sie im Klub auch funktionieren. Wenn ich sehe, wie Freuler in Bologna spielt, welche Ausstrahlung er da hat, staune ich, dass in der Nati nicht mehr möglich ist. Oder auch Fabian Schär: in Newcastle so gut, im Nati-Dress nicht.

Es gibt Stimmen, die sagen, Granit Xhaka nehme in der Nati so viel Raum ein, dass es für andere unmöglich ist, sich zu entfalten.
Die anderen Spieler müssen sich den Raum halt auch nehmen. Mein Eindruck ist: Es fehlt einer, der Granit Kontra gibt. Er braucht diese Reibung. In einer kompetitiven Mannschaft geht es nicht ohne, das war bei uns früher auch so. Stephan Lichtsteiner und ich, wir hatten dauernd Diskussionen, aber das hat die Gruppe stärker gemacht.

Wie hat sich das geäussert?
Manchmal war das schon nur eine Diskussion im Training, ob es beim 5-gegen-5 ein Foul war oder nicht. Im Profifussball musst du immer kämpfen. Sonst kommst du nicht weiter, sondern bist eine ganz gute Mannschaft, die ganz netten Fussball spielt. Aber du gewinnst nichts. Hängen geblieben ist übrigens nichts Negatives. Wenn ich an Lichti denke, kommt mir ein grossartiger Wettkämpfer in den Sinn. Wenn wir uns sehen, ist das immer sehr respektvoll. Das sind schöne Erinnerungen.

Wer müsste Xhaka denn Kontra geben?
Ein Akanji, ein Sommer, ein Freuler oder ein Rodriguez. Akanji ist bei ManCity in einer grossen Mannschaft. Ein grosser Spieler. In der Nati hat er noch mehr Gewicht, er muss diese Verantwortung übernehmen.

Granit Xhaka ist vergangene Woche negativ aufgefallen, als er auf Instagram seinen Bruder Taulant verteidigte und dabei öffentliche Drohungen ausstiess.
Das kann er als Nationalspieler, als Kapitän der Nationalmannschaft noch dazu, nicht machen. Natürlich nicht. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde es gut, wenn Spieler Ecken und Kanten haben, Charakter zeigen. Seit ich fürs TV arbeite, weiss ich, wie schwierig es ist, gute, interessante Interviews zu bekommen. Und ich finde Granit als Typ gut. Aber das sind nicht die Werte, für die das Nationalteam stehen sollte.

Der Verband sieht das zumindest öffentlich nicht als Problem. Man will sich auf die EM konzentrieren.
Man muss diese Probleme ansprechen, sonst fallen sie einem später auf die Füsse. Man findet immer einen Grund, unangenehme Diskussionen zu verschieben. Deswegen verschwinden sie aber nicht.

Was erwarten Sie von den anstehenden Testspielen?
Sportlich nicht allzu viel. Viele Spieler sind mit ihren Klubs in der entscheidenden Saisonphase und haben eigentlich andere Dinge im Kopf. Ich glaube, jetzt ist der Moment, wo Murat Yakin die Mannschaft zusammennehmen und vier, fünf Leadern sagen muss: «Sorgt dafür, dass für die nächsten Wochen bis zur EM der Laden im Griff ist. Ich vertraue euch.» Und wissen Sie, was ich hoffe?

Sagen Sie es uns.
Dass die Spieler in diesem Zusammenzug mal einen draufmachen. Das würde dieser Mannschaft guttun.

Die heutigen Fussballprofis haben doch den Ruf, gar nicht mehr gross zu feiern.
Es ist sicher viel weniger geworden. Dabei ist es manchmal genau das Richtige. Man kann zusammen trainieren, diskutieren, streiten, Spiele verlieren oder gewinnen, hat immer Druck, oft Stress. Dann tut es gut, wenn es ab und zu ein Ventil gibt. Wir haben das früher praktisch immer gemacht nach dem letzten Spiel eines Nati-Zusammenzugs. Ich hoffe, die Jungs machen das nach dem Match in Dublin auch.

Wer war zu Ihrer Zeit der Wildeste?
(Überlegt lange.) Der ruhigste war Blerim Dzemaili.

