«Die Mannschaft hat gekämpft bis am Schluss»
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Gebrüder Von Arx beim EHC Chur:«Die Mannschaft hat gekämpft bis am Schluss»

Spektakel bei Premiere der Von-Arx-Brüder
«Jan ist der Chef – wie immer»

Zwei Jahrzehnte lang prägten sie das Schweizer Hockey, gewannen mit dem HCD sechs Meistertitel. Jetzt sind Reto und Jan von Arx zurück. Und erleben im ersten Spiel mit dem EHC Chur ein Auf und Ab.
Publiziert: 10.10.2021 um 11:53 Uhr
Angelo Rocchinotti

Dreieinhalb Minuten vor Schluss sind die 196 Fans in Düdingen FR aus dem Häuschen. Soeben hat das Heimteam nach einer Vorlage des Ex-Fribourgers Marc Abplanalp (36) das 2:0 erzielt. «Oh, wie ist das schön!», dröhnt es aus den Boxen. Ernste Mienen dagegen bei Reto (45) und Jan von Arx (43). Das neue Churer Trainerduo hat sein Timeout bereits nach dem ersten Gegentor bezogen, scheint geschlagen.

«Goalie raus!», ruft Reto beim nächsten Unterbruch in Richtung Torhüter Dario Caduff. Und siehe da? Mit sechs Feldspielern kann Chur 10 Sekunden später verkürzen. Damit nicht genug: Kaum angespielt, gelingt weitere 14 Sekunden später der Ausgleich. Die Brüder ballen die Faust.

«Wir wollten, dass sich die Mannschaft bis zuletzt aufopfert. Das hat sie getan», sagt Reto stolz. Zum Sieg reicht es den Bündnern trotzdem nicht. Nach 14 Penaltys setzt sich Düdingen, das vor dem Spiel in der MySports League den letzten Platz belegte, doch noch durch.

Weist den Weg: Reto von Arx an der Churer Bande. Der Chef aber sei Bruder Jan: «War immer so. Daran brauchen wir nichts zu ändern.»
Foto: PIUS KOLLER
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«Keinen Unterschied zu den Profis festgestellt»

«Sprecht miteinander!» «Helft euch gegenseitig!» «Bewegt die Beine!» Von der Bank kommen immer wieder dieselben Anweisungen. «Es sind Punkte, die im Training besser funktionierten», gibt Jan zu. «Aber dass im ersten Match noch nicht alles zusammenpassen wird, war uns bewusst. Wir agierten zunächst etwas verkrampft, steigerten uns dann aber.»

Am Montag nahmen die HCD-Urgesteine in Chur ihre Arbeit auf. «Wir haben von Beginn weg eine gute Stimmung wahrgenommen», erzählt Jan. Und Reto meint sogar: «Ich habe keinen Unterschied zu den Profis festgestellt. Die Jungs sind präsent, zeigen enormen Willen und legen ein riesiges Tempo an den Tag.»

Was ihn beeindruckt? «Wir haben Spieler, die den ganzen Tag arbeiten. Dass sie danach noch auf die Eisbahn kommen und nochmals einen Effort leisten müssen, davor kann man nur den Hut ziehen. Und darauf müssen wir Rücksicht nehmen.»

Für ihre Spieler waren die Brüder Vorbilder

Nicht nur der 26-jährige Goalie Caduff, der 2015 ein Drittel lang das Tor der SCRJ Lakers hütete, «war gespannt auf die beiden Koryphäen». Er sagt: «Zwei solche Autoritätspersonen tun vor allem unseren jungen Spielern gut.»

Der Laaxer und angehende Primarschullehrer kam nicht zuletzt wegen des HCD zum Sport. «Ein Kollege nahm mich einst mit an ein Spiel, da packte es mich. Zu Hause spielten wir Unihockey. Die Von-Arx-Brüder, Marha und Weibel waren unsere Vorbilder.»

Captain Andi John spielte bereits für Chur, als die Bündner vor 21 Jahren noch der höchsten Liga angehörten. Der heute 40-Jährige, damals Sitznachbar von Zugs Meisterstürmer Bill McDougall, sah so manchen Trainer kommen und gehen. Und musste einst sogar mit 40 Grad Fieber spielen. Trainer Mike Zettel hatte ihn aufgefordert, den hochprozentigen Inhalt eines Flachmanns in einem Zug auszutrinken. An das darauffolgende Spiel gegen Ajoie mag sich John nicht mehr erinnern. Dafür an seinen ersten NL-Einsatz am 9. Dezember 2000.

«Ich komme aus dem Emmental»

«Wir spielten in Davos gegen die Von-Arx-Brüder. Und gewannen», erzählt John, gibt aber zu, beim 3:2-Sieg bloss ein oder zwei Einsätze gehabt zu haben. Vom neuen Trainergespann zeigt sich der Verteidiger beeindruckt. Obwohl jeder im Team wusste, wer die beiden sind, hätten sich die Brüder vorgestellt. «Jan sagte: ‹Ich bin Jan und komme aus dem Emmental.› Reto sagte: ‹Ich bin Reto und komme aus dem Emmental.›» Was John imponiert? «Mich überrascht, wie bescheiden sie sind und wie einfach sie ticken.» Vor dem ersten Training am Montag stand eine einstündige Videolektion auf dem Programm.

«Sie haben uns das Hockey-ABC erklärt und versucht, ein auf uns zugeschnittenes Spielsystem zu vermitteln.» Doch wer ist denn nun der Chef? «Jan», sagt Reto. «So war es immer. Daran brauchen wir nichts mehr zu ändern.»

Sportchef Roger Lüdi sagt: «Wir erhoffen uns, dass sie die Mannschaft, aber auch jeden einzelnen Spieler weiterbringen.» Von einem möglichen Aufstieg in die Swiss League will im Bündnerland noch niemand reden. «Mit der ganzen Neuausrichtung der Swiss League weiss im Moment keiner, wohin der Weg führen wird. Wir behalten sicher im Auge, was geschehen wird, müssen uns aber erst versuchen, in der MySports League an der Spitze zu etablieren.»

Nach fünf Runden liegt Chur unter dem Strich. «Ich brauchte mehr Nerven als während meiner Aktivzeit», sagt Jan nach dem Spiel.

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