Deshalb lassen sich immer mehr Jugendliche zu Landwirten ausbilden
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Über 3700 pro Jahr:Deshalb machen immer mehr Junge die Landwirt-Lehre

Lange Arbeitszeiten, kaum Ferien, wenig Verdienst
Boom bei den Bauern

Die Tage sind lang, der Verdienst ist mager und ständig sagen einem die Leute, wie man seine Arbeit zu machen hat. Dennoch ist der Beruf des Landwirts beliebt wie nie.
Publiziert: 31.10.2021 um 13:32 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2021 um 22:36 Uhr
Camilla Alabor und Dana Liechti

Sie arbeiten von früh bis spät, sie kennen kein Wochenende, sie haben selten Ferien – und das alles bei einem miserablen Stundenlohn. Sie schlagen sich mit den widersprüchlichen Erwartungen der Konsumenten herum, die gerne eine nachhaltige, pestizidfreie Landwirtschaft fordern, im Supermarkt aber zu den billigsten Äpfeln greifen. Ganz zu schweigen davon, dass die Anzahl der Höfe laufend abnimmt und immer mehr Ausbildungsabsolventen immer weniger Betriebe vorfinden.

Und doch: Dieser Beruf ist beliebt wie nie. Das zeigen die neusten Zahlen des Bauernverbands, nach denen 3758 Personen in diesem Jahr eine Ausbildung zum Landwirt in Angriff genommen haben. Vor zehn Jahren waren es erst 3100.

Sie arbeiten von früh bis spät, kennen kein Wochenende, haben selten Ferien – und das alles für einen miserablen Stundenlohn.
Foto: Thomas Meier
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«Der beste Beruf»

Womit sich die Frage stellt: Weshalb wollen trotz der schwierigen Ausgangslage so viele Leute Bauer werden?

«Weil es der beste Beruf ist», antwortet Benjamin Ramseier (29). Der Jungbauer hat vor zwei Jahren den Hof seines Vaters im Emmental übernommen und führt einen Milchbetrieb mit 30 Kühen. «Als Bauer bin ich mein eigener Herr und Meister, habe meine eigenen Tiere, mein eigenes Land.» Es gebe nichts Schöneres, als morgens und abends im Stall zu sein und zu melken.

Für Ursina Keller (37) steht die Verbundenheit mit der Natur im Vordergrund. «Als Bäuerin bist du verwurzelt, in einen Kreislauf eingebunden», sagt die Thurgauerin, die kürzlich die Ausbildung zur Biobäuerin abgeschlossen und den Hof der Eltern übernommen hat. «Es ist einer der sinnvollsten Berufe, und er ist lebenswichtig.»

Erik Meier, Leiter der Grundbildung Landwirtschaft und Tierberufe an der Zürcher Landwirtschaftsschule Strickhof, sieht noch einen anderen Grund für die wachsende Beliebtheit dieser Ausbildung: «Es ist ein äusserst vielseitiger Beruf. Man befasst sich mit der Natur, mit dem Boden, den Pflanzen und Tieren, mit modernster Technik und der Ernährung.» Oft machten heute Quereinsteiger eine Lehre in der Landwirtschaft – weil sie eine sinnstiftende Arbeit in der Natur suchten.

Die Corona-Pandemie dürfte ebenfalls dazu beigetragen haben, das Interesse zu wecken, meint Meier: «Gut möglich, dass die grösseren Freiheiten der Arbeit auf dem Hof und Feld einige junge Menschen dazu bewogen haben, in diesen Bereich einzusteigen.»

Zurück zur Natur

Laut Petra Sieghart vom Schweizer Bauernverband wurde während der Pandemie zudem vermehrt über die Landwirtschaft berichtet, in der Regel positiv. Die Stimmung in der Öffentlichkeit spiele auch für Lernende eine Rolle, die zu Hause einen Hof hätten, sagte Sieghart in der «Bauernzeitung». «Wenn nicht immer nur gegen die Landwirtschaft geschossen wird, entscheiden sie sich vielleicht eher dazu, den Hof zu übernehmen.»

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Für Markus Jenny (65) geht das wachsende Interesse am Bauernberuf mit Trends wie dem Bedürfnis nach Selbstversorgung einher. «Ich spüre von vielen Jungen ein starkes Interesse, wieder mehr Bodenhaftung zu bekommen», sagt der Präsident von Vision Landwirtschaft, einem Verein von Fachleuten, welche die Landwirtschaft ökologischer gestalten wollen. Materielle Dinge würden an Bedeutung verlieren. Jenny: «Die Befriedigung, im Boden zu wühlen, selbst Salat zu ziehen oder Rüebli aus der Erde zu zupfen, ist hingegen gross.»

Kommt hinzu, dass die Bauern – bei aller Kritik der Konsumenten – in der Bevölkerung weiterhin grosse Sympathien geniessen. Das zeigt sich schon an der Popularität von TV-Sendungen über das Lieben, Leiden und Leben von Bäuerinnen und Bauern.

Das Leben der Landwirte fasziniert offensichtlich immer noch – in Stadt und Agglo ebenso wie auf dem Land.

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