Sie wollen niemandem Ärger bereiten.
Korrekt. Sagen wir es so: Ich war oft der, der gefragt hat: Was machen wir? Wo gehen wir hin? Wer reserviert den Tisch? Wenn wir in Deutschland waren, war jemand, der in der Bundesliga spielte, verantwortlich. Wenn wir in Italien spielten, jemand aus der Serie A.

Themenwechsel: Ihre Ehefrau Lara Gut-Behrami bestreitet in diesen Tagen das Ski-Weltcupfinale in Saalbach und wird gross abräumen. Sie arbeiten an beiden Final-Wochenenden als TV-Experte für DAZN und RSI, können nicht dabei sein. Bedauern Sie das?
Mir ist es lieber so. Das ist ihr Moment im Scheinwerferlicht, der soll ihr und ihrer Familie gehören, die seit Jahrzehnten immer dabei ist. Ich bin keiner, der sich vordrängt, wenn es irgendwo gut läuft. Von denen gibt es schon genug.

Haben Sie keine Angst, dass Sie in ein paar Jahren, wenn Laras Karriere vorbei ist, das Gefühl haben, etwas verpasst zu haben?
Nein. Es würde sich nicht richtig anfühlen. Ich bin dann für sie da, wenn es ihr nicht gut geht. Wenn es nicht rund läuft. Im Schatten, wo es keiner mitbekommt. Das ist meine Rolle, das sind meiner Meinung nach die Momente, wo man seinen Charakter als Ehemann und als Paar beweisen kann.

Fahren Sie zusammen eigentlich Ski?
Ich darf nicht mehr. Die Knie sind zu kaputt. Aber Lara ist ein paarmal mit meiner Tochter Ski fahren gewesen, da war ich dabei und habe das aus sicherer Distanz beobachtet. (Grinst.)

Fussballspielen geht wohl auch nicht mehr?
Nein. Ich habe seit meinem Rücktritt nie mehr gekickt. Aber es ist okay. Ich mache sonst genug Sport, ich bin fit, gesund und glücklich. Mir geht es körperlich und mental sehr gut.

Sie haben sich vor ein paar Jahren von Ihren Social-Media-Accounts getrennt.
Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Ich habe irgendwann gemerkt, dass ein einziger negativer Post über mich mir den Tag versauen kann. Da war ich verwundbar, das brauchte ich nicht mehr. Ich würde sagen, dass ich in den letzten Jahren meiner Karriere stark gereift bin. Ich wusste plötzlich, was wichtig im Leben ist.

Gab es dafür einen Auslöser?
Als ich vereinslos war. Im Oktober 2019 habe ich meinen Vertrag bei Sion aufgelöst. Da war ich plötzlich allein im Wallis, niemand wollte mehr etwas von mir wissen. Niemand hat mehr angerufen, alle hatten das Gefühl, ich sei am Ende meiner Karriere. Da merkst du, wer deine Freunde sind, auf wen du dich verlassen kannst.

Bereuen Sie, dass Sie diese Erkenntnis erst so spät hatten?
Ja. Für meine Karriere als Fussballer wäre es besser gewesen, wenn ich mich früher fokussiert hätte, weniger Flausen im Kopf gehabt hätte. Aber mit 25 bist du noch nicht so schlau. Die körperlichen Fähigkeiten des 25-jährigen Valon kombiniert mit dem, was ich heute weiss? Ich wäre unaufhaltsam! (Lacht.)

Noch einmal zurück zu den sozialen Medien. Für viele Fussballer geht es auch um Geld, das sie auf Instagram und Co. verdienen können. Darauf muss man erst einmal verzichten wollen.
Man verzichtet auf etwas, ja. Aber mal ehrlich: Ich habe in meinem Leben als Fussballer mehr Geld verdient, als ich mir je hätte vorstellen können. Ich brauche nicht so viel mehr. Bei meiner Frau ist es noch extremer, weil sie Einzelsportlerin ist. Da versuchen die Medien auszurechnen, auf wie viel Geld sie verzichtet, weil sie nicht auf Social Media ist. Okay, ist sie nicht. Aber dafür ist sie frei. Und Freiheit ist unbezahlbar.

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