Zürich und Winterthur lancieren Pilotprojekt
Polizei sucht hochbegabte Gesichtserkenner

Super-Recognizer sind Menschen, die sich überdurchschnittlich gut Gesichter einprägen können. Und die sind in der Polizeiarbeit sehr gefragt, weil sie –noch – zuverlässiger als entsprechende Software sind.
Publiziert: 27.08.2020 um 13:35 Uhr

Die Stadt- und Kantonspolizei Zürich prüfen derzeit den Einsatz einer komplett neuen Gesichtserkennungs-Taktik: In einem Pilotprojekt suchen sie Super-Recognizer, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Damit sind Menschen gemeint, die sich überdurchschnittlich gut Gesichter einprägen und wiedererkennen können.

Laut der Zeitung hat dieses Vorhaben mit dem Winterthurer Fahnder Lorenz Wyss angefangen. Er ist überzeugt, dass solche Super-Recognizer die Aufklärungsquote bei ungeklärten Delikten erhöhen, Straftaten verhindern und fälschlich beschuldigte Personen entlasten können.

Londoner Polizei mit Pionierstatus

Laut Wyss hat die Londoner Polizei 2015 als erstes den Einsatz von Super-Recognizern gewagt. So konnten die Londoner Beamten einen Kindermörder ausfindig machen. Deutschland konnte ebenfalls Erfolge verzeichnen: Nach den Übergriffen in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln konnten die Spezialisten den Weg der belästigten Frauen zurückverfolgen, was sie letztendlich zu den Tätern führte.

Derzeit suchen die Zürcher Polizeien zusammen mit den Winterthurer Kollegen nach sogenannten Super-Recognizern. Das sind Menschen, die sich Gesichter überdurchschnittlich gut einprägen und wiedererkennen können.
Foto: Getty Images
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Aufgrund dieser Erfolge startet nun auch die Zürcher Kantons- und Stadtpolizei zusammen mit den Winterthurer Kollegen ein Pilotprojekt. Begleitet wird dieses durch Forscher der Universität Freiburg. Der Sprecher der Zürcher Stadtpolizei Marco Cortesi sagt gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Unsere Fahnder mit ihrem Fotogedächtnis leisten zwar hervorragende Arbeit, aber ein Super-Recognizer wäre eine willkommene Ergänzung. Leider konnten wir bisher keine solchen Talente ausfindig machen.»

Äusserlichkeiten lenken nicht ab

Super-Recognizer weisen die folgenden Fähigkeiten auf:

  • Gesichter einmal kurz sehen und sie Jahre später wiedererkennen.
  • Personen auf Bildern mit schlechter Auflösung erkennen.
  • Eine Verbindung zwischen einem Kinderfoto und der Abbildung derselben Person als Erwachsener herstellen.

Diese Fähigkeiten kann man laut den bisherigen Erkenntnissen nur bedingt erlernen. Sie ist grösstenteils angeboren. Inwiefern der Wiedererkennungswert durch das Tragen von Masken beeinflusst wird, kann man derzeit noch nicht genau sagen.

Gegenüber der automatischen Gesichtserkennung sind die Super-Recognizer klar im Vorteil: Viele Systeme können ein Gesicht nur erkennen, wenn beide Augen, Mund und Nase sichtbar sind. (myi)

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